Jahrestage 3 - aus dem Leben von Gesine Cresspahl
Kollegen seines Vaters nicht sofort empfangen wird, sondern einer Beauftragten des Chefs zur vorläufigen Behandlung übergeben. Er war, bei dem Essen im Brussels vor zwei Wochen, bis zum Kaffee imstande, den Glauben an das Französisch seiner Partnerin zu verweigern. Hielt fest an seiner Rolle als der einzigen Person in New York, die Französisch spricht und versteht, sah noch im Kellner den Rollenträger des Gegenteils. Er hielt seine Sprache für exklusiven Besitz, Ansprüche darauf konnte er nicht mit der Peitsche bestrafen, das Mittel des Mißverständnisses jedoch benutzte er, freigiebig. Dann küßt er der Dame die Hand, die seine Rechnung bezahlt, und sagt lächelnd mit seinen roten ungeduldigen Lippen: Da haben Sie eine reizende Bemerkung gemacht! Es war eine Bemerkung über die Emaille-Qualität der amerikanischen Schminkgewohnheiten, und war wie alle vorigen in Französisch getan. In dieser Sprache gab er seine Antwort zum ersten Mal. Verfügt über einen Fundus von einunddreißig Worten Amerikanisch, davon dreißig Englisch. Lange Jacken, die Schöße bis zur Spitze der ausgestreckten Finger, stark tailliert.
DE ROSNY . Vorname nicht bekannt.
Die Szene ist ein absteigender Fahrstuhl im hinteren Versorgungsschacht. Es ist ein gewöhnlicher Fahrstuhl, nicht reserviert für gehobene Geschäftsführer, die Zeit ist eine Stunde nach Dienstschluß, und der Vizepräsident ist in der Kabine allein mit Mrs. Cresspahl. Er stellt ihr seine Unterredung mit ROCHE-FAUBOURG dar, abwechselnd sich und den jungen Erben.
DE ROSNY . Na, was hatten Sie sich denn so vorgestellt bei uns?
ROCHE-FAUBOURG . Ja, mein Vater hat mir die Entscheidung freigestellt.
DE ROSNY . Der scheint mir ein amerikanischer Vater geworden zu sein. Neulich war er doch noch ganz in Ordnung.
ROCHE-FAUBOURG . Die Gesundheit meines Vaters ist ausgezeichnet, und ich danke der Nachfrage.
DE ROSNY . Ich werde mich jetzt wohl benehmen wie ein deutscher Vater –
ROCHE-FAUBOURG . Pardon –
DE ROSNY . Denn ich will Ihnen mal was sagen. Sie müssen sich ausbilden.
ROCHE-FAUBOURG . Ja, ich hatte mir Betriebswissenschaft vorgenommen.
De Rosny. Ach was, Betriebswissenschaft, Betriebswissenschaft -! das werden Sie lernen, wenn Sie das Geschäft Ihres Vaters übernehmen; und sollten Sie sich als ein Versager erweisen, können Sie jemand einteilen für diese Arbeit. Und für jede andere.
ROCHE-FAUBOURG . Ich dachte –
DE ROSNY . Ihr Leben ist festgelegt. Ist es das nicht? In einigen Jahren werden Sie das Geschäft Ihres Vaters übernehmen.
ROCHE-FAUBOURG . Ich schmeichle mir –
DE ROSNY . Ihre Aufgabe ist also, die verbliebenen freien Jahre zu genießen. Vorher!
ROCHE-FAUBOURG . Die amerikanische Auffassung von Genuß –
DE ROSNY . Wenn Sie unbedingt wollen, Sie können ein Jahr im Haus arbeiten. Laufmarsch durch die Abteilungen.
ROCHE-FAUBOURG . Vielleicht ein halbes Jahr.
DE ROSNY . Dazu würden Sie zwar ein Interesse für die Lage der Angestellten in den U. S. A. benötigen.
ROCHE-FAUBOURG . Dies nun –
DE ROSNY . Sie können ja mal ein paar Bücher lesen. Sie müssen jetzt erst einmal leben. Wie alt sind Sie.
ROCHE-FAUBOURG . Einundzwanzig.
DE ROSNY . Sie müssen erst einmal zu leben lernen. Und im Juni nehmen Sie sich einen Sportwagen und fahren zwei Monate im Lande umher. Besuchen Sie eine Versammlung der Kommunistischen Partei; die Cresspahl wird Ihnen schon Bescheid sagen über New York.
ROCHE-FAUBOURG . Neulich hatte ich in reizender Weise den Eindruck –
DE ROSNY . Sehen Sie. Aber nehmen Sie ihr nicht zuviel Zeit weg, die arbeitet für mich.
ROCHE-FAUBOURG . Könnte ich vielleicht gelegentlich –
DE ROSNY . Betriebswissenschaft, was für ein Unsinn. So was kann jemand lernen, der nichts zu übernehmen hat. Sie übernehmen doch?
ROCHE-FAUBOURG . Wenn mein Bruder –
DE ROSNY . Und wenn das Jahr vorbei ist, sind Sie mir zur Prüfung vorzulegen. Morgen.
ROCHE-FAUBOURG . Guten Tag.
Während des Ganges hat der Vizepräsident Teile der Handlung wiederholt, zur Erheiterung anderer Untergebener, die schnell an ihm vorbeigehen, wobei sie ihre Eile als Diskretion ausfallen lassen wollen. Der Vizepräsident ist in anderer Eile, er hat keinen Zug zu versäumen, sein schwarzer kühler Schlitten wartet auf ihn. Aber er führt eine Zigarette zwischen den Fingern hin und her, ohne je bis zu den Lippen zu gelangen, denn mit den Lippen muß er sagen: Das müssen Sie sich mal vorstellen, wie ich dastand vor dem jungen Mann. So hat bisher
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