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Jahrestage 3 - aus dem Leben von Gesine Cresspahl

Jahrestage 3 - aus dem Leben von Gesine Cresspahl

Titel: Jahrestage 3 - aus dem Leben von Gesine Cresspahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Johnson
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ihm den Eimer hielt. Die anderen sahen Jakob an, daß er zehn Stunden lang im Gaswerk Zement gerührt oder Kohlen geschaufelt hatte, und nahmen ihn vorerst für den Mann im Haus.
    Jakob war mit sich nicht zufrieden als Vorstand des Haushalts.
    Er hatte mit Gesine durchsehen müssen, was nach der Haussuchung an Papieren ihres Vaters übrig war, richtig nahm sie jede Entscheidung für ihre eigene, für ein Stück Verschwörung, bis Cresspahls Rechnungsbücher und Zeichnungen als Blickfang in Lisbeths Sekretär ausgelegt waren und der Lebenslauf von 1935 mit den beiden Reisepässen im Keller unter der Ostecke staken, wo es keinen Keller gab. Jakob sah sich vor, und doch ging ihr auf, daß sie die Sachen sortiert hatten wie den Nachlaß eines Verstorbenen. Er war hilflos vor ihrem Gesicht, in dem die Lippen sich ein weiches Beben annahmen, weil sie ihm nicht geradezu Tränen zeigen mochte. Mit seinen Worten schaffte er es nicht, er mußte doch seine Mutter suchen, damit sie das Kind an die Schürze nahm. Abends fiel ihm ein, daß kein Teller stehen mußte, wo Cresspahl gesessen hatte. Sie begriff ihn in einem raschen Blick, der gleich zu Frau Abs weiterwischte, er sah sie denken an den Stuhl, den sie bei Cresspahls Kommen an das freie Tischende stellen wollte; ihm war doch, als wisse sie ein anderes Mittel und dürfe es ihm nur nicht nennen. Achtzehn Jahre alt, und sieht nicht, was er vor Augen hat, denn seine Mutter will es ihn nicht wissen lassen; so einer will nun die Leute selber trösten können.
    Es war nur seine Schuldigkeit, daß er Amalie Creutz abschnitt von ihrer Drahtschlinge; seine Mutter hatte ihn holen müssen, weil der alte Creutz sich nicht in das Zimmer zu der toten Schwiegertochter traute, nach fünfzig Jahren Lebens an einem Friedhof und Aufsicht bei Begräbnissen. Jakob legte die Tote aufs Bett, seine Mutter wusch sie und kleidete sie um, weil Creutz nicht wegkommen wollte von den Goldregenbüschen am Sowjetzaun und bis zum Morgen nicht ans Haus ging. Damit wollten die Abs es bewenden lassen, mehr waren sie der Fremden nicht schuldig. Abends kam Cresspahls Tochter vom Schulzug und tat unerschrocken. Sie fragte nach dem Sarg, der Verabredung mit Brüshaver, dem Gefährt für die Leiche. Sie wußte auch, daß da ein Brief für Cresspahl war, und Frau Abs gab zu, daß sie ihn in der Jacke der Toten gefunden hatte; der kam zu Cresspahls Sachen unter die Dielen. Das Kind wäre diese Familienfreundschaft allein angegangen, bedenkenlos, befremdlich geübt; da wollten die Abs lieber beistehen. Jakob reiste mit Spirituosen Marke Schlegel zu Tischler Kern nach Gneez und kam zurück mit einem Sarg, Frau Abs schrieb Gesine schulfrei, zusammen fuhren sie Amalie Creutz auf Swensons (Kliefoths) Gummikarren zum Neuen Friedhof. Jakob stand wie ein Leidtragender neben dem alten Creutz, nur weil der einen festen Griff am Arm brauchte, und Pastor Brüshaver gab auch ihm die Hand, dann seiner Mutter, dann Gesine. In den Augen Jerichows standen sie da für das Haus Cresspahl, für die Rote Armee jedoch gleichermaßen, und mochte es Cresspahl so recht sein, nützen würde es seiner Sache am Ende nicht.
    Cresspahl ein Haus aufbewahren, es hieß ja nicht nur ein ausgebrochenes Türschloß heilzuklopfen und neu einzusetzen, es war mehr als Kinder vom Hungern ablenken oder Fensterläden anbringen. Jakob konnte nur raten, ob Cresspahl seine Tochter so dauerhaft von der Großmutter ferngehalten wünschte. Er sah diese Frau Papenbrock hinter dem Ladentisch, sie konnte so wehmütig verbittert tun, wenn sie nach Gesine fragte. Er hatte sie bei der Trauerfeier für Amalie Creutz in der Kirche gesehen, ihm waren die schwimmenden Augen aufgefallen, und daß sie nicht so oft auf den Sarg gerichtet waren wie zur linken vorderen Bank, auf den Nacken der Enkelin. (Alles in Jerichow konnte Jakob nach fünf Monaten nicht wissen; die Begabung der alten Papenbrock zum Weinen ging ihm spät auf.) Sie schickte nicht nach dem Kind, sie kam es nicht holen; Jakob sah sie doch warten, einen dicken, traurig gesträubten Vogel. Meinte Cresspahl auch eine solche Gelegenheit wie Weihnachten? Sein Kind nickte. Meinte Gesine das? Sie sah ihn klaräugig an, bedachte sich gar nicht, fragte: Soll ich? Sie würde nun tun, was er sagte, er war an Cresspahls Stelle. Jakob schüttelte den Kopf, und noch einmal, als Gesine gegangen war; er gab der Papenbrock nun etwas kürzere Antworten. Er war nicht gewiß, ob es Cresspahl so recht war.
    Wie feiert man

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