Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jagdopfer

Jagdopfer

Titel: Jagdopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
gibt es für sie in den Bergen jede Menge Wapitis und Elche, die wie Bisons den Boden aufwühlen.
    Und Vern hatte Recht - würde eine Miller-Wiesel-Kolonie entdeckt, käme diese Neuigkeit innerhalb weniger Stunden übers Internet bei Wissenschaftlern und Umweltschützern an. Das würde der ohnehin schon dahinsiechenden Stadt Saddlestring, Wyoming, einen gewaltigen Schlag versetzen, und Joe war sich nicht sicher, ob sie sich davon erholen könnte. Beamte aus verschiedenen Bundesbehörden kämen angereist. Und Journalisten, Biologen und Umweltschützer aus aller Welt. Alle würden ihre eigenen politischen Ziele verfolgen. Viehzüchter, Holzfäller und Ausrüster, überhaupt die Bewohner von Saddlestring wären ihnen nicht gewachsen.
    Joe hatte bis jetzt keine klaren, vorzeigbaren Beweise für die Existenz des Miller-Wiesels. Aber wenn man die Geschehnisse der letzten Wochen in einem gewissen Licht betrachtete - einem Licht, das dem Sonnenuntergang von vorhin ähnelte, der die Pronghorns im Unterholz hatte leuchten lassen -, schien alles darauf hinzudeuten, dass eine Tierart, die seit hundert Jahren als ausgestorben galt, in den Bighorn Mountains lebte und gedieh. Und dass drei Männer, die das herausgefunden hatten, ermordet worden waren. Laut Sheriff Barnum und der Kriminalpolizei war Clyde Lidgard der Mörder. Doch wenn er es
nicht war? Joe glaubte nicht besonders fest an Clydes Unschuld, doch er fragte sich, wer es sonst gewesen sein konnte. Und warum seine Kollegen, die doch an der Ermittlung des wahren Schuldigen das größte Interesse haben sollten, so offensichtlich desinteressiert waren und versuchten, ihn von der ganzen Sache abzulenken.
    Im Dunkeln lächelte Joe bitter.
    Er hatte nur drei Tage, um diese Fragen zu beantworten. Und er war ganz auf sich gestellt.
     
    In Waltman kaufte Joe in einem Gemischtwarenladen - dem einzigen im Umkreis von fünfzig Kilometern - einen großen Flachmann Bourbon und eine Sechserpackung Bier. Der alte Mann hinterm Tresen, dem der Laden gehörte, hatte nicht nur ein Auge verloren, sondern auch den linken Unterarm. Den leeren Ärmel seines schmutzigen, goldfarbenen Cowboyhemds hatte er gar nicht erst hochgesteckt, sondern ließ ihn wie einen gebrochenen Flügel herabhängen, als er Joes Einkäufe in die Kasse tippte. Ja, sagte er, das Telefon draußen funktioniere noch.
    Joe verließ den Laden, nahm den Hörer ab und wählte. Dann öffnete er ein Bier und lehnte sich an die rosafarbene Hauswand. Im Schein der Bierreklame, deren Neonröhre über dem Schaufenster brummte, erschien sein Gesicht hellblau.
    Schließlich ging Dave Avery, Joes Freund aus der Jagd- und Fischereibehörde von Montana, in seinem Haus in Helena ans Telefon. Joe hörte, dass im Hintergrund ein Footballspiel im Fernsehen lief. Er fragte Dave, ob er die Probe schon analysiert habe, die er ihm geschickt hatte.
    »Willst du mich verschaukeln, Joe?«, fragte Dave
misstrauisch. »Versuchst du, mir einen Streich zu spielen?«
    Also hatte Dave die Kotkügelchen bekommen und untersucht.
    »Wie kommst du darauf?«
    Dave schnaubte. Er war angeheitert. Sicher hatte er schon ein paar Bier intus. »Das weißt du doch, Joe. In der Probe war von allem etwas - ein bisschen Kiefernzapfen, Pflanzenreste, Knorpelspuren, sogar Wapitifell. Könnte von einem Fuchs sein oder so. Aber dafür sind die Kügelchen viel zu klein. Du hast gewonnen - ich hab keine Ahnung, von welchem Tier das stammt. Ich dachte, ich brauch nur drei Stichproben, um den Kot sicher zu bestimmen, oder noch weniger. Aber ich bin verdutzt, verstummt und fix und fertig.«
    Das bestätigte Joe, auf der richtigen Spur zu sein.
    »Schon mal vom Miller-Wiesel gehört?«
    »Wovon?«, fragte Dave und lachte dann. Er war nicht überzeugt. Beide schwiegen einige Zeit. Dave Avery kannte sich mit den Tierarten der Rocky Mountains gut aus. Nicht nur mit denen, die jetzt im Gebirge lebten - auch mit denen, die früher dort beheimatet waren. »Ist das wirklich dein Ernst?«, fragte er dann. »Hast du tatsächlich welche gesehen?«
    Joe berichtete, was geschehen war, wo er den Kot gefunden hatte und was er vermutete. Dave sagte nur immer wieder »Donnerwetter«.
    »Ist dir klar, worum es hier möglicherweise geht?«, fragte er, als Joe fertig war. »Wenn die in Washington dahinterkommen, geht’s rund.«
    »Das ist gerade meine kleinste Sorge. Aber kannst du mir noch einen Gefallen tun?«

    »Schieß los.«
    »Mach bitte noch ein paar Tests, um sicherzugehen, dass wir beide

Weitere Kostenlose Bücher