Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jagdopfer

Jagdopfer

Titel: Jagdopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
macht mir keine Schande.‹« McLanahan lachte.
    Wie Barnum war auch Vern eine Art Legende - der beliebteste und einflussreichste Jagdaufseher, den es in dieser Gegend je gegeben hatte. Und ein lokalpolitisches
Schwergewicht. Einer, der jeden Morgen um zehn mit den Stadträten im Alpine Kaffee trank. Einer, der nicht nur knallhart gegen Wilderer und Jagdfrevler vorging, sondern auch dafür bekannt war, die eine oder andere Anzeige unter der Hand zu regeln und einige Einheimische laufen zu lassen. Obwohl Vern in erster Linie Beamter war, sah er sich immer gern als Unternehmer. Er gab damit an, schon einunddreißig Jahre Geschäftserfahrung zu haben. An irgendeiner Firma in Saddlestring war er immer beteiligt, mal am Anzeigenblatt, mal an einer Videothek, dann an einem Laden für Satellitenschüsseln oder am Lokalradio. Er hatte immer ein, zwei Partner, und die verschwanden nach einiger Zeit - warum auch immer - aus der Stadt, und Vern übernahm den Laden ganz, verkaufte ihn und zog die nächste Sache auf. Manche meinten, er sei ein guter Geschäftsmann. Die meisten sagten, er sei einfach nur geldgierig und plündere jede seiner Firmen methodisch aus, bis seine Partner angewidert und aus Angst vor der Pleite ausstiegen. Vern Dunnegan warf einen großen Schatten. Laut Marybeth reichte er so weit, dass Joe bisher im Twelve Sleep County noch nicht viel Sonne gesehen hatte. Vern hatte die Aufsicht über Wacey und Joe gehabt und beide im Gelände ausgebildet. Keiner wusste mehr über die Gewohnheiten und Methoden von Wilddieben und Jagdfrevlern - oder über die hässliche Seite von Menschen in der freien Natur - als Vern Dunnegan.
    Wahrscheinlich hatte es auch an Verns langem Schatten gelegen, dass Joe am Morgen nicht über Ote Keeleys großen Auftritt im Zeltlager informiert worden war. Vor einem halben Jahr hatte Vern als Jagdaufseher aufgehört, um für einen großen Energieversorger als leitender Mitarbeiter
im Außendienst tätig zu sein. Er sollte sich um den Kontakt zu Städten und Gemeinden kümmern, was immer das heißen mochte. Damals waren Gerüchte umgegangen, Vern verdiene inzwischen mehr als dreimal soviel wie früher.
     
    Sie sprachen ihren Plan und die möglichen Probleme durch. Vor Morgengrauen würden sie sich von drei Seiten an das Jagdlager anschleichen und es umzingeln. Wacey sagte, er werde sich mit Joe und McLanahan per Handzeichen verständigen. Sollten Leute im Lager sein, würden sie sie so schnell wie möglich einkreisen und entwaffnen.
    »Wir wissen nicht, ob die beiden anderen etwas mit den Schüssen auf Ote zu tun haben«, meinte Wacey. »Kann sein, dass Ote auf eigene Faust aus dem Lager aufgebrochen, in irgendeine üble Sache geraten und dann mitten in der Nacht zu Picketts Haus geritten ist. Die beiden wissen womöglich gar nicht, was passierte.«
    »Andererseits …«, unterbrach McLanahan und konnte seine Aufregung, womöglich mal in ein echtes Abenteuer zu geraten, kaum beherrschen.
    »Andererseits könnten sie mit dem alten Ote gebechert, sich gestritten und ihm ein paar Kugeln verpasst haben«, brachte Hedeman McLanahans Satz zu Ende. »Also müssen wir einfach auf alles vorbereitet sein.«
    »Wenn sie wirklich was mit dieser Sache zu tun haben, sind sie vielleicht gar nicht mehr dort«, sagte Joe. »Gut möglich, dass sie sich letzte Nacht abgesetzt haben und schon in Montana sind.«

    Joe lag im Schlafsack, aber einschlafen konnte er nicht. Genauso wenig wie Wacey und McLanahan, vermutete er. Die Sterne waren draußen, und es war kälter, als er erwartet hatte. Joe konnte im Sternenlicht seinen Atem sehen.
    Sein Revolver lag neben ihm im Schlafsack. Er tastete im Dunkeln danach und spürte die Rillen und Rippen des Griffs.
    Joe dachte an seine Töchter. Es war erst halb zehn, schien aber viel später. Beide waren wohl schon im Bett, doch vermutlich noch nicht eingeschlafen. Mehr als wahrscheinlich, dass sie in dem Motelzimmer reichlich aufgedreht waren. Sheridan las ihrem Teddy jetzt wohl was vor oder redete wie ein Wasserfall auf ihn ein. Früher hatte sie das abends immer mit ihrem Kätzchen gemacht und davor mit ihrem jungen Hund. Marybeth las Lucy vermutlich eine Geschichte vor oder kuschelte mit ihr, bis sie eingeschlafen war. Sheridan würde bestimmt immer wieder aus dem Fenster sehen, ob noch mehr Monster kämen.
    Joe fragte sich, wie der heutige Vorfall wohl auf die Mädchen wirken werde, vor allem auf Sheridan. Denn nach Monstern Ausschau zu halten und sie tatsächlich zu

Weitere Kostenlose Bücher