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Jagdzeit

Titel: Jagdzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Toman
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drücke ich mich zum dreihundertsten Mal durchs Menü und führe die manuelle Netzsuche durch, mit dem Erfolg, dass meine Akkukapazität nun auch
noch reduziert ist, netzmäßig aber keinerlei Veränderung eintritt. Das. Ist. Nicht. Mehr. Lustig!
    Das hätte ich dir gleich sagen können. Es sind die Bäume. Und die Berge. Eine netzfeindliche Kombination, meine Liebe. Nicht einmal Notrufe lässt das zu. Du verschwendest nur Energie.
    »Unsinn!«
    Ich halte das Gerät noch ein Stückchen höher in die Luft, während ich zwischen zwei riesigen, knorrigen Bäumen durchgehe. Zweieinhalb Sekunden später schlage ich dumpf auf. Der Boden unter meinen Füßen hat einfach nachgegeben, mit einem morschen Knacken ist etwas gebrochen, das das Loch bedeckt hat, über das ich blind gelaufen bin.
    Holz, Erde und kleine bis mittlere Steine prasseln auf meinen Kopf, den ich, leicht benommen, mit den Armen zu schützen versuche, während ich mich bemühe, den Schock dieser neuen Misere zurückzudrängen.
    Eine Falle, mitten im Wald! War ja klar! Ich habe keine Ahnung, wie groß das Waldgebiet ist, in dem ich mich befinde, doch zielsicher haben meine zwei linken Großstadthacken jene Stelle gefunden, die ein etwa drei Meter tiefes Loch unter sich verbirgt. In diesem hocke ich nun, immer noch erschrocken hustend und spuckend mit wild klopfendem Herz und raufe mir die mit Dreck und Käfern gespickten Haare. Wie viel ich von dem Zeug geschluckt habe und wie viel mir in die Ärmel und den Kragen gerutscht ist, möchte ich erst einmal nicht so genau wissen. Ich atme tief ein und muss sofort niesen. Meine Unterlippe schmeckt blutig, anscheinend hab ich daraufgebissen. Verdammte Sch…
    Spiel jetzt nicht wieder den Megajammerlappen! Contenance! Also: Punkt eins: Wie schlimm ist es?

    Vorsichtig bewege ich ein Körperteil nach dem anderen. Es schmerzt, vor allem in den Knien und Knöcheln, auf denen ich mit voller Wucht gelandet bin. Ich strecke die Beine stöhnend aus und ziehe sie wieder an. Alles genau da, wo es hingehört, abgesehen von meinem Hintern, der sich in einem mehrstufigen Massagesessel befinden sollte, nicht in einem erdigen Waldloch. Bis auf ein paar potenziell violettblaue Flecke, eine angebissene Lippe und die eine oder andere Prellung scheine ich aber unverletzt zu sein.
    Anfängerglück! Punkt zwei: Wie schlimm kann es werden?
    Ich sehe mich um. Offensichtlich bin ich in eine längst vergessene Wildtierfalle getappt. Heutzutage jagen Jäger mit anderen Mitteln. Doch warum wurde diese hier dann nicht zugeschüttet? Das ist eine Gefahr für harmlose Waldspaziergänger!
    Vielleicht gibt es keine harmlosen Waldspaziergänger in dieser Gegend?
    Das hätte, meiner bisherigen Erfahrung mit diesem Ort nach, eine gewisse Logik. Was mich wundert, ist, dass der Boden der Falle nicht mit Blutflecken oder Krallenspuren diverser unglücklicher Tiere bedeckt ist, die ebenso ungeschickt wie ich hineingestolpert sind. Doch dieses Erdloch ist sauber. Viel zu sauber. Als wäre erst kürzlich jemand hier gewesen und hätte es für frische Opfer (speziell mich?) präpariert.
    Hektisch taste ich zwischen dem herabgefallenen Geäst nach meiner Tasche. Ich finde sie etwa einen Meter entfernt und drücke sie an mich, als wäre sie eine tröstliche Wärmflasche oder einfach der letzte Rest Normalität. Mit geschlossenen Augen warte ich ab, bis mein Puls wieder gleichmäßig schlägt, dann hebe ich den Kopf und sehe nach oben. Raus hier! Bloß wie? Die Falle ist ganz schön tief!

    Vorsichtig strecke ich die Hände seitwärts, mit der Absicht, die ungefähre Größe meiner Grube auszuloten. Ich bringe mich ächzend in eine kniende Position, wobei ich mit der Schuhspitze an etwas stoße. Offensichtlich ist das Loch doch nicht komplett leer. Ich taste nach dem Gegenstand, greife danach und drehe ihn ungläubig in der Hand. Eine leere Flasche. Nein, Moment, nicht leer, da steckt etwas drin! Verblüfft fische ich ein altes, vergilbtes Blatt Papier aus dem Flaschenhals. Eine Flaschenpost mitten im Wald? Dem Papier sowie der Flasche selbst entströmt ein süßlicher, würziger Geruch. Was für ein Getränk wohl darin abgefüllt gewesen sein mag?
    Mit gerunzelter Stirn lese ich im spärlichen Licht mühsam die Worte, die in bereits sehr verblasster Tintenschrift auf dem Zettel stehen:
    An den Leser dieser Zeilen: Du bist auf dem richtigen Weg! Wenn
    Du auf der Suche bist, Wanderer, halte Dich an Deine Instinkte.
    Die Quelle der Inspiration spürt auf, wer

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