Jagdzeit
Rändern rosa färbte, genau in der Mitte von Gregs Stirn, und als Art immer noch fassungslos glotzte, vernahm er nach einer Ewigkeit, die in Wirklichkeit nur eine Sekunde dauerte, das Echo des Schusses und begriff, dass das Geräusch weder mit ihm selbst und Greg noch mit ihren Schüssen auf Nancy zu tun hatte.
Dann knickten Gregs Beine ein, und das Grinsen immer noch auf den Lippen, die Augen immer noch lächelnd, rutschte er von der Mauer und fiel auf Nancy. Beim Aufprall jagte er alle Luft aus ihren toten Lungen, sodass sie hörbar seufzte, und dann lag Greg auf ihr, zwischen ihren gespreizten Beinen, seine Arschbacken zitterten ein letztes Mal, eine garstige Parodie seines Lebens.
19
Der zweite Schuss traf Art in den Arm. Einen Augenblick lang starrte er auf Greg, im nächsten Moment spürte er einen heftigen Schlag oberhalb des Bizeps, so gewaltig, dass es ihn fast umwarf. Er wusste, dass er getroffen war, und er wusste, dass er tot sein sollte und tot wäre, wenn er nicht schon losgestürzt wäre, um Deckung zu suchen. Er hatte den Plan des Scharfschützen vereitelt. Wer immer es war, Art hatte ihn veranlasst, zu schnell abzudrücken.
Er hörte den dritten Schuss, das Pfeifen eines Querschlägers und ein entferntes Krachen. Die dunkel gähnende Toröffnung war nur wenige Yards entfernt. Sein Jäger war nicht dort. Die Schüsse kamen von weiter weg.
Nichts, was er tat, war überlegt. Es war purer Instinkt. Er verlor fast das Bewusstsein, als er den schützenden Schatten erreicht hatte, und fiel bäuchlings hin.
Verzweifelt rappelte er sich auf, um noch ein paar stolpernde Schritte in Deckung zu machen und fiel ein zweites Mal. Er blieb liegen und spürte den beißenden Geschmack modernden Sägemehls im Mund. Und fing endlich an, bewusst zu denken. Er war außer Sicht, musste es sein. Über den rasenden Lärm seines Atems und seines Herzens hinweg, versuchte er zu begreifen.
Nancy erschossen. Dann Greg tot, zwischen die Augen getroffen. Er selbst in den Arm geschossen. Von wem? Ken? War Ken verrückt geworden? Hatte er beschlossen, auszusteigen und keine Spuren zu hinterlassen?
Das war undenkbar. Vorsichtig befühlte er seinen Arm. Er fühlte sickernde Wärme. Blut, das sein Hemd durchnässte. Wie schlimm war es? Er konnte den Arm noch bewegen, also war kein Knochen gebrochen. Und das Blut spritzte nicht hervor, also war keine Arterie getroffen. Aber, heilige Scheiße, der Schmerz! Er hielt den Atem gegen den Schmerz an. Nach einer Weile würde das Hämmern vielleicht aufhören und nur das Brennen bleiben.
Er begann, etwas klarer zu denken. Er musste raus hier. Wenn es Ken war, würde er ihn verfolgen. Er konnte nicht einfach so daliegen, ausgeliefert. Steh auf! Er erhob sich langsam, überrascht, dass er sich noch auf den Beinen halten konnte. Er fühlte jetzt, dass er, von der Wunde abgesehen, zurückschlagen konnte. Eine Art trotziger Wut, fast stärker als seine Angst, stieg in ihm auf. Er nahm sein Gewehr auf, das er fallen gelassen hatte, und klopfte einen Klumpen Sägemehl vom Ende des Laufs ab. Na schön, schieß auf mich, du Arschloch; ich werd’s dir heimzahlen. Zeig nur dein Gesicht.
Die Lichtung im Osten der Mühle war leer. Eine Rotdrossel sauste im Tiefflug von einem Baum herunter und schwang sich wieder hinauf zum Dachfirst, schwarz mit einem roten Klecks. Art stand geschützt in einem Spalt in der Südwand der Scheune und musterte wachsam das Gebüsch in der Umgebung. Das Strauchwerk ging in den Wald über, dann kam der See. Er würde die Mühle verlassen, es wagen, die Lichtung zu überqueren, dahinter Deckung suchen und dann im Galopp zur Hütte laufen.
Er blickte über die Schulter hinweg durch den Innenraum der Mühle. Er konnte niemanden sehen, niemanden hören. Niemand stand dort in der großen Toröffnung. Weiter dahinter lag Greg, tot, auf Nancy drauf.
Er verließ den Spalt, blickte nach links und rechts, schlich an der Mauer entlang bis zur Ecke. Immer noch niemand. Ein paar Eichelhäher kreischten, nicht alarmiert, sondern weil sie stritten.
Jetzt gab’s nur eins: laufen. Er konnte nicht ewig an die Mühle gefesselt sein. Selbst wenn sein Jäger nah war, sich vielleicht im Gebüsch gegenüber verbarg, würde es ihm nicht leicht fallen, ihn erneut zu treffen. Es war nicht leicht, einen schnell laufenden Mann abzuknallen.
Er duckte sich und stürzte vorwärts, wie man es ihm bei der Army beigebracht hatte, mit Sprüngen und schnellen Richtungswechseln. Er hielt nicht an,
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