Jagdhunde (German Edition)

größeren Effekt als jede Werbekampagne gehabt. Die komplette Kollektion der Venatici- Pullover war im Laufe des Sommers ausverkauft gewesen. Doch eine neue Produktion war nie veranlasst worden.
    Wisting blätterte durch die ersten Seiten und stieß auf Gedanken und Überlegungen, die ihm damals gekommen waren. Schnell niedergeschrieben, aber dennoch wohlgeordnet.
    Monatelang hatte er an dem Fall gearbeitet. Die Ordner unter dem Schreibtisch enthielten Tausende von Dokumenten und Wisting spürte, wie begierig er darauf war, sie alle zu sichten. Irgendwo unter ihnen gab es etwas, das die Grundlage für die gegen ihn gerichteten Anschuldigungen bildete. Etwas Unentdecktes.

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    Line war zwölf gewesen, als Cecilia verschwand, konnte sich aber noch gut an den Fall erinnern. Am stärksten war ihr in Erinnerung geblieben, dass ihr Vater in jenem Sommer so gut wie nie zu Hause war und dass die geplante Ferienreise nach Dänemark abgesagt werden musste.
    Die Suche nach Cecilia Linde ergab allein im Textarchiv von VG dreihundertsiebenundachtzig Treffer. Der Umfang machte es nicht leicht, sich zu orientieren. Line sortierte die Angaben in chronologischer Reihenfolge und begann mit dem ältesten Eintrag.
    Die erste Zeitungsmeldung berichtete von der jungen Cecilia Linde, die nach einer Joggingtour vermisst gemeldet wurde. Der Artikel enthielt Angaben über Größe, Körperbau und Aussehen und war mit einem Foto illustriert. Alle Zeugen, die sie gesehen hatten, wurden aufgefordert, sich bei der Polizei zu melden. Es gab keinen Grund zu der Annahme, dass sie einem Verbrechen zum Opfer gefallen war, aber alle Möglichkeiten wurden in Erwägung gezogen.
    Der nächste Bericht beschrieb die Suchaktion, die sowohl personell als auch flächenmäßig stetig ausgeweitet wurde. Im darauffolgenden Artikel wurden alle, die sich am Samstagnachmittag, dem 15.   Juli, in der Nähe aufgehalten hatten, um Kontaktaufnahme mit der Polizei gebeten.
    Immer wieder erschien der Hinweis, dass sie völlig spurlos verschwunden war. Nach einer Weile tauchte die Entführungstheorie auf und die Polizei wurde gefragt, ob sie etwas von den Entführern gehört habe oder ob Lösegeld gefordet werde.
    Line überflog die weiteren Einträge. Ihr Vater hatte offenbar an den inzwischen täglich stattgefundenen Pressekonferenzen teilgenommen und dabei die Behauptungen, dass es sich um Erpressung handelte, zurückgewiesen.
    Ein größerer Artikel behandelte Cecilia als Person. Die Zeitung hatte mit Freundinnen, einem ehemaligen Lehrer und Nachbarn gesprochen. Es wurde berichtet, dass sie die Tochter einer der erfolgreichsten Geschäftsmänner des Landes sei. Im Modeimperium ihres Vaters arbeite sie als eine der Angestellten, die für das Design zuständig waren, fungiere aber auch als Fotomodell.
    Die heißeste Spur der Polizei war ein weißer Opel Rekord an einer Wegkreuzung, an der Cecilias Joggingtour aller Wahrscheinlichkeit nach vorbeigeführt habe. In der Nähe sei zudem ein Mann beobachtet worden. Er habe ein weißes T-Shirt und Jeans getragen, sei circa dreißig Jahre alt, habe dichtes schwarzes Haar sowie ein breites Gesicht mit kräftigem Kinn und dicht zusammenstehenden Augen. Er wurde gebeten, Kontakt mit der Polizei aufzunehmen, schien sich aber nie gemeldet zu haben.
    Eine Überschrift vom Ende der ersten Woche machte Line neugierig. Verzweifelte Suche nach Cecilia. Der Artikel beschrieb, wie Polizeistreifen in ganz Østland kleine und große Höfe nach Cecilia absuchten. Sogar Mitglieder des Sondereinsatzkommandos waren einberufen worden und nahmen an der Suchaktion teil. Nach Informationen der Zeitung wurde in einem Umkreis von siebzig Kilometern um den Ort gesucht, an dem sie zuletzt gesehen worden war. Das Foto der Reportage zeigte die Polizei bei der Suche auf einem Hof bei Rønholt in Bamble. Lines Vater wurde in einem der letzten Abschnitte namentlich erwähnt. Er wollte sich nicht zum Anlass für die Ausweitung der Suchaktion äußern.
    In einem zwei Tage danach erschienenen Artikel wurde der Hintergrund für die erweiterte Suchaktion erklärt. Dagbladet hatte die entsprechenden Informationen bekommen. VG zitierte daraus, brachte darüber hinaus aber auch die Stellungnahme eines Polizeianwalts. Cecilia Linde hatte auf irgendeine Weise eine Kassette hinausschmuggeln können, auf der sie schilderte, was ihr widerfahren war. Line erinnerte sich, davon gehört zu haben. Allerdings nicht damals, als die Sache passiert war, sondern später, als sie