Jagdhunde (German Edition)
Päckchen.«
Wisting spürte die Neugier, doch der praktisch veranlagte Polizeibeamte in ihm war stärker.
»Ich muss mich hier noch um ein paar Dinge kümmern«, erwiderte er und blickte auf die Schublade, in der die Protokolle aus dem Arrestbereich lagen.
71
An der Ausfahrt zum Flughafen Torp bog Line von der Autobahn ab und fuhr zu einer Tankstelle. Sie kaufte einen Hotdog und zwei neue Wischerblätter. Nachdem sie gegessen und die neuen Wischer montiert hatte, fuhr sie weiter in Richtung Horten, um die Fähre auf die andere Seite des Oslofjords zu nehmen.
Die Straßenbeleuchtung war streckenweise unterbrochen. Der schwarze Asphalt glänzte feucht im Licht der Scheinwerfer. Hinter einem Waldstück auf der linken Seite der Straße lag das ehemalige Internierungs- und Kriegsgefangenenlager, das zu einem Gefängnis umgestaltet worden war. Line war einmal dort gewesen, um einen der Insassen zu interviewen. An einer Straßenausbuchtung kamen plötzlich mehrere Fahrzeuge in Sichtweite. Line sah helle Lichter und drosselte die Geschwindigkeit. Auch ein Streifenwagen und ein Reportagewagen von TV2 waren zu sehen. Ein uniformierter Polizist stand vor der Kamera.
Sie müssen das Handy der vermissten Linnea Kaupang gefunden haben, dachte Line. Es war in dieser Gegend geortet worden und nun stellte sich die Polizei am Fundort vor die Kamera und hoffte darauf, Informationen von irgendjemandem zu bekommen, der vielleicht etwas gesehen hatte.
Line erwog anzuhalten, fuhr aber langsam weiter. Es war kurz vor zehn Uhr. Der Reportagewagen hatte eine Satellitenantenne auf dem Dach. Der Beitrag sollte offenbar während der Hauptnachrichten gesendet werden.
Morten P und Harald Skoglund saßen immer noch irgendwo und hielten Rudolf Haglund unter Beobachtung. Line schaltete sich wieder in die Standleitung und berichtete, was sie gesehen hatte.
»Der Artikel ist schon draußen«, sagte Harald. »Aber Dagbladet war schneller. Die Polizei hat ihnen schon heute Nachmittag den Fund bestätigt.«
»Was bedeutet das für uns?«
»Dass sie uns geschlagen haben.«
»Nein, ich meine für den Fall. Was hat das zu bedeuten, dass ihr Handy hier gefunden wurde?«
»Die Polizei glaubt, dass es aus einem fahrenden Auto geworfen wurde. Sie sehen das als Bestätigung ihrer Vermutung, dass Linnea Kaupang einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist.«
»Wie sieht’s denn mit Haglund aus?«
»Er sitzt immer noch im Goldenen Frieden.«
»Und was macht er da?«
»Trinkt Kaffee und schaut die Leute an. Harald sitzt auch da drinnen und trinkt Kaffee. Harald?«
»Ich sitze an der Tür«, gab Harald Skoglund durch. »Ich bekomme langsam ’nen sauren Magen.«
»Sitzt er einfach nur da?«
»Er sitzt da und schaut die Leute an. Sonst nichts«, bestätigte Lines Kollege. »Ich glaube nicht, dass irgendjemand hier weiß, wer er ist.«
Morten P mischte sich ein: »Ich habe Tommy losgeschickt, um sich sein Haus anzugucken. Solange Haglund im Café sitzt, ist Tommy da sicher. Tommy, bist du online?«
»Ich bin hier«, gab Tommy durch. »Bin ums Haus gelaufen. Ist vollkommen still hier.«
»Wir sieht der weitere Plan aus?«
»Kommt ganz darauf an, was Haglund vorhat«, erwiderte Morten P. »Wir geben nicht so leicht auf.«
»Haltet mich auf dem Laufenden, okay?«
Line beendete das Gespräch und fuhr in den Hortenstunnel. Plötzlich kam ihr der Gedanke, dass derjenige, der Linnea Kaupang entführt und ihr Handy aus dem Wagen geworfen hatte, sehr wahrscheinlich dieselbe Strecke genommen hatte. Vielleicht war er auch hinüber auf die andere Seite des Fjords gefahren.
Line bog am Fährterminal von der Straße ab, rollte langsam an den Fahrkartenschalter und kaufte ein Ticket. Die Autoschlange vor ihr hatte sich bereits in Bewegung gesetzt und Line wurde direkt an Bord gewinkt.
Die Fahrzeit von Vestfold nach Østfold dauerte dreißig Minuten. Line nutzte die Zeit und las die Onlinezeitungen. Die Entwicklung im Linnea-Fall und der Fund des Handys waren überall das große Thema. Über den Mord in Fredrikstad hingegen gab es nichts Neues, auch nicht in den beiden Lokalzeitungen.
Es war Viertel vor zehn, als Line in Moss von Bord fuhr. Auf dieser Seite des Fjords regnete es ebenso stark. Sie hatte Maud Svedbergs Adresse in der Lilla Norregatan in Ystad in das Navigationsgerät eingegeben. Der elektronische Wegweiser rechnete aus, dass sie kurz vor vier Uhr ankommen würde. Line war jetzt schon müde, entschied sich aber, so lange weiterzufahren, bis sie
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