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Jagdhaus in Der Eifel

Titel: Jagdhaus in Der Eifel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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in genau dreißig Minuten an die Zentrale. Ich werde dort sein. Wenn er nach Röttgen fährt, hinterher. Dann sehen wir weiter. Nun los!«
    Kommissar Freiberg suchte einen Moment Ruhe, um sich zu konzentrieren. Er schob die graugrüne Plastikunterlage auf dem Schreibtisch zurecht und richtete die Augen auf einen imaginären Punkt an der Wand neben dem Fenster. Dabei strich er langsam mit den drei mittleren Fingern der linken Hand über die Stirn.
    Dann schaute er auf. »Lupus, wenn Aston schuldig ist oder keinen Ausweg mehr sieht, lebt er morgen nicht mehr. Der gehorcht noch einem Kodex, durch den Preußen groß geworden ist.«
    »Spielen wir um die Ehre, dann haben wir nichts zu verlieren – oder was läuft hier? Wir hätten ihn einsperren sollen, dann hättest du jetzt keine Seelenschmerzen.«
    »Der gehört in ein Krankenhaus«, meinte Fräulein Kuhnert. »Das war doch schrecklich mitanzusehen, wie der Mann gelitten hat.«
    »Halten Sie ihn für den Täter?« fragte Kommissar Freiberg.
    Sie legte den Kopf zur Seite und malte ein Strichmännchen an den Rand des Stenogrammtextes. »Wenn Sie keinen anderen finden, dann ja.«
    »Kunigunde – mit dem Orakel im Bunde. Typisch Weib! Jungfrau bleibe uns hold und hänge dein Strichmännchen am Bleistift auf«, verkündete Lupus. »Ich möchte jeden hängen sehen, der Frauen umbringt und sie dann wegwirft wie leergefressene Würstchenteller. Auch mit diesem Wahlspruch dürfte Preußen mächtig geworden sein.«
    »Ob die Vernehmung anders gelaufen wäre, wenn wir noch die Todesstrafe hätten?« gab Freiberg zu erwägen. »Ich glaube nicht. Aber lassen wir das. Fräulein Kuhnert, Sie sind so gut und bringen das Protokoll in Form. Ich bin gespannt, ob Aston unterschreibt. Lupus«, sagte er zu Müller gewandt, »wir fahren heute noch raus und sehen uns das Jagdhaus an. Schließlich müssen wir wissen, wo die schöne Brigitte liebte, als sie lebte.«
    »Hic gaudet mors succurrere vitae!«
    »Lupus, welch schönes Latein hört mein Ohr. Woher stammt die Sentenz?«
    »Endlich, Chef, kann ich auch als gebildeter Mensch überzeugen und diesen Satz loswerden. Ein Freund hat mich vor urlanger Zeit durch die alte Heidelberger Anatomie geschleift. Nie wieder! Ein Dutzend zersäbelter Leichen auf den Seziertischen. Demontierte Extremitäten, zerlegte Genitalien in den Händen von jungen Kommilitoninnen, die ›white man’s burden‹ vielleicht noch nicht mal life erlebt hatten. ›Des weißen Mannes Last, ob so ein Kind das faßt‹?
    Damals lag ja die Hemmschwelle noch höher. Es wollte dann auch wochenlang nichts schwellen. Und dieser Geruch nach desinfiziertem Tod! Jetzt weißt du, woher ich mein Trauma habe. Aber die Inschrift über der Tür hat bleibenden Wert: ›Hier freut sich der Tod, dem Leben zu Hilfe zu eilen.‹ Weißt du was, wir lassen den Satz in Gold prägen und hängen ihn an den Giebel des Knusperhäuschens im Walde. Oha, jetzt habe ich unsere Pythia Kuhnert geschockt. Pardon, mein Kind, das Leben ist hart nach dem Tode.«
    »Ich gehe in die Zentrale. Nach dem Mittagessen, denke ich, können wir starten«, beendete Freiberg das Kolleg.
    In der Funkleitzentrale ging es ohne jede Hektik zu. Nicht alle Tische waren besetzt. Es war ein Vormittag ohne Staatsbesuche, ohne Demonstrationen und noch ohne Familienkrach. Keine verdroschenen Frauen, keine mißhandelten Kinder. Ein Unfall auf der Viktoriabrücke erforderte den Einsatz eines Krankenwagens. Der Notarzt war schon bei dem Verletzten, und die Beamten vom Schutzbereich Bornheimer Straße sorgten an Ort und Stelle für die Umleitung des Verkehrs über die Autobahnbrücke.
    »Warum ist eure BMW draußen?« fragte der Beamte vom Schichtdienst, als Freiberg ihn bat, die Funksprechverbindung mit Kriminalmeister Ahrens auf ihn durchzuschalten.
    »Nichts besonderes, wir wollen nur wissen, wohin der Mann gefahren ist, den wir soeben vernommen haben.«
    »Braucht ihr Hilfe? – Aha, hier ist der Ruf für Sie schon!«
    »Ich höre«, meldete sich Freiberg.
    »Chef, unser Mann ist kurz vorm Rotkreuz-Präsidium in Richtung Rhein abgebogen, hat beim Johanniter-Krankenhaus angehalten – ich dachte schon, er wollte dort rein –, ist dann aber weitergefahren in die Gronau zum Bundesgartenschau-Gelände. Sein Wagen steht auf dem Parkplatz der Charles-de-Gaulle-Straße am Weiher. Jetzt geht er schnellen Schrittes Richtung Bismarckdenkmal.«
    »Lassen Sie die Maschine stehen und gehen Sie ihm nach!«
    Man hörte das Knacken in der

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