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Jagdhaus in Der Eifel

Titel: Jagdhaus in Der Eifel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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Recht auf Leben nicht mehr geltend machen konnte und darum eines Fürsprechers bedurfte.
    Die einschlägigen Daten aus der Personalakte sowie die Angaben eines behandelnden Arztes aus jüngster Zeit waren ausgewertet und übernommen worden.
    Brigitte Fournier war zwei Monate vor ihrem Tode fünfunddreißig Jahre alt geworden, sie maß 169 Zentimeter, hatte graublaue Augen und mittelblondes Haar, orthopädisch keine Defekte. Die Zähne waren gründlich saniert, mit einem festen Zahnersatzteil aus Porzellan, mit Gold hinterlegt, im rechten Oberkiefer. Daß sie eine schöne und begehrenswerte Frau gewesen sein mußte, ließ sich nur dem Paßbild aus ihrer Personalakte entnehmen.
    Es gab kein Anzeichen, daß sie eines natürlichen Todes gestorben sein könnte. Die Todesursache war eindeutig: Einwirkung stumpfer Gewalt auf den Kopf, Fraktur des Os frontale und der vorderen Schädelkalotte.
    »Lupus, komm her und hör dir das an«, rief Kommissar Freiberg durch die Verbindungstür zum Nachbarzimmer, in dem Fräulein Kuhnert mit dem Tipp-Ex hantierte, um dem Protokoll über die Vernehmung von Ministerialdirektor Aston den letzten Schliff zu geben. Lupus Müller saß noch ein Zimmer weiter, hatte aber auch seine Tür zu Fräulein Kuhnert geöffnet, so daß eine Ruf- und Durchgangsverbindung zu Kommissar Freiberg bestand.
    Dieser hatte sich mit einem recht fröhlichen, aber nicht zu einem Gespräch auffordernden »Guten Morgen« gleich nach seiner Ankunft an seinen Schreibtisch gesetzt. In der rechten Schublade lag, wie vorgesehen, der gerichtsmedizinische Befund, den Dr. Sendlinger persönlich bei Fräulein Kuhnert abgegeben hatte.
    »Der Doktor hat Sie kurz vor Dienstschluß noch sprechen wollen, aber Sie waren in der Eifel verschollen«, sagte sie zu Freiberg. »Sie möchten das bitte lesen und, wenn erforderlich, anrufen.
    So wenig hätte er selten zur Wahrheitsfindung beitragen können, hat er gesagt und schien nicht sehr zufrieden zu sein.«
    Lupus Müller setzte sich auf einen Besucherstuhl. »Haben wir’s?« fragte er kurz.
    »Nichts ist«, antwortete Freiberg lakonisch, »und doch vielleicht etwas.« Dabei hob er ein durchsichtiges Plastiktütchen hoch, nicht größer als eine Visitenkarte. Es enthielt einen Holzsplitter, etwa zwei bis drei Zentimeter lang und an einem Ende knapp bleistiftdick, vorn spitz zulaufend.
    »Hör zu, was Sendlinger meint: ›Die Verletzungen können durch einen mit Wucht geführten Schlag, möglicherweise auch durch mehrfache Einwirkung oder durch den Aufprall auf einen harten Gegenstand hervorgerufen sein. Ein Sturz aus größerer Höhe ist nicht auszuschließen, aber nicht wahrscheinlich, da der Körper keine Torsionen oder anderweitige Frakturen aufweist. Ein Aufprall auf Träger oder Rahmen eines Fahrzeuges, wie z. B. bei einem Frontalunfall läßt sich nicht ausschließen. Hierbei müßte es aber zu ganz erheblichen Verzögerungen bzw. Beschleunigungen gekommen sein, die zwangsläufig weitere Körperverletzungen zur Folge gehabt hätten. Crash-Kriterien in Verbindung mit dem HIC-Wert können für diesen Fall nicht herangezogen werden. Glassplitterverletzungen sind nicht erkennbar.‹«
    »Ende der Fahnenstange«, sagte Lupus ohne Begeisterung und fragte: »Der Holzsplitter da im Tütchen, was ist damit?«
    »Eher eine Kuriosität«, erklärte Kommissar Freiberg. »Er wurde nach dem Bericht in den Haaren der Toten gefunden.«
    »Holz im Walde, daran dürfte kein Mangel sein. Die anderen Umschläge? Warum machst du sie nicht auf?«
    »Bist du neugierig, willst du wissen, wie Reste von Brigitte Fournier ausgesehen haben, nachdem sie erst im Wald und dann auf dem Seziertisch gelegen hat? Ich nicht – aber bitte, hier.« Damit reichte Freiberg die Umschläge hinüber.
    Lupus warf abwehrend beide Arme hoch. »Um Gottes willen, nein! Mein Trauma bricht durch, wenn ich nur an die alte Anatomie in Heidelberg denke. Schreib ganz dick darauf: ›Öffnen verboten‹ oder mach eine Verschlußsache draus für den Registrator vom neunzehnten K mit mindestens vier großen Dienstsiegeln – auf jeder Ecke eins.«
    Fräulein Kuhnert im Nebenraum hatte gehört, was gesprochen wurde. Das war kein Zeichen von Neugierde, sondern ergab sich von allein, wenn die Tür nicht geschlossen war – und das war die Regel.
    »Darf ich mal sehen, wie so eine ermordete Sekretärin aussieht?« fragte sie unbefangen.
    »Nein, ganz bestimmt nicht«, erklärte Kommissar Freiberg. »Wir wollen alles tun, damit Sie sich

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