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Jagdopfer

Jagdopfer

Titel: Jagdopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
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vertrauten Laute. Sofort war sie wieder froh.
    Aber die Geräusche kamen nicht aus dem Holzstapel. Sie stand ganz still da, lauschte mit gespitzten Ohren und lächelte.
    Als sie die Laute wieder hörte, wandte sie ihnen den Kopf zu. Das kam von hinterm Stapel, von hinterm Zaun, von hinter den Büschen. Sheridan stellte fest, dass sie durch die Sträucher auf die abblätternde Farbe der Garagenrückwand sah.
    Sie fand die Tiere. Aus irgendeinem Grund waren sie umgezogen. Das Geräusch drang durch die dichten Fliederbüsche, und sie kroch ihm auf Händen und Füßen entgegen. Sheridan kannte die Gegend rund ums Haus so gut, dass sie sicher war, wo sie ihre Tiere finden würde - unterm Fundament der Garage, dessen Beton einige starke Risse aufwies, die in einen dunklen Hohlraum führten. Einmal hatte Sheridan einen langen Stock durch die Risse geschoben, um herauszufinden, wie groß die Höhle war, hatte aber keine Seitenwand ertasten können. Dort würde sie die Tiere sicher finden.
    Kaum hatte Sheridan sich durch die Büsche gearbeitet, sah sie, wie Lucky den Kopf aus einer Ritze steckte und gleich wieder unter der Garage verschwand.
    »Mann, bin ich froh, euch zu sehen«, sagte sie und warf das ganze Futter in die Höhle. »Das dürfte für eine Weile reichen.« Sie war vor Erleichterung ganz aus dem Häuschen. »Ich komm so bald wie möglich wieder. Da könnt ihr euch drauf verlassen.« Nachdem sie sich vor kurzem furchtbar schlecht gefühlt hatte, ging es ihr nun besonders gut.
    »Ihr seid ganz schön schlau.« Sheridan lächelte und
stülpte ihre Taschen um, damit sie noch den letzten Sonnenblumenkern erwischte. »Hier ist es viel sicherer.«
    Sheridan mochte nicht wieder durch die Büsche kriechen. Stattdessen hüpfte sie an den Fliedersträuchern entlang zum Ende des Zauns, wo die Koppel begann. Von dort wollte sie durch das Tor, durch das das Monster gekommen war, zum Haus zurückkehren.
    Bei der Koppel angekommen, sah sie am Fenster der Holzscheune das Gesicht eines Mannes. Das ließ sie unvermittelt anhalten.
    Das Gesicht zog sich vom Fenster ins Dunkle zurück und tauchte dann am Scheunentor wieder auf. Jetzt konnte Sheridan den Mann im Ganzen sehen. Er stand im Licht, trat aber nicht auf die Koppel hinaus. Er winkte, sie solle zu ihm kommen. Und er lächelte. Sie hatte Recht gehabt - sie war tatsächlich beobachtet worden.
    Sheridan vermochte sich nicht zu rühren. Sie hatte furchtbare Angst und wusste nicht, ob sie nach ihrer Mutter schreien oder zum Hoftor rennen sollte. Oder zurück zur Garage? Doch der Mann könnte ihr folgen und würde vielleicht die Tiere entdecken.
    »Du bist Sheridan, oder?«, fragte der Mann so leise, dass sie ihn gerade eben hören konnte. »Ich muss mal kurz mit dir reden. Hab keine Angst«, fuhr er fort. »Ich kenne deinen Dad.«
    Doch, der sieht mir bekannt aus, dachte Sheridan. Sie hatte ihn schon mal mit Dad gesehen, aber keine Ahnung, wie er hieß. Vielleicht hatte sie seinen Namen früher mal gewusst und inzwischen vergessen. Es kamen ja jede Menge Leute vorbei, weil sich im Haus auch Dads Büro befand. Als man den Toten gefunden hatte, waren richtig viele Menschen auf einmal da gewesen. Sheridan wusste,
dass sie nicht mit Fremden reden sollte. Aber wenn der Mann Dad kannte und ihren Namen - war er dann eigentlich ein Fremder? Sollte sie jetzt zu ihm gehen? Oder doch lieber nach ihrer Mutter rufen oder weglaufen? Wenn er gesehen hatte, dass sie die Tiere fütterte, sagte er das womöglich ihrer Mom. Und wenn sie schreiend davonliefe, wäre das ihrem Vater vielleicht peinlich.
    Der Mann lächelte noch immer und winkte sie weiter zu sich.
    Sie trat mit steifen, schweren Beinen auf ihn zu, und ihre Augen waren weit aufgerissen. Dann bückte sie sich durch die Stangen der Koppel. Der Mann blieb noch immer am Scheunentor. Plötzlich erkannte Sheridan, dass er so stand, dass man ihn vom Haus aus nicht sehen konnte, und sie begriff, dass sie die falsche Entscheidung getroffen hatte. Sie drehte sich um und wollte weglaufen, aber er war sofort bei ihr und riss sie mit einem Ruck ins Dunkel der Scheune.
    Dort presste er sie gegen die Heuballen und erstickte ihr Schreien mit der Hand. Sein Gesicht war ihr so nah, dass seine Hutkrempe gegen ihre Stirn stieß und sein Atem ihre Brille beschlagen ließ.
    »Tut mir leid, Kleine, aber das musste sein«, flüsterte er, als sie aufgehört hatte, sich zu wehren. »Wirklich. Schade, dass du auf diesem Weg in den Hof gegangen bist. Ich hab dich

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