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Jagdhunde (German Edition)

Jagdhunde (German Edition)

Titel: Jagdhunde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jørn Lier Horst
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sitzen.
    Der Anwalt konnte seine Überraschung nicht verbergen. Er riss die Augen auf. »Aber dieser Termin …«, stammelte er nahezu.
    »Sie sollen wissen, wer es war, aber ich habe nicht vor, es Ihnen zu sagen. Ich werde Sie nur wissen lassen, wie Sie es herausfinden können.«
    Wisting nickte, ohne etwas zu sagen.
    »Die ersten Tage nach meiner Verhaftung haben sich in meine Erinnerung eingebrannt. Die Vernehmungen mit Ihnen und die Stunden unten in der Zelle.« Der wegen Mordes verurteilte Mann beugte sich vor. »In den ganzen Jahren habe ich gewusst, dass etwas faul war«, sagte er und klopfte mit dem Finger auf die Tischplatte. »Aber erst nachdem Sigurd die Zigarettenkippen noch einmal analysieren ließ, wurde mir klar, was mir da zugestoßen ist.«
    Ein leichtes Zucken im Mundwinkel des Anwalts verriet sein Unbehagen darüber, dass sein Mandant seinen Vornamen benutzte.
    »Alles, was damals geschah, hat sich bei mir eingebrannt«, wiederholte Haglund. »Stunde um Stunde bin ich alles wieder durchgegangen.« Wie um seine Erinnerungsfähigkeit zu demonstrieren, schloss er kurz die Augen. »Ich habe herausgefunden, wer die Beweise gegen mich eingeschmuggelt hat, und weiß auch genau, wie es passiert ist.«
    Wisping räusperte sich und nahm eine andere Sitzposition ein, um zu verdeutlichen, dass er interessiert war und die Fortsetzung hören wollte.
    »Da unten im Keller habe ich damals jedes Verständnis von Zeit eingebüßt. Ohne Uhr und ohne Tageslicht. Aber es muss spät am Abend gewesen sein. Die Beamten hatten einen Mann aus der Zelle herausgeholt, der seit seiner Ankunft die ganze Zeit nur gerufen und geschrien hatte, und somit war ich der Einzige im ganzen Zellentrakt. Ich war schon kurz vor dem Einschlafen, als die Tür zur Abteilung geöffnet wurde. Ich ging davon aus, dass es der Zellenaufseher war, denn er kam jede halbe Stunde vorbei. Aber er war es nicht.«
    Wisting nickte. Mehrere Todesfälle in den Zellen hatten sie veranlasst, einen Aufseher einzusetzen, der die Gefangen zweimal pro Stunde in Augenschein nahm.
    »Die Zellentür öffnete sich«, fuhr Haglund fort. »Der Mann vor der Tür legte etwas auf den Fußboden, lehnte sich mit der Schulter an den Türrahmen und sah zu mir herein. Dann zog er ein Tabakpäckchen hervor, fing an, sich mit mir zu unterhalten, und drehte sich dabei eine Zigarette. Es war ein Päckchen Petterøes Blau Nr.   3.«
    »Dieselbe Sorte wie bei der positiven DNA-Probe«, sagte der Anwalt, so als hätte noch niemand Kenntnis von diesem Umstand.
    »Als er fertig war, reichte er mir das Päckchen und bot mir an, dass ich mir selbst eine Zigarette drehte. Ich nahm sein Angebot an. Er gab mir Feuer und dann standen wir einfach da und quatschten miteinander. Ein eigenartiges Gespräch, wie ich mich erinnere. Ohne konkreten Inhalt, aber ich fand es irgendwie nett, mit jemandem zu rauchen, der nicht mit dem Fall beschäftigt war und nur ein paar Minuten totschlagen wollte. Und dann ging die Tür am Ende des Ganges wieder auf.«
    Rudolf Haglund räusperte sich und klopfte wieder mit dem Zeigefinger auf den Tisch, wie um zu unterstreichen, dass das nun Folgende wichtig war.
    »Der Zellenaufseher kam herein«, fuhr er fort und sprach dabei etwas langsamer, so als wollte er vermeiden, dass irgendeine Silbe verloren ging. »Und jetzt passen Sie auf: Der Polizist, der mich da besucht hatte, ging in die Hocke, hob einen Aschenbecher vom Boden auf und hielt ihn mir entgegen. Ich drückte den kleinen Rest von meiner Zigarette darin aus und die Zellentür schloss sich.«
    »Ein Zeuge«, rief der Anwalt beinahe. »Der Zellenaufseher könnte das bezeugen.«
    »Ich bezweifle, dass sich jemand daran erinnert«, sagte Wisting.
    »Ich glaube schon, dass er sich daran erinnert, aber das ist eigentlich nicht nötig.«
    »Wovon reden Sie?«, wollte der Anwalt wissen.
    »An der Außenseite jeder Zellentür hing ein Formular«, erklärte Haglund. »Die Zellenaufseher mussten sich jedes Mal darauf eintragen, wenn sie uns da unten besuchen kamen.«
    Wisting nickte. So waren die Vorschriften gewesen, bevor auch die routinemäßige Kontrolle der Zellen vom Datensystem erfasst wurde.
    »Auf diesen Formularen wurde eingetragen, wann wir uns in der Vernehmung befanden, wann wir an die frische Luft kamen, wann wir duschen konnten, wann wir etwas zu essen bekamen oder wann wir eine rauchen durften.«
    »Aber das ist Jahre her«, wandte der Anwalt ein.
    Rudolf Haglund ignorierte seine Bemerkung. »Der

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