Jagdhunde (German Edition)
des Tages‹ stammte angeblich aus Burundi und sollte nach Honig, Zitrusfrüchten und Nüssen schmecken.
Er wählte einen Tisch in der Ecke, wo er sich mit dem Rücken zu den anderen Gästen hinsetzen konnte. Die Gedanken wirbelten durch seinen Kopf und ihm war schwindelig, so als säße er auf einem sich langsam drehenden Karussell.
Wisting glaubte, Rudolf Haglunds Medienstrategie inzwischen verstanden zu haben. Seine Taktik. Und die war gelungen.
Wisting war genötigt, Beweise herbeizuschaffen, die nicht nur ihn reinwaschen, sondern auch zu einer Aufhebung des Urteils gegen Haglund führen konnten.
Der Ordner mit den alten Aufsichtsprotokollen aus dem Zellentrakt war mit großer Wahrscheinlichkeit noch vorhanden. Bjørg Karin Joakimsen war für das Archiv verantwortlich und arbeitete seit fast vierzig Jahren im Strafregisterbüro. Sie gehörte zu den Menschen, die nur selten oder nie etwas wegwarfen, sondern einen Platz irgendwo in einem Regal oder einer Schublade fanden. Offensichtlich hatte sich Wisting ganz in der Nähe des entscheidenden Dokuments befunden, als er in der Nacht zuvor den Computer im Archiv benutzt hatte.
Wisting trank seinen Kaffee aus. Er schmeckte nicht anders als der, den er sonst trank, dachte er. Vielleicht etwas weniger kräftig, als er es gewohnt war, aber weder nach Zitrusfrüchten noch nach Nüssen.
Es schien durchaus möglich, dem Präsidium einen erneuten nächtlichen Besuch abzustatten, doch Wisting glaubte nicht, dass diese Idee zu etwas führen könnte. Zwar war es unproblematisch, Dokumente aus dem Keller zu holen, die nach einem festen System archiviert waren. Aber Unterlagen herauszusuchen, die im Laufe der letzten fünfundzwanzig Jahre nur irgendwo gelagert worden waren, weil es jemand für sinnvoll hielt, sie nicht wegzuwerfen, war etwas völlig anderes.
Die einzige Person, die wissen konnte, ob es diese Papiere noch gab und wo sie gegebenenfalls gelagert wurden, war Bjørg Karin vom Strafregisterbüro.
Wisting wählte ihre Büronummer, eine der wenigen, die er auswendig wusste.
Sie meldete sich wie üblich entgegenkommend und professionell. Die meisten Anfragen kamen von Menschen, die sich über irgendetwas beschweren wollten. In der Regel wurden die Anrufe zu ihr durchgestellt, sodass sie herausfinden konnte, an wen sich der Betreffende des Weiteren wenden konnte. Oft war es auch gar nicht mehr nötig, noch etwas anderes zu unternehmen, nachdem sie freundlich und geduldig irgendein Missverständnis aufgeklärt oder Fakten auf verständliche Weise erläutert hatte.
»Ach, wie schön, Ihre Stimme zu hören«, sagte sie, als sie Wistings Namen hörte, und bombardierte ihn gleich mit Fragen und Ansichten hinsichtlich seiner Suspendierung.
»Ich glaube, ich kann einen Weg finden, um da wieder herauszukommen«, meinte Wisting. »Aber dazu brauche ich Hilfe.«
»Ich hoffe, dass ich etwas für Sie tun kann.«
Wisting erklärte, wonach er suchte, ohne detailliert zu schildern, weshalb dies so wichtig war.
»Ich bin mir nicht ganz sicher«, sagte Bjørg Karin. »Aber ich glaube, dass die Ordner unten im Archiv des Präsidiums stehen. Ich habe sie da gesehen und auf jeden Fall nicht weggeworfen.«
»Könnten Sie das mal überprüfen?«, fragte Wisting.
»Noch im Laufe des Tages«, versicherte sie ihm.
58
Rudolf Haglund trank zwei Tassen Kaffee, bevor er weiterging. Sie hatten ihn bis zu einem Restaurant in der Rådhusgate verfolgt, das Ausblick auf die Festung Akershus bot. Ein kühler, rauer Wind kam vom Fjord hereingeweht und fegte um die Hausecken. Als die ersten Tropfen fielen, suchte Line Schutz unter dem Dachvorsprung eines Geschäftshauses.
»Wie lange sitzt er dort jetzt schon?«, klang die Stimme von Morten P aus dem Ohrstöpsel.
»Fast zehn Minuten«, gab Line zurück.
»Ich schlage vor, dass einer von uns reingeht und nachsieht, was er da treibt. Vielleicht ist er verabredet oder so.«
»Das kann ich übernehmen«, bot sich Harald an. »Ich muss nämlich mal pinkeln.«
Line war einverstanden. Sie wusste nicht, was sie sich eigentlich davon versprochen hatte, Rudolf Haglund zu beschatten, aber mit Sicherheit nicht, ihn bei einer Kneipenrunde zu begleiten.
Harald verschwand in der Tür des Restaurants.
Der Regen war stärker geworden und kräftige Windböen bliesen den Niederschlag quer über die Straßen.
Zwei Minuten später kam Harald wieder heraus. »Er sitzt da mit Hulkvist«, berichtete er.
»Gjermund Hulkvist?«, brüllte Morten P beinahe ins
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