Jagdopfer
schüttelten viele Hände und nahmen jede Menge guter Wünsche und ermunternder Worte entgegen, während sie darauf warteten, dass Hilfssheriff McLanahan endlich auftauchte. Joe hatte seine sechsjährige Stute Lizzie, einen Apfelschimmel, dabei. Er fühlte sich, als seien Wacey und er die Stars der Footballmannschaft von Saddlestring. Kaum gingen sie ein paar Schritte über den Platz, schon klopften ihnen Männer von allen Seiten auf die Schultern und klapsten ihnen auf den Hintern. Und viele sagten, sie wären selbst so gern dabei.
Schließlich kam McLanahan und war wie für einen Feldzug gerüstet. Was er da angeschleppt hatte, wäre für allradbetriebene Jeeps und Lkws geeignet gewesen. Leider aber wollten die drei in ein bekanntermaßen wegloses Gebiet im Bundeswald aufbrechen, in das man nur zu Pferd oder zu Fuß kam. Im Geländewagen und im Pferdeanhänger hatte McLanahan große, schwere Ausrüsterzelte mitgebracht, dazu Schlafsäcke, einen Propangasofen, Decken, gusseiserne Bratpfannen, Schmortöpfe, eine komplette Funkausrüstung und eine Geschirrkiste voller Teller, Becher, Gläser und Besteck, die allein schon gut anderthalb Zentner wog. Und die Ladefläche seines Kombis war voller Waffen. Der hat wohl das Arsenal des Sheriffs geplündert, dachte Joe. Da lagen mehrere durchschlagkräftige Gewehre mit Nachtvisier - ideal für Heckenschützen.
Daneben ein paar halbautomatische Karabiner, mit denen man gepanzerte Fahrzeuge knacken konnte. Und ein paar Maschinenpistolen, Schnellfeuergewehre und halbautomatische Schrotflinten. »Der typische Barnum-Overkill«, spöttelte Wacey laut genug, damit es alle hörten. Einige lachten. »Meine Fans«, flüsterte er Joe zu.
Barnum befahl den drei Reitern, so viel wie möglich aufzuladen, und prompt stopfte McLanahan die Satteltaschen voll, während Joe und Wacey sich nur verblüfft ansahen. Barnum stellte klar, dass er hier das Kommando habe und die beiden Jagdaufseher ihm unterstellt seien. So war es in solchen Fällen offiziell geregelt. Er riet den beiden - und zwar »mit allem Nachdruck« -, sich besser zu bewaffnen. Bis jetzt trugen sie nämlich nur ihre Pistolengurte. Joe hatte seinen Revolver dabei, mit dem er noch nie im Ernst geschossen hatte und der ihm einmal von Ote Keeley gemopst worden war. Wacey trug eine halbautomatische Pistole. Schließlich ließ er sich breitschlagen und schnallte an seinem Sattel ein Futteral fest, das einen Karabiner enthielt. Wacey und Joe packten nun mit an, um McLanahan - einem jungenhaft aussehenden Mann, der früher für die Betreuung und Fortbildung studierender Reserveoffiziere zuständig gewesen war - zu helfen, die Satteltaschen der beiden Packpferde vollzuladen, damit sie endlich aufbrechen konnten.
Barnum spottete darüber, dass Joe - statt sich im Arsenal des Sheriffs zu bedienen - seine eigene Schrotflinte mitnahm, die in erster Linie für die Vogelpirsch geeignet war. Wenn er schon unbedingt mit einer Flinte losziehen wolle, dann doch wenigstens mit einer von denen, die McLanahan mitgebracht habe. Joe erklärte, er besitze
dieses Gewehr seit seiner Jugend und fühle sich damit wohl. Er war als hervorragender Schütze bekannt, wenn es um Federwild oder Tontauben ging, also um alles, was flog. Merkwürdigerweise traf Joe nur selten feste Ziele, fast immer aber das, was sich bewegte oder aufgescheucht aus dem Gebüsch hervorbrach. Es mochte wieselflink sein - Joe traf trotzdem, aus Instinkt und weil er sehr reaktionsschnell war und nie groß zielte. Wenn er dagegen über Kimme und Korn peilte, schoss er daneben. Joe war durch die erste Prüfung im Pistolenschießen gefallen und hatte den zweiten - und letzten - Versuch nur gerade eben bestanden. Während er die drei Fasane, die ihm pro Saison zustanden, mit drei Schüssen spielend aus der Luft holen konnte, gelang es ihm auf dem Schießplatz einfach nicht, einen reglosen Pappkameraden zu treffen. Barnum überredete Joe schließlich, seine Flinte wenigstens mit sehr grobem Schrot zu laden, mit dem er notfalls »ein Haus umblasen« könne. Zwar dachte Joe, dass es schon reichlich seltsam war, die Flinte, mit der er seit seiner Jugend Enten und Waldhühner geschossen hatte, mit Patronen zu laden, die einzig und allein einen Menschen töten sollten. Aber er tat es doch und packte zusätzlich zwölf Schuss in seine Satteltasche.
Barnum nahm Joe und Wacey kurz beiseite, als sie darauf warteten, dass Hilfssheriff McLanahan mit dem Festschnallen der Satteltaschen fertig
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