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Jagdsaison. Roman.

Jagdsaison. Roman.

Titel: Jagdsaison. Roman. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Ist der Klositz vielleicht sein Privateigentum? Hat er Angst, daß ich ihn abnutze?«
    Gregorio Gulisano bemühte sich krampfhaft, nicht die Beherrschung zu verlieren, klappte den Mund auf, sprach aber kein Wort. Schweigen breitete sich in der Runde aus. Der junge Marchese Peluso rührte sich nicht, er hatte eine Hand um die Stuhllehne gelegt, die andere ruhte schwer auf dem kleinen Tisch. Marchese Fiannaca zählte vorwärts und rückwärts die Unzen und Tari, die vor ihm lagen; der Jungbaron Uccello starrte unablässig auf den Haufen.
    Nach angemessener Pause ergriff Filippo Peluso erneut das Wort. »Entweder der Herr Gulisano hat die Güte, eine Erklärung abzugeben, oder in einer Minute hol ich mein Ding hier vor aller Augen raus und setz den Tisch unter Wasser, denn ich kann es nicht mehr halten.«
    Marchese Fiannaca war mit den bizarren und verwegenen Einfällen des jungen Marchese bestens vertraut, und er wußte, daß die Drohung nicht nur leichtfertig ausgesprochen war. Er beschloß dazwischenzugehen. »Mein guter Gulisano«, sagte er, »wollt Ihr mir einen ganz persönlichen Gefallen tun und Freund Peluso Eure Bemerkung erklären? So bringen wir die Sache hinter uns und können weiterspielen.«
    Fiannaca war ein guter Kerl, kein Schwätzer, maßvoll in seinem Urteil. Doch auf dem ganzen Erdenrund wußte jedermann, daß es nicht ratsam war, ihm eine Bitte abzuschlagen.
    »Weil er mich rasend macht«, zischte Gregorio Gulisano. »Zuerst nervt er einen jahrelang mit der Geschichte vom schwachen Harndrang, Ursache dafür, daß er fett ist wie ein Schwein. Dann erzählt er einem noch von A bis Z die ärztliche Untersuchung, die er in Palermo über sich hat ergehen lassen müssen, so daß einer zwei Tage lang kotzen muß; er erklärt außerdem, daß er nur in Rückenlage und nicht wie alle Christenmenschen dieser Welt ficken kann. Und dann kommt er heute abend hierher und geht alle halbe Stunde pissen, so daß ich beim Spielen nicht mehr durchblicke.«
    »Wie erklärt Ihr die Geschichte, Marchese?« fragte Fiannaca, die Rolle des Vermittlers vorantreibend.
    »Das sind die vier Wunderbirnen gewesen, die Santo La Matina meinem Vater gegeben hat. Aber jetzt, wenn Ihr gestattet, darf ich mal?«
     
    »So weit, so gut«, schloß Don Filippo seine Rede. »So kam es, daß der Name deines Vaters fiel, der Feldhüter auf einem unserer Landgüter war. Mein Vater und dein Vater waren einander wohlgesinnt und wechselten hin und wieder ein Wörtchen miteinander. Als Santo erfuhr, daß ich vor Fettleibigkeit nicht mehr gehen konnte, sagte er, daß er ein Mittel dagegen habe, und schickte mir die Birnen. Als die Birnen aufgegessen waren, ging ich zu ihm und bat um Nachschub. Dein Vater und ich ritten von eurem Häuschen aus los. Der Weg führte über den Berg Crasto, und nach zwei Stunden gelangten wir auf den Gipfel des Omo Morto. Das war eine gottverlassene Gegend, in der sich nicht einmal die Schlangen heimisch fühlten. Wir begannen mit dem Abstieg, nichts als Steine, und an einer bestimmten Stelle war das Tal von einer Masse Felsbrocken versperrt. Wir banden die Pferde fest und zwängten uns durch einen schmalen Felsspalt. Als ich auf der anderen Seite herauskam, war ich im Garten Eden. Das Stück Erde war nur knapp zwei Hektar groß, aber dort wuchs alles, was das Herz begehrt: Nektarinen, Frühbirnen, Ebereschen, Pfirsiche, Orangen, Zitronen, Trauben, süße und bittere Mandeln, Pistazien, grüne Kichererbsen, Tomaten, Saubohnen, Erbsen… All diese Bäume und Pflanzen gediehen Seite an Seite und standen stets in voller Blüte ungeachtet der jeweiligen Jahreszeit. Wie Santo das machte, zum Teufel, wußte nur er.«
    Ungerührt hatte Fofò der Schilderung zugehört. Mit ruhiger Stimme erklärte er: »Er fickte den Erdboden und die Pflanzen.«
    »Willst du mich für blöd verkaufen?«
    »Das würde ich mir nie erlauben, Don Filippo. Ich erzähle Ihnen etwas, was ich noch nie jemandem verraten habe. Mit eigenen Augen habe ich es gesehen, als ich mich schlafend stellte. Er bohrte ein Loch in den Erdboden oder in den Stamm eines Baums und begann mit der Fickerei. Sein Sperma war der Dünger. Nicht immer tat er es, nur in bestimmten Nächten, wenn es ihm die Nebelkrähe sagte, mit der er sich unterhielt.«
    »Mit einem Vogel?«
    »Nun, er sprach auch mit Ameisen, Blindschleichen, Eidechsen und anderem Getier. Bei den ersten Malen dachte ich, mein Vater sei übergeschnappt und spräche mit dem Heiligen Geist.«
    »Wieso, ist bei

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