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Jagdhaus in Der Eifel

Titel: Jagdhaus in Der Eifel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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Aber die Unwahrheit läßt sich nicht gestehen, so wenig wie die Lüge. Nur die Wahrheit ist das Geständnis, nichts anderes als die Wahrheit. Ich habe Brigitte nicht getötet. Sie hat mein Haus lebend verlassen, das ist bezeugt. Sie hat auch nicht über mich gelacht. Es war das Lächeln einer wissenden und verstehenden Frau. Dafür mußte man sie lieben, nicht töten.«
    »Man kann auch aus Liebe töten, sich oder andere. Noch fehlt uns ein Glied in der Kette. Ich sage es offen, wir kennen den Tatort und den Hergang der Tat noch nicht. Alles spricht dafür, daß Sie beides kennen.«
    »Ja, für Sie spricht alles dafür«, sagte Henrik Aston. »Es sieht aus wie ein Fall der Umkehr der Beweislast, den es nach der reinen Lehre für einen Beschuldigten gar nicht geben dürfte. Es klingt billig und banal, wenn ich Ihnen vorhalte, daß Sie den Mord erst noch beweisen müssen.«
    »Wir werden es tun, Herr Aston. Der Täter hat keine Chance. Sie wissen, daß ich Sie vorläufig festnehmen könnte.«
    »Ja, leider weiß ich es. Dringender Tatverdacht und Verdunkelungsgefahr, das reicht. Fluchtverdacht schließen Sie in meinem Fall gewiß aus. Wohin sollte ein deutscher Beamter schon fliehen? Das alles brauchen Sie nicht einmal zu prüfen, wenn Sie mir Mord vorwerfen. Straßprozeßrecht, drittes Semester. Ich hätte niemals geglaubt, mich einmal daran erinnern zu müssen. Dem Recht zum Durchbruch verhelfen, ohne Ansehung der Person. Wie hoch und hehr hat das damals geklungen. Bitte, bringen Sie es meiner Frau schonend bei. Sie soll alles mit Rechtsanwalt Dr. Ruisken besprechen.«
    Kommissar Freiberg nahm mit einiger Verwunderung wahr, daß Henrik Aston die Denkarbeit der Polizei übernommen hatte. Vielleicht konnte das dazu beitragen, den noch fehlenden Sachverhalt zu erschließen.
    »Verdunkelungsgefahr – die könnte von Ihnen ausgehen, oder könnte es jemanden anderen geben, der ein Interesse hätte, auf Zeugen einzuwirken oder Beweismittel zu vernichten? Doch nur, wenn er sich dadurch zugleich entlastet. Er müßte also ein starkes Eigeninteresse haben, Sie zu schonen. Er müßte zu Ihnen in einer sehr engen Beziehung stehen.«
    »Richtig, Herr Freiberg. Spionage, Geld und Liebe – daraus erwächst sehr oft das tödliche Verhängnis.«
    »Nein, Sie wissen sehr gut, daß wir dann auf der falschen Fährte wären. Ich möchte lieber von meinen Überlegungen ausgehen. Wer hatte in diesen Tagen Umgang mit Ihnen und Brigitte Fournier? Das könnte uns weiterführen. Wenn wir Ihnen helfen sollen, die Wahrheit zu finden, müssen Sie uns helfen.«
    »Sie haben recht, mein Interesse gebietet es. Aber haben Sie mir nicht soeben vorgehalten, ich hätte versucht, eine falsche Fährte zu legen?«
    »Vergessen wir das. Wollen Sie noch Fragen beantworten?«
    »Solange ich noch frei bin, ja!«
    »Wer waren die Alltagsfreunde von Brigitte Fournier? Hat sie Feinde gehabt?«
    »Feinde – schwer vorstellbar. Bis zum Mord schon gar nicht. Und doch, sie ist tot. Sie verdächtigen mich, weil Sie ein Motiv sehen. Wer außer mir sollte noch eines haben? Ich weiß es nicht, leider.«
    »Fragen wir anders: Hatte sie Freunde – außer Ihnen?«
    »Sie rechnen mich noch dazu? Nicht zu den Feinden?«
    Lupus Müller fand Gefallen an dem Spiel. Hier kämpfte ein Mann auf verlorenem Posten; hier agierte ein scharfer Verstand, der sich von der Emotion gelöst hatte. Lupus merkte, daß die Vernehmung eine neue Qualität erlangte. Er kam mit einem Begriff aus dem Sport, obwohl jetzt alles andere lief als ein Sechstagerennen.
    »Herr Aston, wir klammern Sie vorläufig aus der Wertung aus. Sie wurden soeben neutralisiert!«
    In keiner anderen Situation hätte er es gewagt, gegenüber einem so hohen Ministerialbeamten einen solch burschikosen Ton anzuschlagen, obwohl er für seinen festen Biß bekannt war. Jetzt trug seine Bemerkung dazu bei, daß die Vernehmung wieder zu einem Gespräch werden konnte.
    »Hedwig Bessener?« fragte Kommissar Freiberg.
    »Ja, es war ein sehr liebevolles, freundschaftliches Verhältnis.«
    »Lesbisch?«
    »Vielleicht – ja, ich glaube schon. Sie faßten sich an, und sie sahen sich an wie Liebende oder Verschworene.«
    »Wissen Sie Einzelheiten?«
    »Nein, in meiner Funktion erreichen einen nicht mehr so viele Hausgeschichten. Fragen Sie die Oberamtsräte und Referenten. Die wissen besser, was die Putzfrauen melden.«
    Henrik Aston hatte sich gefangen. Er konnte wieder lächeln.
    »Hatte sie auch Verhältnisse mit Männern?«

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