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Jagdhaus in Der Eifel

Titel: Jagdhaus in Der Eifel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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ihrer Fahrt ins Grüne nichts wissen konnten.
    »Wie läßt sich die Bonner Polit-Gesellschaft nur ertragen, wenn man hier draußen mit der Natur eins sein kann? Das ist das Paradies, von dem ich als Kind geträumt habe«, begeisterte sich Freiberg. »Förster zu werden, ein Gewehr mit Zielfernrohr, den Jagdhund bei Fuß, selbst ein gutes Auge, das den Bussard in der Höhe erspäht, und den Mut, jedem Wilddieb das Handwerk zu legen. Wolltest du nicht auch mal Förster werden, Lupus?«
    »Eisenbahner, Chef, Eisenbahner mit einer Dampflok vor dem Hilfszug, der Hunderte von Menschen rettet; jeden Tag Hunderte. Ausgeträumt, Chef! Dafür darfst du jetzt Menschen jagen, die beim Wildern nicht Sachbeschädigung am Tier begehen, sondern Mord an Sekretärinnen und anderen Geschöpfen mit menschlichen Zügen. Pennern zum Beispiel, die am Venusberg erschlagen werden. Was meinst du, muß Lupus jetzt sein Pfötchen mit Mehl bestäuben, oder sind wir hier nicht in einem Lustrevier?«
    Ahrens trat heftig auf die Bremse und riß den Wagen scharf nach rechts auf einen leidlich befestigten Forstweg. Das Fahrzeug war noch zu schnell und hüpfte über Wurzeln und Steine.
    »Beinahe hätte ich den Weg übersehen.«
    »Sind wir hier denn richtig?« fragte Kommissar Freiberg, den es in den Gurt gepreßt hatte, und suchte einen Anhaltspunkt im Walde.
    »Ja, noch etwa einen Kilometer geradeaus, dann rechts ab, nochmals einen halben Kilometer und wir müßten am Ziel sein. Bis eben, an der scharfen Abzweigung, waren wir auf der Trasse einer alten Römerstraße.«
    »Schnedderetän, schnedderetän… zogen sie nach Deutschlands Norden, schnedderetän«, schmetterte Lupus los. »… mit schrillem Schrei nach Norden!«
    »Halt, verrutschter Text. Lassen wir die Legionäre des Varus im Teutoburger Wald und den Flex bei Langemarck! Du mußt dich auf Lieder für des Försters Töchterlein einstellen – wir sind gleich am Ziel«, ermahnte Freiberg seinen immer munterer werdenden Mitarbeiter.
    »Ja, ja, sprach der alte Oberförster. Er hatte…«
    »Einen langen, langen Bart – bla-bla! Noch länger halte ich deine Kegelbruder-Ausflugsstimmung nicht mehr aus. – Ahrens, nicht direkt zur Hütte. Fahren Sie ein Stück geradeaus, wir stellen den Wagen gedeckt ab und sehen uns um.«
    »Konspiratives Ermitteln. Sörensen hätte seine helle Freude daran«, meinte Lupus. »Aber vorsichtig, streunende Hunde dürfen von Förstern und Jägern ohne Anruf erschossen werden.«
    »Die Überlebenschance von Wölfen ist nicht größer, wenn Frauen das Gewehr führen. Bedenke: Für dieses Revier ist Frau Nattinger zuständig. Ministerialdirigent Semper ist nur so etwas wie ein vollakademischer Wildhüter«, sagte Kommissar Freiberg zu Lupus und fuhr fort: »Ahrens, Sie nehmen den Weg querab. Wir gehen das Stück zurück, dann parallel zu Ihnen in Richtung Jagdhütte. Wenn es eine Verbindung gibt, stoßen Sie in Höhe der Hütte zu uns. Sonst gehen Sie zurück. Sie können uns folgen oder am Wagen warten.«
    »Chef, nach der Karte muß etwa tausend Meter nördlich ein anderer Forstweg, parallel zu diesem hier, Richtung Osten zur Hütte führen. Nach Westen hat er beim Blankenheimer Dorf Anschluß an die B einundfünfzig, die nach Prüm führt, oder zur Vierhunderteinundzwanzig zum Grenzübergang. Das Wegenetz, auf dem wir jetzt gehen, bildet mehrere streng geometrische Gevierte von tausend mal fünfhundert Meter in der Nord-Südorientierung. Dazwischen laufen gewundene Waldwege.«
    Freiberg war überrascht von der Genauigkeit des Kartenblattes, das Ahrens im Kopf hatte. »Sind Sie bei den Pfadfindern?«
    »Schule: Bundesgrenzschutz. Ausbildung im Gelände und Fahrdienst hat mir mehr gelegen als Wacheschieben und Machtdemonstration.«
    »Und schießen kann der Junge«, begeisterte sich Lupus. »Wenn es mal ganz ernst wird, ernennen wir ihn zu unserem Leibgardisten.«
    So streiften die drei Bonner unbekümmert durch den Wald, der seinen Namen noch verdiente und noch nicht vom sauren Regen zerfressen war.
    Freiberg konnte sich von der Erinnerung an seine Kindheit nicht lösen. Sein Vater war Apotheker in einem Dorf bei Krefeld. Noch kurz vor Ende des Krieges hatte Artillerie von beiden Seiten die Reagenzgläser und die fein ziselierten Standgefäße in winzige Splitter zerblasen und dabei dem alten Patrizierhaus seinen Charakter genommen, so total, wie es die kaiserlichen Kanonen vor Bonn zu des Sonnenkönigs Zeiten auch nicht besser gekonnt hatten. Nachdem der Vater

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