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Jagdhunde (German Edition)

Jagdhunde (German Edition)

Titel: Jagdhunde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jørn Lier Horst
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erst aufgekommen. Und abgesehen davon ist das nichts, was darauf hindeutet, dass er tatsächlich was mit der Sache zu tun hat. Wir haben schließlich Cecilias eigene Beschreibung der Geschehnisse.«
    Line drehte sich zur Wand, wo sie die Abschrift der Bandaufnahme befestigt hatte. »Ich zeige lediglich ein paar Ungereimtheiten auf«, sagte sie und nahm den Bogen von der Wand. »Hast du das nicht so genannt? Haken, an denen man sich aufhängen könnte?«
    Wisting schwieg und ließ sie fortfahren.
    »Ich habe das Band ja nicht abgehört«, ergänzte sie. »Aber was sie sagt, klingt etwas unnatürlich.«
    »Eine Kopie der Aufnahme ist dort im Kassettenfach«, sagte Wisting und zeigte auf das alte Kofferradio in dem Regal unter dem Fenster. »Du musst nur ein bisschen zurückspulen.«
    Line hob die Augenbrauen. Sie schien unsicher, ob sie sich die Aufnahme wirklich anhören wollte, folgte dann aber Wistings Vorschlag.
    Für eine Minute und dreiundvierzig Sekunden füllte Cecilia Lindes Stimme den Raum. Sie klang nüchtern und ruhig, wurde dann unsicherer und brach schließlich weinend zusammen.
    »Trotz allem«, sagte Line und hielt das Band an. »Zusätzlich zu den Fakten sagt sie ein paar sehr interessante Dinge. Sie sagt, dass er unangenehm roch. Nach Rauch, aber auch etwas anderem. Seid ihr da vielleicht mal irgendwie weitergekommen?«
    »Rudolf Haglund roch in der Tat«, entgegnete Wisting. »Genau wie sie gesagt hat. Nach Rauch und irgendwas anderem. Er hatte wohl irgendwie einen unangenehmen Körpergeruch.«
    »Wenn sie Rauch sagt, meint sie da Zigarettenrauch oder Rauch von einem Feuer?«
    Wisting wurde nachdenklich. »Ich habe dabei immer an Zigarettenrauch gedacht«, sagte er.
    Line nickte. »Ihr hattet ja bereits die Kippen an der Gumserød-Kreuzung gefunden, als ihr das Band abgehört habt.«
    Wisting begriff, dass sie voreingenommen gewesen waren.
    »Hat Cecilia geraucht?«, fuhr Line fort.
    »Nein.«
    »Ihr Freund oder ihre Eltern?«
    »Ihr Vater rauchte«, entsann sich Wisting. »Und ihr Bruder. Danny nicht, glaube ich.«
    »Dann war sie also an Zigarettenrauch gewöhnt?«
    Wisting räusperte sich. »Ich glaube nicht, dass das irgendwo hinführt«, sagte er. »Wenn sie Rauch von einem Feuer gemeint hat, dann können wir uns ja auch fragen, wieso sie nicht sagte, dass er nach Feuerrauch roch.«
    »Okay«, sagte Line. »Aber wirklich interessant ist der Satz: Ich habe ihn schon einmal gesehen .«
    Wisting stimmte zu. Diese sechs Wörter hatten auch an ihm genagt.
    »Wisst ihr, ob Cecilia und Rudolf Haglund sich mal begegnet sind?«
    »Nein«, musste er einräumen. »Aber die Entführung wirkte geplant. Wir wissen, dass er dastand und auf sie wartete. Dabei ist es nicht unwahrscheinlich, dass sie sich irgendwo schon mal begegnet waren oder einander zumindest gesehen hatten und er das Ganze aufgrund dessen geplant hat. Vielleicht hat er sie sogar beobachtet.«
    Line hatte keine Einwände und hängte die Abschrift zurück an die Wand. Wisting lehnte sich zurück und begriff, dass er sich in genau die Falle begeben hatte, in die damals auch die gesamte Ermittlung geraten war. Anstatt zu untersuchen, was für die Unschuld des Verdächtigen sprach, wurden alle Informationen, die der allgemeinen Auffassung widersprachen, ignoriert oder kleingeredet. Genau diese psychologischen Mechanismen machten es möglich, dass unschuldige Menschen verurteilt wurden.
    Zwar war es Aufgabe des Gerichts und nicht der Polizei, die Schuldfrage zu beurteilen, aber für die Fahnder, die einmal einen Verdacht hegten, war es kaum mehr möglich, sich objektiv zu verhalten. Durch die weiteren Ermittlungen wurde dann meist nur ein beständiger Glaube an die eigene Überzeugung genährt. Das Beweismaterial geriet in eine Schieflage und die Schuldfrage war geklärt, lange bevor der Fall vor Gericht kam.
    Wisting richtete sich auf. Noch immer war er sicher, dass Rudolf Haglund der richtige Mann war, spürte jedoch auch, dass seine Ansicht ins Wanken geriet. Mittlerweile war er nicht mehr ganz so überzeugt wie vor siebzehn Jahren.
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    »Ich mache mal eine kleine Spazierfahrt«, sagte Line.
    »Um diese Zeit?«, fragte Wisting und schaute hinaus. In der dunklen Fensterscheibe war nur die Spiegelung des leuchtenden Kamins zu sehen.
    »Nur eine kleine Runde.«
    Wisting sah auf die Uhr. Es war schon kurz nach sieben. »Kommst du wieder hierher oder fährst du nach Hause?«
    Line zog ihre Jacke an. »Wie lange willst du denn noch

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