Jagdhunde (German Edition)
Nebenfluss der Glomma getrennt. Der Name ergab mehr Treffer, als Line erwartet hatte, und daher beschränkte sie die Suche nur auf solche Seiten, die aus Norwegen stammten. Das ergab acht Treffer. Fünf davon waren auf derselben Homepage verzeichnet: Sammlerklub Fredrikstad. Ein Eintrag hatte eine Verlinkung zu einer Seite, auf der die Vorstandsmitglieder des Vereins aufgelistet waren und Astrid Sollibakke als Kassenwartin geführt wurde. Die anderen vier Treffer führten zu einem Sammlerforum, auf dem sie nach Porzellantellern und alten Apothekenflaschen suchte sowie einige mit Motiven verzierte Blechdosen und ein paar Modellautos verkaufen wollte.
Ein Treffer fand sich in der Steuerliste, während die anderen beiden zu den Lokalzeitungen Demokraten und Fredriksstad Blad führten. Darin war von einer Antik- und Sammlermesse in der Rolvsøyhalle die Rede. Der Name stand in der Bildunterschrift zu einem Foto, das zwei Frauen vor einem Tisch mit verschiedenen Gegenständen zeigte. Die Kassenwartin Astrid Sollibakke war die Jüngere von beiden. Rechts neben ihr stand die zweite Vorsitzende Mona Husby. Line blätterte kurz in ihren Unterlagen. Mona Husby war die zweite Frau auf der Anruferliste. Beide gehörten demselben Verein an. Vielleicht war auch Jonas Ravneberg ein Sammler gewesen.
Line probierte es mit dem Namen Torgeir Roxrud und fand ihn in der Steuerliste, doch das sagte ihr gar nichts.
Mittlerweile war es fast drei Uhr.
Sie saugte an ihrem Kugelschreiber und überlegte, womit sie den Rest des Tages verbringen sollte. Ihr Vater hatte in einer Stunde Dienstschluss. Sie würde ihn anrufen und fragen, wie der Tag gelaufen sei, doch zunächst wollte sie ein Treffen mit einem der drei Telefonkontakte Jonas Ravnebergs ausmachen.
Am neugierigsten war sie auf Torgeir Roxrud und wählte seine Nummer.
Die Stimme am anderen Ende der Leitung klang rostig, so als sei der Mann es nicht gewohnt zu reden. Line sagte, wer sie war, und bekam einen Hustenanfall zur Antwort.
»Ich rufe wegen Jonas Ravneberg an«, sagte sie.
»Ich habe schon mit der Polizei gesprochen«, erwiderte der Mann. »Ich konnte ihr nicht helfen und glaube auch nicht, dass ich Ihnen helfen kann.«
Line trommelte mit dem Kuli auf dem Block herum und war froh zu hören, dass die Ermittler nicht völlig in der Defensive verharrten.
»Oh, das glaube ich schon«, sagte Line. »Ich muss nur mit jemandem reden, der ihn kannte.«
»Niemand kannte Jonas«, entgegnete er. »Niemand hat verstanden, wer er war. Ich habe nie begriffen, was an ihm nagte, aber irgendetwas war da.«
Line führte das Telefon ans andere Ohr. »Können wir uns treffen?«, fragte sie und sah auf die Uhr. »In einer Stunde?«
28
Torgeir Roxrud war genau der Interviewpartner, den Line brauchte. Einer, der das Mordopfer kannte und sich auszudrücken vermochte. Mit einfachen Worten redete er anscheinend frei von der Leber weg und es war nicht schwierig gewesen, ihn zu einem Treffen zu überreden.
Line rief den Fotografen an und verabredete sich mit ihm vor dem Hotel, um den Mann dann gemeinsam aufzusuchen.
Der nächste Name auf dem Notizblock war der von Christianne Grepstad. Laut Dokumentenliste der Fahndungsleitung war sie als Zeugin vernommen worden. Wie Line schon vermutet hatte, war der Name so selten, dass er im Telefonbuch nur einmal auftauchte. Es klingelte lange, ohne dass jemand abnahm. Line notierte sich die Adresse, um nach dem Gespräch mit Roxrud dort vorbeizufahren.
Bevor sie sich auf den Weg machte, wollte sie noch die Onlinezeitungen lesen. Der Leitartikel traf sie wie ein Schlag in die Magengrube. Ein Bild ihres Vaters mit der Überschrift Fahndungsleiter suspendiert. Line verspürte ein flaues Gefühl im Bauch und hatte keine Lust weiterzulesen, zwang sich schließlich aber doch dazu.
Der kommissarische Polizeichef Audun Vetti äußerte sich zu dem Fall. Er bestätigte, dass der erfahrene Polizeikommissar William Wisting aufgrund von Vorwürfen der Beweismanipulation in der Cecilia-Sache vom Dienst suspendiert worden sei. Die Angelegenheit sei der polizeiinternen Spezialeinheit überantwortet worden. Wisting selbst hatte keine Stellungnahme abgegeben.
Er antwortete unmittelbar.
»Was ist denn passiert?«, fragte sie.
Ihr Vater räusperte sich so, wie er es immer tat, wenn er Zeit gewinnen wollte. »Wovon redest du?«
»Da steht, du seist supendiert.«
»Das ist ein ganz automatischer Vorgang«, bestätigte er. »Wenn sie erst einmal glauben, dass ich
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