Jagdhaus in Der Eifel
Beide sahen erst auf, als Kriminalmeister Ahrens an den Tisch trat.
»Na, was gibt’s?«
»Bisher kein Drama. Aston ist zu Hause, und ich habe Hunger. Der Verkehr wird immer dichter, gut, daß ich die BMW hatte.«
»Gehen Sie erst Verpflegung fassen. Heute à la carte: Eintopf – Spaghetti – Sauerbraten. Dann kommen Sie an den Tisch und berichten. Wir sind gespannt, mehr zu erfahren.«
Ahrens war nach zwei Minuten zurück. Er hatte die Terrine Linseneintopf in den Teller gestellt. Wie so oft hatte er den Schöpflöffel vergessen. Die freundliche Serviererin, deren Aufgabe es war, den im Präsidium tätigen Behinderten beim Essen zu helfen, kam ihm entgegen und hielt den Löffel wie ein Fahrdienstleiter in die Höhe. »Damit Sie nicht aus der Terrine trinken müssen«, sagte sie mit Nachsicht.
»Danke – also, das lief so…«
»Langsam, erst essen, dann sprechen«, mahnte Freiberg.
»Ja, Ahrens, nur die Ruhe. Sie sehen, ich muß noch die Spuren der Tat verwischen. Sie dürfen sich glücklich schätzen, Eintopf genommen zu haben.«
Ahrens löffelte die Linsensuppe ohne große Begeisterung. »Die Einlagen muß das Küchenpersonal wohl in den Schuhen haben. Das ist reichlich dünn für einen Easy-Rider!«
»Aber der Sauerbraten ist Klasse. Die Spaghetti doch auch – oder was meinen Sie, Herr Sörensen?«
»Wir hätten alle drei den ›Rheinischen‹ nehmen sollen.«
Ahrens wollte seinen Bericht endlich loswerden. »Also, das lief so glatt, glatter geht’s nicht. Von der Gronau direkt nach Röttgen.
Aston fuhr übervorsichtig und langsam, als ob er sich ganz besonders konzentrieren wollte, um kein Ramming zu fahren.«
»Hat er gemerkt, daß ein Freund und Helfer hinter ihm war?«
»Bestimmt nicht. Zu Hause hat er den Wagen vor der Garage abgestellt, ist zur Eingangstür gegangen und hat geklingelt. Ob er einen Schlüssel hatte, weiß ich nicht. Seine Frau hat ihm geöffnet. Und, seltsam, beide sind im Eingang stehengeblieben. Er hat auf sie eingeredet. Dann fing sie plötzlich an zu weinen. Aston hat seine Frau in den Arm genommen und die Haustür hinter sich geschlossen.«
»Und Sie sind weggefahren?«
»Nicht sofort. Ich habe noch fünf, höchstens zehn Minuten gewartet. Dann öffnete sich die Tür, unser Mann ging zum Wagen, kramte darin herum, hatte einen Autoatlas und wohl eine Landkarte in der Hand und ging ins Haus zurück. Ich blieb noch ein paar Minuten, es geschah aber nichts mehr, und ich bin abgefahren.«
»Mensch, Freiberg, solltest du ihn nicht doch observieren lassen? Reisende soll man zwar nicht halten, aber ein kleines Geleit könnte beruhigend wirken«, sagte Kriminalrat Sörensen.
»Hm, da kann einem schon etwas mulmig werden. Atlas und Landkarte. Eigentlich gibt es nur zwei Interpretationen. Entweder, er will wirklich weg – oder er will seiner Frau auf der Landkarte erklären, wo die Erhebung Weißer Stein liegt und wie er damals gefahren ist.«
»Mußt du nicht auch seinen Minister von dem Verdacht unterrichten, zumindest den Sicherheitsreferenten Dr. Rimberger?«
»Kann der schweigen?«
»Wer, der Minister? Wohl nur, wenn es politisch opportun wäre. Ein nachgelieferter Mordverdacht würde seiner vorschnellen Entscheidung im Zusammenhang mit dem Spionageverdacht zwar den nie ausgesprochenen Grund entziehen, andererseits aber ein kaum zu überbietender Knalleffekt sein, der die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand in noch strahlenderem Licht erscheinen ließe. Die Parteifreunde werden jubeln. Soviel politischer Instinkt – bravo. Das ist unser Mann! Warum sollte er also schweigen?«
»Herr Kollege Sörensen. Wie lange braucht man eigentlich, um in solchen Bonner Kategorien denken zu lernen? Jahre?«
»I wo. So ein Fall Fournier genügt. Dann bist du fit für unsere schöne Welt – oder abgeschoben in die Provinz.«
»Und dieser Sicherheitsreferent?«
»Dr. Rimberger denkt genau wie sein Meister. Der hat den Spionageverdacht doch hochgekocht wie Porridge am Morgen und damit seinen Abteilungsleiter Sir Henrik bekleckert. Wenn sich aus dem Angebrannten noch ein Mordverdacht zusammenrühren läßt – mehr kann der Rimberger sich nicht erhoffen.«
»Lieber Herr Sörensen – und wenn nun beides zusammentrifft?«
»Dann haben die ministeriellen Bogenpisser ihren Triumph und wir zwei Pastorenkinder ein ganz lausiges Problem am Hals.«
»Ahrens, was meinen Sie? Geht unser Mann von der Fahne?«
»Möglich, aber nicht wahrscheinlich.«
»Ich habe noch nie ein so
Weitere Kostenlose Bücher