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Jagdzeit

Jagdzeit

Titel: Jagdzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Osborn
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dalagst.“
    „Danke.“
    „Nichts zu danken. Ich liebe dich nicht; ich brauche dich.“ Das Lächeln und Augenzwinkern sollten es als Witz erscheinen lassen, sollten andeuten, dass genau das Gegenteil gemeint war. Nur Art wusste, dass Ken genau das gesagt hatte, was er in Wirklichkeit dachte und meinte. Ken hatte sich noch nie einen feuchten Furz um irgendjemanden geschert. Aber hier und jetzt brauchte Ken ihn, und er brauchte Ken. Sie waren füreinander lebenswichtig.
    „Wer, verdammt noch mal, ist das?“, fragte er verzweifelt. „Wer?“
    „Ich würd’s dir sagen, wenn ich’s wüsste“, antwortete Ken.
    „Wie viele, denkst du, sind es?“
    „Die Schüsse, die ich gehört habe, kamen alle aus ein und demselben Gewehr.“
    Art versuchte zu überlegen. „Wenn es zwei gewesen wären, läge ich jetzt dort draußen bei Greg“, sagte er.
    Das leuchtete ein. Sie schwiegen beide. Dass der Heckenschütze kein Gesicht, keine Identität hatte, verschärfte ihre Lage. Plötzlich hatte ein unbekanntes Gewehr gesprochen, und alles hatte sich umgekehrt. Einen Augenblick zuvor war alles noch ein geiler Spaß gewesen; sie hatten Martin abgeknallt und Nancy gehetzt, hätten beinahe diesen großartigen Tag abgeschlossen und sich ordentlich einen hinter die Binde gekippt. Vielleicht ein Monopoly-Spiel am Abend, eine gute Art, sich zu entspannen, und morgen wieder ganz legales Jagen.
    Jetzt wurden sie gejagt und mussten rennen.
    Ken stand auf, schaute vorsichtig aus dem Küchenfenster und kam zurück. „Nichts“, sagte er. Er setzte sich in einiger Entfernung von der offenen Eingangstür hin und nahm noch einen Drink.
    „Was, denkst du, sollen wir machen?“, fragte Art.
    „Na ja“, sagte Ken, „wer auch immer es ist und was auch immer er will, wir müssen ihn erwischen. Er hat uns gesehen. Dich mit Sicherheit, mich höchstwahrscheinlich.“
    „Zuerst gibt es für uns Wichtigeres zu tun“, sagte Art.
    „So?“
    „Die Leichen beseitigen.“
    „Nein. Er. Er ist wichtiger.“
    „Hör zu“, beharrte Art, „sie können dich nicht für Mord drankriegen, wenn es kein Opfer gibt. Ist mir egal, wer was gesehen hat. Keine Leichen, und sein Wort steht gegen unseres.“
    „Vielleicht hat er fotografiert.“
    Art zuckte die Achseln. „Das riskier’ ich.“
    Ken überlegte und zündete sich eine Zigarette an. „Na gut“, sagte er. „Nancy sollte weg.“
    Art sagte: „Auch Greg. Wir versenken ihn zusammen mit ihr. Er ist eben verloren gegangen.“
    „Und Sue kommt hierher, mit Gott weiß wem, und fängt an, ihn zu suchen.“ Echter Zorn lag in Kens Stimme.
    Art beruhigte sich. „Und?“
    „Und dann fängt vielleicht jemand an, Fragen zu stellen.“
    „Wer sollte ihnen antworten?“
    „Das ist doch scheißegal. Ich will erst gar keine Fragen. Du etwa?“
    Das Argument war unschlagbar. Art versuchte es im Geiste, aber es gelang ihm nicht. Ken hatte Recht. Zuerst würde Sue kommen, dann die Polizei und die Forstbeamten, ein riesiges Netz von Männern, Hunden und Helikoptern. Und er und Ken mussten so tun, als wollten sie helfen, und versuchen, ja nichts zu sagen, was ihnen gefährlich werden könnte; währenddessen würden sie sich pausenlos fragen, ob jemand Martins geparkten Wagen gefunden hatte und durch irgendeinen verrückten Zufall zwei und zwei zusammengezählt hatte, oder ob sie Blutspuren von Nancy entdeckt, sie analysiert und herausgefunden hatten, dass sie von einer Frau stammten, oder was sonst die Forensiker eben herausbekommen konnten.
    Art nahm einen großen Schluck Bourbon. „Okay“, sagte er. Er fühlte sich auf unbestimmte Art erleichtert. Alles fing an, einen Sinn zu ergeben. Sie beide würden es schon irgendwie hinkriegen. Sie waren zwei gegen einen, und sie waren gute Jäger. Und sie hatten einen großen Vorteil: Sie kannten das Terrain. Niemand konnte es besser kennen als sie. Niemand.
    Ken sagte gerade: „Wir lassen Nancy verschwinden; dann schnappen wir uns diesen Bastard und lassen ihn auch verschwinden. Selbe Art, selber Ort. Dann bringen wir Greg nach Hause, mit der Kugel im Kopf. Es war ein Unfall. Irgendein Jäger. Wir haben den Schuss gehört, den Schützen aber nie gesehen.“
    „Die Sache hat nur einen Haken“, sagte Art. „Die Kugel ging direkt durch ihn hindurch.“
    „Echt?“
    Art erinnerte sich an Gregs Hinterkopf, der völlig weggeschossen war, ein großes klaffendes Loch, wo es kein Haar mehr gab, und fast das ganze Gehirn war draußen, wie die leere Hälfte einer

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