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Jagdsaison. Roman.

Jagdsaison. Roman.

Titel: Jagdsaison. Roman. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Mutter sehen und fand Don Filippo schlummernd in ihrem Zimmer vor. Sie zog die Tür wieder zu, ohne ihn zu wecken.
     
    Im Galopp, als sei ihm jemand auf den Fersen, ritt der Marchese zum Gut Zubbie und sprengte mit solchem Ungestüm auf den Vorplatz, daß er Trisìna, Maddalena und Pirrotta, der sich von den Frauen verabschiedete, um nach Pian dei cavalli zurückzukehren, einen gehörigen Schrecken einjagte.
    »Natà, kannst du nicht noch einen Tag bleiben? Du mußt mir nämlich etwas erklären.«
    Nach dem Abendessen setzten sich die beiden am Brunnen nieder: Der Marchese wollte wissen, wie er es anstellen mußte, um einen kleinen Kamin in seinem Gemach zu mauern.
    »Warum rufen Sie keinen Kaminbauer?«
    »Weil ich ihn eigenhändig bauen will. Kein Zweifel, ich bin dazu imstande. Außerdem brauche ich einen Zeitvertreib.«
    »Aber dafür muß man aufs Dach steigen, und das ist gefährlich. Meine arme Frau hatte da so ihre Erfahrungen.«
    »Pirrò, ich mach das so, wie ich will. Hast du das Werkzeug dafür?«
    »Im Haus gibt es alles, was man dazu braucht.«
    Nach diesen Erklärungen verspürte er große Müdigkeit. Er verabschiedete Pirrotta, der bei Morgengrauen aufbrechen wollte und im Stall schlafen würde, um den beiden Frauen keine Unannehmlichkeiten zu bereiten, und zog sich auf sein Zimmer zurück. Er blieb noch eine Weile sein Pfeifchen schmauchend am Fenster sitzen, bevor er mit hängenden Lidern ins Bett kroch. Kaum lag er flach, wich jegliche Müdigkeit wie durch einen Zauberstreich von ihm. Stundenlang wälzte er sich hin und her, und das Bettuch wickelte sich wie ein Strick um seinen schweißnassen Leib. Erneut am Fenster sitzen und den Morgenstern anschauen, das war das einzige, was ihm zu tun einfiel. Er hörte, wie Pirrotta im Stall das Maultier sattelte und aufbrach. Er wartete, bis bei Anbruch der Morgenröte der Silberstreifen des Meeres am Horizont zu sehen war, und legte sich wieder ins Bett, die Augen weit aufgerissen, die Hände unterm Nacken gefaltet. In dieser Position fand ihn Trisìna; sie legte sich neben ihn und küßte ihm die haarige Achselhöhle.
    »Wir haben Zeit, soviel wir wollen«, sagte sie. »Ich habe die Alte betäubt.«
    »Was hast du gemacht?«
    »Ich habe ihr etwas Mohnabsud unter die Suppe gemischt. «
    »Aber wird ihr das nicht schaden?«
    »Nein, Euer Ehren. Ich habe es ausprobiert, als Euer Wohlgeboren nicht da waren. Sie schläft damit bis in den späten Vormittag und klagt nur über ein wenig Kopfweh.«
    Dann begann sie, ihn zu betasten, und brach in Lachen aus. »Und auch Ihr, Exzellenz, habt Euch ein Schlafmittel geben lassen? Jetzt wecke ich ihn so, wie es Euer Ehren gern haben.«
    Sie schlug das Leintuch beiseite und glitt am Körper des Marchese entlang, der aber packte sie an den Haaren und hieß sie stillhalten.
    »Laß ihn in Ruhe«, sagte er. »Heute morgen ist er etwas schwermütig.«
     
    Donna Matilde traf ihre Entscheidung gegen Mitte Januar. Gerade hatte man ihr das Mittagessen gebracht und auf einem kleinen Tisch vor ihr angerichtet, als Ntontò ein heftiges Gepolter aus dem Zimmer der Mutter hörte. Der Tisch war umgekippt, die Teller waren zu Bruch gegangen, und die Fleischbrühe und das wachsweiche Ei sickerten in den Teppich.
    »Ist Ihnen das umgefallen?«
    »Ts«, machte Donna Matilde, das Kinn hebend.
    »Und wie geschah es also?«
    »Ich war’s, mit Absicht.«
    »Und warum?«
    »Ich habe es satt.«
    »Das Essen?«
    »Ts.«
    »Das ständige Sitzen?«
    »Ts.«
    »Was dann?«
    »Alles.«
    Von diesem Tag an war sie um nichts auf der Welt mehr zu bewegen, irgend etwas, auch nicht den kleinsten Bissen, zu sich zu nehmen. Sie lag einfach nur im Bett, hielt sich mit ein wenig Wasser aus dem Becher auf ihrem Nachtschränkchen am Leben und wollte mit niemandem mehr sprechen, nicht einmal mehr mit Ntontò. Der Doktor breitete resigniert die Arme aus, als er sie untersucht hatte.
    »Damit habe ich jeden Tag gerechnet. Sie ist nicht krank, nein, das ist sie nicht, ihr ist einfach die Lust am Leben vergangen.«
    Ntontò wollte nichts unversucht lassen und schickte nach Fofò La Matina. Der Apotheker, freundlich und hilfsbereit, wie er war, untersuchte die Marchesa und bestätigte, was Doktor Smecca gesagt hatte. Darauf ging er wieder in seine Apotheke.
    Eine Stunde später sprach er erneut bei Ntontò vor. »Machen wir ein Experiment«, sagte Fofò und schüttete den Inhalt eines Tütchens in Donna Matildes Glas. »Das müßte ihren Appetit wecken.«
    Bei der

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