Jagdhunde (German Edition)
zwischen den Bäumen kaum erkennbar.
Jonas Ravneberg war noch immer als Eigentümer dieses einem Kleinbauernhof ähnelnden Besitzes aufgeführt, obwohl er vor Jahren aus Larvik weggezogen war.
Line wechselte noch einmal den Kartenausschnitt und wählte ein Übersichtsbild.
Der Besitz in Manvik lag fünf Kilometer Luftlinie von der Stelle entfernt, an der Cecilia zuletzt gesehen worden war. Der Abstand zum Fundort ihrer Leiche war noch kürzer.
44
Der Geruch des Feuers war in Wistings Kleider gedrungen. Er hängte seine Jacke zum Auslüften an einen Haken neben der Tür, merkte aber, dass sich der scharfe Gestank auch in seinem Haar festgesetzt hatte.
Als er zu der Hütte zurückgekehrt war, dämmerte es bereits. Nach und nach wurde es immer dunkler, nur ein schwacher Rotschimmer leuchtete unter den Wolken im Westen hervor.
Line hatte ihn kommen hören und die Tür aufgeschlossen. Sie hatte seinen Platz eingenommen und mit dem Laptop vor sich auf dem Sofa gesessen. Auf dem Tisch und den Kissen neben ihrem Sitzplatz lagen Dokumente. Ein paar davon waren mit gelben beschriebenen Post-its versehen. Die drei Bilder an der Wand waren um eine Landkarte und einige Papiere ergänzt worden. Wisting erkannte die Abschrift der Worte, die Cecilia auf Tonband gesprochen hatte.
»Hast du was rausgefunden?«, fragte er und setzte sich in einen Sessel.
Line blieb stehen. »Nichts von Bedeutung, aber ich komme nicht so ganz darüber hinweg, dass Rudolf Haglund keinerlei Verletzungen hatte.« Sie drehte sich um und zeigte auf das Foto der Tatortrekonstruktion. »Derjenige, von dem ihr glaubt, dass es sich um Rudolf Haglund handelte, hatte ein T-Shirt an. Aber andererseits hat er nicht einen einzigen Kratzer abbekommen.«
»Er wurde erst zwei Wochen nach der Entführung verhaftet«, wandte Wisting ein. »In dieser Zeit konnten eventuelle Kratzer schon längst wieder verheilt sein.«
»Aber Cecilia muss doch auch Widerstand geleistet haben, als er sie umbrachte«, gab Line zu bedenken. »Als man sie fand, war sie doch nur ein paar Stunden tot. Und das war zwei Tage, bevor ihr ihn gefasst habt.«
»Er hatte sie die ganze Zeit gefangen gehalten. Vielleicht war sie schwach und kraftlos.«
»Sie hat aber Nahrung erhalten«, sagte Line und zog den Obduktionsbericht hervor. »Der Mageninhalt bestand aus unverdauten Resten von Kartoffeln, Fisch und Weizenkörnern.«
Dagegen konnte Wisting nichts einwenden. »Er hat gerne geangelt«, sagte er in dem Versuch, ihre Argumente zu entkräften. »Vielleicht hat er ihr eine Forelle aufgetischt, die er selbst gefangen hat.«
Line verstand es so, wie er es gemeint hatte. Als Scherz. »Ihr hattet doch so eine Theorie, die auf ihrem Freund basierte«, fuhr sie fort.
Wisting nickte. »Die bestand aus zwei Teilen. Wir sahen die Möglichkeit, dass die Entführung gemeinsam von Cecilia und Danny arrangiert war oder dass er allein etwas mit der Sache zu tun hatte.«
»Habt ihr ihn überprüft?«
»Selbstverständlich.«
»Und was habt ihr gefunden?«
»Das steht alles in dem Ordner«, erwiderte Wisting und deutete auf den Wohnzimmertisch. »Ein paar Strafzettel und eine Geldbuße wegen Besitz und Konsum von Hasch. Ich glaube, es gab da auch noch eine Anzeige wegen Körperverletzung.«
»Andere Frauen?«
»Es gab eine fast zwei Jahre alte Geschichte. Eine Fotografin, mit der er verreiste, kurz nachdem er Cecilia begegnet war. Sie hat dann kurz danach einen anderen Job angenommen.«
Line nahm den schwarzen Aktenordner und blätterte zu einer Seite vor, die sie mit einem gelben Zettel markiert hatte. »Tone Berg?«
»Gut möglich, ich erinnere mich nicht so genau. Wir haben mit ihr gesprochen.«
Line stellte den Ordner zurück. »Wusstest du, dass Danny Flom einen Sohn hat, der in zehn Tagen sechzehn wird?«
Wisting legte den Kopf schräg und sah Line an.
»Er war zwei Mal verheiratet«, erwiderte er und rechnete im Kopf die Monate aus.
»Der Sohn wurde fünfzehn Monate nach Cecilias Verschwinden geboren«, sagte Line und ersparte Wisting die Rechnerei. »Das heißt also, dass noch nicht mal ein halbes Jahr vergangen war, bevor Danny Flom ein Verhältnis zu einem anderen Mädchen einging und sie schwängerte.«
Wisting rutschte auf seinem Sessel umher. »Woher weißt du das?«
»Facebook.«
»Facebook?«
Line schaute ihn an. »Benutzt ihr das nicht bei der Polizei?«, fragte sie.
»Vor siebzehn Jahren war das noch nicht erfunden«, gab Wisting zurück. »Das Internet war ja gerade
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