Jagdhunde (German Edition)
einer Bushaltestelle gestoppt hatte und in den Wald gegangen war. Der Zeuge glaubte, dass er etwas getragen hätte, wohingegen ein anderer Zeuge, der ihn wieder aus dem Wald herauskommen sah, nichts Derartiges bemerkt hatte.
Das betreffende Gebiet war daraufhin mit Hunden durchsucht worden, die ein Drogendepot mit fast dreihundertfünfzig Gramm Amphetamin fanden. Die Anwesenheit des Motorradfahrers konnte somit erklärt werden, ohne dass er selbst identifiziert worden war.
Bis jetzt hatte Line drei Personen notiert, derer die Ermittler nicht hatten habhaft werden können. Mehrere Zeugen hatten einen Mann mit einem Fotoapparat gesehen. Er war an verschiedenen Stellen des Küstenwegs beobachtet worden und schien dem Weg gefolgt zu sein, den Cecilia für ihre Joggingtour gewählt hatte. Line konnte drei Zeugen ausfindig machen, auf die die Beschreibung passte. In mehreren Aussagen war auch von einem Mann in einem schwarzen Unterhemd die Rede, außerdem war ein grauer Lieferwagen gesehen worden, der ungefähr zu der Zeit, als Cecilia unterwegs war, zum Gumserød-Hof hinunterfuhr und dort wendete.
Das Feuer im Kamin hatte das letzte Holzscheit vertilgt. Nur noch ein Häufchen Glut war übrig geblieben. Line stand auf, nahm den Korb für das Holz und ging nach draußen. Die Lektüre hatte sie ziemlich angestrengt und es war gut, an die frische Luft zu kommen. Die Wolkendecke war stellenweise aufgerissen und zum ersten Mal seit vielen Tagen konnte Line die Andeutung eines blauen Himmels erkennen.
Sie betrat den Holzschuppen, füllte den Korb und trug ihn wieder hinaus. Ihr Handy gab einen Signalton von sich, der eine eingehende SMS ankündigte. Line stellte den Korb auf der Terrasse ab und öffnete die Nachricht. Sie war von Tommy. Er schrieb, dass er gern mehr Zeit mit ihr verbringen würde. Sie wusste nicht genau, was sie antworten sollte, schrieb aber, dass sie sich über seinen Besuch in Fredrikstad gefreut habe.
Nachdem sie die Nachricht abgeschickt hatte, rief sie ihr Anrufprotokoll auf und wählte die unregistrierte Nummer, von der Jonas Ravneberg kurz vor seiner Ermordung angerufen worden war und die ihn veranlasst hatte, sich mit einem Anwalt in Verbindung zu setzen. Sie hatte die Nummer in regelmäßigen Abständen gewählt, doch nie jemanden erreicht.
Auch jetzt klingelte es lange, ohne dass der Teilnehmer abnahm.
Line ging wieder in die Hütte und legte ein paar Holzscheite in den Kamin. Dann setzte sie sich, um die Onlinezeitungen und ihre E-Mails aufzurufen und sich danach auf einen neuen Aktenordner mit Falldokumenten zu stürzen.
Sie hatte eine Mail von der Rechercheabteilung der Zeitung bekommen. Betreff: Jonas Ravneberg.
Die Nachricht war kurz und stichwortartig und enthielt nicht mehr Informationen als die, um die sie gebeten hatte.
Im Grundbuchregister hatten sie die unter dem Eigentümer Jonas Ravneberg aufgeführte Wohnung in der W. Blakstads gate 78 in Fredrikstad gefunden, außerdem einen Besitz in Larvik, der nur mit Grundstücks- und Flurnummer vermerkt war. Der Auszug aus dem alten Adressenverzeichnis zeigte, dass er lange Jahre unter der unregistrierten Adresse gemeldet war und dann ungefähr zwei Jahre im Minnehallveien 28 in Stavern gewohnt hatte. Danach war er nach Fredrikstad umgezogen.
Line suchte die Adresse im Telefonbuch und fand unter Minnehallveien 28 vier Handyanschlüsse. Ausgehend von den Namen musste es sich um eine Familie handeln.
Sie schrieb eine kurze E-Mail, bedankte sich für die Hilfe und bat die Kollegen herauszufinden, ob gleichzeitig mit Jonas Ravneberg noch andere Personen unter der Adresse aufgeführt waren.
Dann rief sie im Internet das Landkartenverzeichnis der Kommune auf und gab Grundstücks- und Flurnummer ein. Der auf dem Bildschirm erscheinende Kartenausschnitt zeigte eine Gegend mit der Bezeichnung Manvik. Der blaue Markierungswimpel auf der Karte befand sich direkt neben einem Fluss.
Line wählte einen kleineren Maßstab und zoomte auf das Grundstück.
Zwei große und zwei kleine Gebäude waren darauf verzeichnet. Ein kurvenreicher Weg führte dorthin, zum nächsten Nachbarn war es weit.
Line sah sich denselben Ausschnitt auf einer Luftaufnahme an. Sie zeigte eine landwirtschaftliche Gegend, die nur von dem Fluss durchschnitten und in zwei Hälften geteilt wurde. Einem Flickenteppich ähnelnd, bildeten verschiedenfarbige Äcker das Terrain. Der Markierungswimpel befand sich jetzt in einem dichten Wald und die kleine Häusergruppe war
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