Jagdhunde (German Edition)
Zigaretten zwei Wochen in Finn Habers Labor gelegen hatten, bevor sie zur Analyse geschickt worden waren, aber selbst das war nichts Ungewöhnliches.
Wisting schloss den Ordner und legte ihn zurück in den Karton unter seinem Schreibtisch. Er stand auf, trat ans Fenster und blickte nachdenklich in den strömenden Regen hinaus. Langsam formte sich in seinem Kopf eine Idee, was mit den DNA-Proben geschehen sein mochte, doch er wagte nicht, den Gedanken zu Ende zu denken.
Als er sich wieder hinsetzte, klopfte es an der Tür. Der amtierende Polizeichef, in eine frisch gebügelte Uniform gekleidet, betrat den Raum. Er schloss die Tür hinter sich und nahm auf dem Besucherstuhl Platz.
Audun Vetti war in vielen der Fälle, die Wisting untersucht hatte, für die Anklage verantwortlich gewesen, so auch in der Cecilia-Sache. Es war eine anstrengende Zusammenarbeit gewesen. Vetti war für Ansichten und Vorschläge anderer nur sehr wenig offen und drückte sich gern, wenn schwierige Entscheidungen zu treffen waren. Seine Arbeit war in erster Linie von dem Wunsch geprägt, sich selbst hervorzuheben. Abgesehen vom Fortschritt seiner eigenen Karriere hatte die Aufklärung eines Verbrechens keine Bedeutung für ihn. Vor zwei Jahren hatten sich seine Bemühungen ausgezahlt. Er war zum stellvertretenden Polizeichef ernannt worden und hatte seinen Dienstort nach Tønsberg verlegt. In den letzten Monaten hatte er als amtierender Polizeichef fungiert und sich bereits einen weiteren Stern an seine Schulterklappen heften können.
Er atmete schwerfällig aus, öffnete die Knöpfe seiner Uniformjacke und legte sich eine Dokumentenmappe auf den Schoß.
Wisting lehnte sich zurück. »Der Cecilia-Fall«, sagte er.
Audun Vetti nickte, erwiderte aber nichts.
»Wissen Sie mehr als ich?«, fragte Wisting.
»Es war Ihr Fall«, erwiderte Vetti und schüttelte den Kopf. »Ihre Verantwortung. Was da an eventuellen Unregelmäßigkeiten erfolgt ist, müssten Sie besser wissen als ich.«
Wisting äußerte keinen Kommentar, als Vetti die Verantwortung von sich wies. »Wissen Sie irgendetwas Genaueres über den Hintergrund des Wiederaufnahmeantrags?«, präzisierte er stattdessen.
Vetti öffnete den Reißverschluss der Dokumentenmappe. »Ich habe zusammen mit Sigurd Henden studiert«, sagte er und zog einen Stapel mit zusammengehefteten Papieren heraus. »Er hat mir eine Kopie des Antrags geschickt. Anscheinend, um uns Zeit für die Vorbereitung einer Antwort zu geben. Die Wiederaufnahmekommission wird ohnehin noch unsere Stellungsnahme erbitten.«
»Wie lautet seine Begründung?«
»Er hat die Zigarettenkippen erneut analysieren lassen«, erwiderte Vetti und blätterte zu einer der letzten Seiten vor, bevor er Wisting die Papiere reichte.
Wisting nahm sie an sich. »Und?«
»Die haben jetzt siebzehn Jahre im Eisfach gelegen. Das Material hat sich zwar reduziert, aber die Analysemethoden sind besser geworden. Allerdings ist das Ergebnis das gleiche.«
Wisting las die Papiere durch. Der Verteidiger hatte die Proben bei einem neutralen und unabhängigen Institut in Stavanger analysieren lassen. Das Ergebnis war das gleiche wie beim Rechtsmedizinischen Institut. Bei zwei der Proben war kein Zellmaterial gefunden worden, das für eine DNA-Analyse verwendet werden konnte, doch bei der mit A-3 gekennzeichneten Probe fand sich ein vollwertiges DNA-Profil, mit zehn von zehn möglichen spezifischen Merkmalen.
»Was soll das?«, fragte Wisting, obwohl er es eigentlich wusste.
»Fanden Sie es nie etwas merkwürdig, dass zwei der Proben überhaupt keine menschlichen Spuren aufwiesen, wohingegen die dritte voll davon war?«
»Es gibt viele Umstände, die dabei eine Rolle spielen«, sagte Wisting.
»Drei Zigarettenkippen«, fuhr Vetti fort und hielt drei Finger hoch. »Von ein und demselben Mann, am selben Ort, zur selben Zeit und unter völlig gleichen Umständen.«
»Wir wissen doch gar nicht, ob die anderen von Haglund stammen«, wandte Wisting ein. »Die können von irgendjemand anderem gekommen sein und haben da vielleicht schon wochenlang gelegen.«
Vetti schüttelte den Kopf. »Das glauben Sie doch selbst nicht.«
Wisting musste ihm recht geben, wollte es jedoch nicht laut sagen. »Aber das ändert nichts an den Tatsachen«, fuhr er fort, merkte jedoch selbst, dass er nach einem rettenden Strohhalm suchte.
»Sigurd Henden hat das getan, was Sie vor siebzehn Jahren hätten tun sollen, William.«
Wisting gefiel weder der Tonfall noch dass
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