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Jagdhaus in Der Eifel

Titel: Jagdhaus in Der Eifel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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Das war seine Bewährungsprobe, und er hatte sie bestanden. Von dieser Vernehmung an konnte er sicher sein, daß ihm die kleinen grauen Zellen wie bei Hercule Poirot gehorchten, wenn es darauf ankam, die Sekunde der Wahrheit zu erfassen. Aber er wußte auch, welchen Preis er dafür zu zahlen hatte. Niemals würde es ihn unbeteiligt lassen, wenn diese Wahrheit der Schmerz des anderen war. Damit würde er in seinem Beruf zu leben haben, so lange ihn der Beruf leben ließ.
    Er hatte Fräulein Kuhnert gebeten, den am Nachmittag zu erwartenden Obduktionsbefund in das rechte Schreibtischfach zu legen. Er wollte in jedem Fall nochmals im Präsidium vorbeikommen, um den Befund zu lesen.
    Bad Münstereifel war schnell erreicht. Die am Berg hochlaufende Umgehungsstraße führte – so schien es – über die Dächer der am Hang gelegenen Reste der Burganlage hinweg und ließ die im Mittelalter von den Grafen von Jülich umwehrte Stadt mit ihren Türmen und Toren wie ein Spielzeugpanorama wirken. Ein Kurort, in welchem man über die mit Schießscharten versehenen Mauern hinweg von oben Einsicht nehmen kann, das ist mehr, als andere Kneippbäder zu bieten haben.
    »Ob Vauban das jemals gesehen hat? Eine Befestigung im Tal, in die man von den Randbergen zielgenau hineinschießen kann?« fragte Freiberg mehr sich selbst als seine Mitfahrer. »Doch auch am Rhein haben die nach Vaubans Grundsätzen gebauten Befestigungen nur solange gehalten, bis die schweren Kanonen der kaisertreuen Niederländer und Brandenburger von Beuel aus die Bonner Bürgerhäuser in Trümmer verwandelt hatten. Das war im Jahre des Herrn 1689, als Ludwig der Vierzehnte seine Sonne über das Rheinland schickte.«
    »Und was haben die braven französischen Verteidiger gemacht?« wollte Lupus wissen.
    »Munition verpulvert, die Verpflegung verputzt, ihre Toten begraben, Chamade geschlagen, ehrenvoll kapituliert und dann den qualmenden Rest für die Zivilbevölkerung zurückgelassen«, erklärte Freiberg.
    »Ja, Chef, die Lehren der Geschichte garantieren den Fortschritt der Menschheit bis in unser leuchtendes Jahrhundert.«
    »Das kleine Münstereifel dort unten haben die Franzosen im gleichen Jahr ganz nebenbei miterledigt. Übrigens haben die Bonner die dritte Belagerung ein gutes Dutzend Jahre später weitaus besser überstanden – durch Bestechung der Führer des Belagerungsheeres. Allerdings wollte dann keiner die dafür aufgenommenen Kredite zurückzahlen«, dozierte Freiberg weiter.
    »Chef, das überzeugt wirklich. Welch schönes Beispiel und Vorbild für unsere Zeit«, meinte Lupus. »Hätten wir doch auch solche Führer gehabt als unser Jahrhundert noch jünger war. Du wirst sehen, wir kommen von dieser Reise als wahre Patrioten zurück.«
    Der junge Ahrens beteiligte sich nicht am Gespräch. Die Straße erforderte seine ganze Aufmerksamkeit. Kurvenreich mit beachtlichen Steigungen führte sie auf die teils bewaldeten, teils freien begrünten Eifelhöhen mit ihren sanft gerundeten Kuppen. Von der neuen Knechtsheimer Brücke über die Autobahn erfaßte der Blick ein weites, von kleinen Lichtungen durchbrochenes Waldgebiet, dessen Wildreichtum sich nur erahnen ließ.
    Das Gerüst des trigonometrischen Punktes tauchte am Rande einer Wiesenfläche auf, dann die winzige Holzbrücke.
    Damit begann das große Wald- und Jagdgebiet der Nattingers, in welchem irgendwo versteckt die Hütte von Hans Semper lag. Frau Nattinger hatte den Prozeß der Eingliederung von Sempers Parzelle in ihren Besitz gedanklich schon vollzogen. Sie war sicher, daß er über kurz oder lang verkaufen würde. Seine Bezüge würden bald zu dürftig sein, um zwei geschiedene Frauen zu versorgen und selbst noch das Leben eines Nimrods und Platzhirsches zugleich zu führen. Sie würde beim Angebot nur noch ganz wenig zulegen müssen. Dann ließe sich der einige hundert Meter westlich gelegene Futterplatz mit Stadel und illegal eingebauter Garage mit der Jagdhütte zu einer gut genutzten Liegenschaft verbinden, die dem Bebauungsrecht entsprach und repräsentativen Ansprüchen zu genügen vermochte. Wenn Hans Semper zu uneinsichtig wäre, könnte sie ihm immer noch zu verstehen geben, daß seine Hilfe im Revier nicht mehr erforderlich sei. Vorerst wollte sie abwarten, ob seine alten Beziehungen zu Hedwig Bessener noch etwas hergeben konnten. Karriereplanung braucht einen langen Atem und schnellen Zugriff.
    Das waren die Überlegungen einer cleveren Frau in Bonn, von denen die Beamten auf

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