Jagdzeit
See und hielt an. Die Worte waren aus dieser Entfernung unverständlich, aber er konnte immer noch die Tonbandstimme hören, von Zeit zu Zeit verweht vom abflauenden Wind, der in den Blättern raschelte und kalte, kahle Äste aneinander stieß.
Aber wo war der Mann selbst?
In der Hütte? Dahinter? Über die Lichtung, im Gebüsch? Wieder oben auf dem Steilufer?
Na schön. Sie konnten beide dieses Spiel spielen. Und eine trotzige, eiserne Entschlossenheit fegte die kalte Angst hinweg. Mit großer Vorsicht begab er sich auf den Kriechpfad durchs Gebüsch, Richtung Mühle.
Als er die Stelle erreicht hatte, die der Ostseite der Mühle am nächsten war, wartete er und schaute zurück, um sicherzugehen, nicht verfolgt worden zu sein. Dann holte er tief Luft, stand auf und rannte los.
Kein Schuss krachte, kein Schmerz traf ihn, keine Riesenhand in Form einer Kugel kam, ihn niederzustrecken. Wundersamerweise erreichte er die Mühle und warf sich neben dem groben Stein ihrer Grundmauern zu Boden. Er konnte es nicht glauben; er hatte Recht gehabt. Hier war kein Hinterhalt. Er war sicher. Wenigstens momentan.
Er legte sein Auge an eine Ritze in der verwitterten Holzbeplankung und konzentrierte sich auf das Dämmerlicht im Inneren der Mühle. Nichts zu sehen. Nur der langgestreckte, modernde Boden und in der hinteren Ecke das schattenhafte Monster des seit langem schlafenden, rostigen Dampftriebwerks.
Da wollte er hin, ganz hinten, verborgen im Eisen. Wo er beobachten und warten konnte. Eine kleine Festung, die er von Zeit zu Zeit verlassen konnte, um die Lichtungen in der Nachbarschaft zu inspizieren, und in die er sich wieder zurückziehen konnte.
Und nachts vielleicht unten im Maschinenraum, wohin die Frauen immer gegangen waren. Die Ratten würde er schon aushalten.
Er versuchte, die Planke in seiner Nähe vorsichtig loszubekommen. Sie würde brechen, aber das Geräusch des splitternden Holzes würde ihn verraten. Er musste sich also bis zur nächsten Tür, an der Nordseite, vorwagen.
Macht nichts, er kannte die Mühle und er kannte die Insel, jedes Inch. Diesen Vorteil hatte sein Verfolger nicht.
Er hielt sich knapp über dem Boden, immer mit einem Auge auf dem Gebüsch hinter der Lichtung. Er schaffte es zur Nordostecke, prüfte erneut das Innere der Mühle. Sie blieb still und leer. Er ging in die Hocke, schob sich um die Ecke, das Gewehr im Anschlag und schussbereit. Sollte da irgendjemand drinnen sein, würde er als erster feuern.
Und just während er sich bewegte und das dachte, schoss er, denn da war tatsächlich jemand.
24
Der Mann stand in zwanzig Fuß Entfernung, etwa sechs Fuß von der Seitenwand der Mühle entfernt. Kens Gewehr knallte los, so schnell er nachladen konnte und in blinder Wut feuerte er sieben Schüsse in ebensoviel Sekunden ab. Beim dritten Schuss hörte er sich selbst herausfordernd schreien. Fleischstücke flogen aus dem Oberkörper des Mannes und das Rückgrat wurde unter dem zerfetzten Hemd und den weggeschossenen Rippen sichtbar.
Er hörte auf zu schießen. Das Magazin war leer. Sein Schrei wurde zu brüllendem Gelächter, hämisch und siegestrunken. Er wollte die Leiche treten, bespucken, verschandeln und noch weiter in das zerfetzte Fleisch schießen. Dieser Hass war ihm das Süßeste, was er jemals empfunden hatte.
Er ging los und lud dabei nach. Dann blieb er abrupt stehen. Eine innere Stimme verwandelte seinen Triumph augenblicklich in Entsetzen, sagte ihm, was seine Augen gesehen, sich aber wahrzunehmen geweigert hatten.
Der Körper stand immer noch aufrecht.
Ken ging langsam auf ihn zu, vergaß seine Rückenund Flankendeckung, vergaß den ganzen schweigenden Bogen der Lichtung und des Gebüschs hinter sich. Er wusste, wer es war, sobald er das Seil sah, das an der Dachtraufe der Mühle befestigt war und unter den Achseln der Leiche durchgeführt, diese aufrecht hielt.
Gregs Augen standen offen. Ebenso sein Mund, ein hässliches dunkles Loch, das größer war, als ein Mund sein sollte, denn seine Lippen waren von Ratten abgenagt worden. Hemd und Hose waren absichtlich geöffnet worden, sodass die Ratten auch über seine Eingeweide hergefallen waren. Dunkles Blau mischte sich mit dem Gelb herausquellender Fettklumpen. Die Ratten hatten auch Gregs Genitalien weggefressen, übrig blieben nur obszöne Reste heraushängender Innereien.
Zwei Ratten lagen tot zu seinen Füßen. Sie hatten auf Greg gesessen, als Ken gefeuert hatte und waren dabei gekillt worden. Einer von
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