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Jahrestage 3 - aus dem Leben von Gesine Cresspahl

Jahrestage 3 - aus dem Leben von Gesine Cresspahl

Titel: Jahrestage 3 - aus dem Leben von Gesine Cresspahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Johnson
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der Stadt, sondern im Windermere, und der Konferenzsaal des Windermere sah ungewohnte Gäste, und aus fünf Firmen fern im Süden wurden zwei, und aus zwei wurde eine, und unverhofft kam New Orleans mit einem Produkt auf den Markt, das lief leicht wie ein Kind, und ein Kind hätte darauf kommen können, und ob das gemeint war in Matthäus 18? (Frage die Gideonsbrüder.) (Und das Windermere konnte sich ein halbes Jahr lang kaum retten vor Buchungen.) Aber de Rosny ließ sich ansprechen auf eine kleine östliche Sache, und ärgerlicher Weise war er vertraut mit ihr, und vorläufig stellte er die erheblichen Kosten fest. In Chicago verstanden sie darunter sein Entgelt, sie hatten ihn nicht recht verstanden. De Rosny ließ sich sehen in New York, offenbar zurück von der Inspektion seines Palastes in Connecticut, und er empfing in den Waldorf Towers auch solchen Besuch aus Wall Street, der sich selbst hatte einladen müssen. De Rosny brauchte kein Notizbuch, keine Sekretärin für seine Bedingungen, offensichtlich wollte er von der Bagatelle an Spaß zurückhaben, was er ihr an Zeit opferte.
    Seine Bedingungen sollen gewesen sein: Daß der Aufsichtsrat niemals den Versuch unternehmen werde, ihn zum Präsidenten zu wählen.
    Was er für angemessen hielt als Bezahlung eines Vizepräsidenten de Rosny, und in welcher Rate sie jährlich zu steigen hatte, es ist eine von den Zahlen, die jemand wie die Angestellte Cresspahl nicht erfahren wird.
    Dann passierte die scheußliche Geschichte mit seiner Frau. Jetzt mußte er froh sein über den Umzug an den Atlantik, und hätte dafür bezahlen müssen aus eigener Tasche. Jedoch waren diese Kosten vorsorglich in Chicago übernommen worden, und wieder hatte er besser abgeschnitten als verdient.
    Bis auf seine Frau. Ihre Geschichte wurde erst vier Jahre danach bekannt, und so ungenau als Gerücht, daß es zum Erzählen schlicht nicht taugte.
    De Rosny zog ein in die unglückliche Hütte an der Wall Street, und lange über den Anfang hinaus war gar nichts zu sehen. Offensichtlich machte de Rosny sich einen Jux. Er ließ sogar den ländlichen Namen des Sorgenkindes unverändert, und dabei hatte ihn die Werbeabteilung empfangen mit einem auf Schick getrimmten Pseudonym. De Rosny bestand auf Wiederherstellung der altertümlichen Schrift, und wo ein Komma gestanden hatte, sollte ein & nach der Mode von vorgestern erscheinen. Womöglich sah er ein, daß er etwas zeigen mußte, und baute mit seinen Freunden eine Niederlassung in Kalifornien. (De Rosny verleiht an de Rosny zu den folgenden Bedingungen die folgende Summe …) Die Fachwelt fand den ihr bekannten Teil des Verfahrens enttäuschend, einen alten Hut geradezu; de Rosny hielt seine Konferenzen nicht vor der Presse, sondern im Hause. Im Hause sprach sich herum, was jenes große Wort von den Kosten in Chicago hatte bedeuten sollen. Es war ein ungeheuerlicher Betrag. Eine Zumutung war es. Diesmal war kein de Rosny als Geldeshelfer zu haben. Auch seine Leute in San Francisco hatte er taub gemacht auf diesem Ohr. In Chicago hatten sie die Wahl. De Rosny wäre sehr teuer geworden als zurückgetretener Vizepräsident; seine einzige Bedingung war zuverlässig mit Widerhaken versehen. Es war eine Herausforderung. Erträglich war die Vorstellung, daß de Rosny seinen Hut nahm. Unerträglich war der Fortgang der Szene: wie er den Hut auf den Kopf setzt, sich umwendet in der offengehaltenen Tür und Abschied nimmt von Feiglingen. De Rosny blieb auf seinem stellvertretenden Stuhl, im nördlichen Kalifornien kaufte die Luftwaffe ein größeres Felsplateau. In New York hielt sich die Rede von einem Versagen de Rosnys.
    In jenen Jahren raste zwar nicht mehr die Hochbahn auf ihren Stelzen über die Dritte Avenue, aber die Magistrale war zwischen der 40. und 60. Straße doch meist umstanden von niedrigen Bauten, vierstöckig und einer dem anderen zu ähnlich in seiner nackten Ziegelkantigkeit, zum edlen Vermieten und ärmlichen Wohnen erbaut. Als die Wissenschaft den Tod der Stadt New York vor Augen hatte, warf die Hochbahn mehr Geschäft ab auf die Dritte Avenue, vom Bahnhof Grand Central kamen die Pendler auf Umwegen zu den Avenuen Park und Madison, und die Kundschaft trieb wiederum Läden in den Fuß der Häuser, Bars, Kunststopfanstalten, Friseure, auch kleine Verstecks, und manche wurden in den oberen Stockwerken blind von Schmutz oder Blenden, und wenige Wohlstandselefanten standen mit verlegenem Buckel dazwischen. Über einen solchen Block

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