Jagdhaus in Der Eifel
fröhlich, mit einem Schuß Sarkasmus.
»Wenn du mit deinen einundzwanzig Jahren nicht so relativ jung wärst, Gissy, da wüßte ich einen ganz schön hohen Beamten. Zwar nicht mehr im aktiven Dienst, sonst aber gut beieinander. Sportlicher Naturbursche, zweimal geschieden. Du bist doch hoffentlich auch lesbisch? Bisexuell wäre sehr passend.« Jetzt war es Walter Freiberg, der für Verwirrung sorgte.
»Spinnt der immer so?« fragte Gissy und sah dabei Sabine an. »Ist der jetzt anders rum in seinem Bullenkloster?«
Sabine quietschte vor Vergnügen.
»Das Leben öffnet seine Pforten, Gissy. Das läßt sich üben, das bringen wir hin. – Na, mein Waldi, bist du fähig und in der Lage das Spiel zu moderieren? Wann fangen wir an?«
»Langsam, langsam«, bremste er, »erst ein wenig Theorie. Die wissenschaftliche Relevanz darf nicht zu kurz kommen. Seid ihr euch sympathisch?«
»Na und ob«, kam es wie aus einem Munde.
»Mögt ihr auch Körperkontakt? Ich meine zwischen euch beiden?«
»Aber ja, Händedruck, Schulterschluß, Wangenkuß, Knuff in die Flanken – noch mehr?«
»Und, ist das angenehm?«
»Sehr«, antwortete Gissy. »Toll«, sagte Sabine.
»Hat euch schon mal ein Mann penetriert?«
»Aber nein«, lachte Gissy, »für solche Porno-Exekutionen bin ich nicht. Ich hab zuletzt nur mit meinem Ferdl gebumst. Der Strolch könnte sich eigentlich auch mal wieder sehen lassen. Hängt Tag und Nacht mit der Informatik herum und meint, er müßte die Computer persönlich füttern. Höherer Beamter wäre wirklich besser.«
Walter Freiberg wollte das Thema nicht fallen lassen.
»Unterstellen wir einmal die Erfahrungen Casanovas – das ist immerhin Weltliteratur, jedenfalls to whom it may concern. Nehmen wir das mal als Strickmuster für unseren Fall: Dieser Bleikammer-Giacomo hatte ein Verhältnis mit Marcoline und diese Marcoline gleichzeitig eines mit ihrer Freundin Irene, die sie sogar ›meine Frau‹ nannte. Obwohl er tugendhaft genug war, ihr Spiel nicht zu stören, warfen sich danach beide auf ihn, bis sie ihn völlig erschöpft hatten. Im Schlaf noch waren die beiden Damen ineinander verschlungen wie Aale.«
»Und in solchen Schlingen findet man nun das Opfer, mit dem sich die Mordkommission des lieben Waldi befaßt«, beendete Sabine den Ausflug in die große Literatur.
»O nein, das wäre zu einfach. Wir bauen noch eine Variante ein, frisch aus dem Leben gegriffen, die vielleicht die Funktion ›X‹ übernimmt: Also, nur Marcoline treibt es anschließend mit dem Giacomo. Irene sieht interessiert, von mir aus auch angewidert, zu. Sie hat ja auch einen Liebhaber, der sich von Zeit zu Zeit aus den Armen seiner Frau löst und sich ihrer annimmt. Ein paar Tage später ist Irene tot, Schädel zerschmettert, im Wald vergraben.«
»Die Frage lautet also«, funkte Gissy dazwischen, »wie alt ist der Lokomotivführer?« Gleichzeitig schüttelte sie sich. »Du servierst uns ja gräusliche Geschichten.«
»Ich dachte, ihr arbeitet an dem Penner-Komplex«, meinte Sabine. »Gestern habe ich darüber noch im General-Anzeiger gelesen.«
»Längst gelaufen«, sagte Walter. »Das klärt meine rechte Hand, der Lupus, mit links. Totschlag im Suff. Die neue Sache ist viel delikater.«
»Dich führt also jetzt nur dein polizeilich-literarisches Interesse in meine zarten Arme – oder wie ist der Exkurs zu verstehen?« sagte Sabine ein ganz wenig spitz. »Gissy, der Kerl verdient uns nicht, jedenfalls nicht ›bi‹ und nicht ›tri‹. Der muß unser Essen bezahlen.«
»Ja, ihr reizenden Mädchen, der Kommissar zahlt und schweigt, wenn es darauf ankommt. Doch nennt mir, da ihr euch für intelligent halten dürft, erst ein denkbares Motiv aus der Funktion ›X‹. Hat einer von den beiden Irene umgebracht?«
»Hat sie die beiden anderen gestört?« fragte Gissy.
»Nein, im Gegenteil, Giacomo und Marcoline waren nach dem Damendoppel erst richtig motiviert.«
»Hat Irene hinterher vielleicht zu laut gesungen oder die anderen verpetzt?«
»Auch nicht.«
»War diese Marcoline vielleicht sauer, weil sie die Arbeit mit dem Giacomo ganz alleine leisten mußte und Irenchen sich ein Solovergnügen mit dem Vierten gönnte?« analysierte Sabine folgerichtig weiter.
»Bravo, großes Logo meiner Hilfskraft!«
»Aber wenn Irenchen nicht dabei war?« wollte Sabine weiter wissen.
»Dann war Marcoline auch nicht ›bi‹.«
»Und dieser Schmecklecker von höherem Beamten, ich meine dieser Giacomo, der kam dann um sein
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