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Jahrestage 3 - aus dem Leben von Gesine Cresspahl

Jahrestage 3 - aus dem Leben von Gesine Cresspahl

Titel: Jahrestage 3 - aus dem Leben von Gesine Cresspahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Johnson
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Kliefoths Wohnung auf die Straße setzen.
    Bei den geringeren Pflichten war Jerichows Polizei gewissenhaft. Wer gegen das Verbot neue Kartoffeln aufnahm, wurde gemeldet. Wer an seinem Hoftor einen Tausch von Kleinkindausstattung gegen Oberhemd anschlug, statt an der amtlichen Tafel am Rathaus, wurde Cresspahl zur Bestrafung vorgeführt, tatsächlich hatte er solche Aushänge verbieten müssen. Wenn Pontij es sich anders überlegt hatte mit seiner Teilnahme an einer Versammlung ehemaliger Mitglieder der S. P. D., trat die Polizei auf und befahl das Auseinandergehen. Ein unsauber gefegtes Stück Straße machte sie so recht scharf. Und die Hunde ohne Steuermarke hatten es nicht leicht.
    Am liebsten aber ging Cresspahls Polizei in die Häuser. Sie hatten da genug Befehle der Kommandantur oder der Stadtverwaltung. Da war das Vieh und das Geflügel zu zählen, damit vom 10. August an die Ablieferung zu planen war. Und wenn ein Schaf noch rechtzeitig hatte ans Messer glauben müssen, so war doch nach dem Fell zu sehen. Die Kinder hatten ihre Schulbücher für die Fächer Deutsch (Lesebücher und Grammatik), Geschichte, Erdkunde und Biologie abgeben müssen, jedermann was er an kyrillischem Druck besaß, da kam noch einmal die Polizei und stellte sich vor die Bücherschränke. Die Handwerksbetriebe waren verpflichtet, die Bestände an Rohstoff, Materialien, Treibstoff anzumelden, die Polizei sah nach, hob Bodenbretter hoch, kroch unter dem Dach umher, faßte in die Wassertonne, damit die Liste vollständig wurde. Es wurde auch heftig Jagd gemacht auf Köpckes Motorrad, weil es nicht auf der Bürgermeisterei registriert war, bis Mine Köpcke einmal abstieg und ihren Propusk vorzeigen konnte, nicht gezeichnet S. M. A. Schwerin, eigenhändig gezeichnet K. A. Pontij, damit sein Zaun schneller fertig wurde, und das Kraftrad war über Nacht ein kleiner Lastwagen geworden. Bei diesen Gängen durch Küchen und Stuben und Ställe sahen die Herren Schenk, Knewer und Gantlik genug zu ihrer Unterhaltung. Ihr Blick erfaßte Bohnenstangen, hinter denen die Umrisse eines Fasses zu erkennen waren, sie ließen das vorerst stehen, sie meldeten solche Funde an Cresspahl. Es mußte ihm recht sein, er brauchte die Mangelwaren für seine Geschäfte mit dem Sowjetgut Beckhorst oder der Fischereigenossenschaft Rande, er schrieb sein Gesuch um Erlaubnis zur Beschlagnahme an die Staatsanwaltschaft Gneez und hoffte auf Slatas gute Dienste bei der Kreiskommandantur. Der Landkreis Gneez war umfänglich, Slata hatte überdies Notfälle in der Stadt vorzutragen und mochte wohl nicht zu oft an ihr jerichower Vorleben erinnern, gelegentlich kam das Formblatt vom Landgericht zu spät. Schenk griff auch vor der Frist zu, »wegen Verdunklungsgefahr« wie er sagte, schnippisch in seiner Unangreifbarkeit. Es war nicht Schenk, der verflucht wurde für das Wegschleppen eines Vorrats an Kunstdünger für anderthalb Jahre, die Schuld wurde Cresspahl an den Hals gehängt. Er war es zufrieden, solange Berthold Knewer nicht Unterschleife meldete. Dann wurden in einer Ackerbürgerei, die ehemals als nicht unterkellert galt, Kohlen gefunden, das Haus saß auf einem Bergwerk aus Briketts, davon hätte Jerichow Gas haben können auf fünf Tage, und Nachbar der Ackerbürgerei war Duvenspeck, Vorsteher des Gaswerks, dahin mußte eine Frauenbrigade mit Handwagen das schwarze Gold zurückbringen, am Ende fehlten zehn Zentner an der Zahl, die Duvenspeck eingestehen wollte. Es war nicht aufzurechnen mit den jeweils zwei Briketts unter der Schürze der Flüchtlinge, da hatte Cresspahls Polizei mit dem Anzeiger des Lagers geteilt, und der pflichttreue Beamte Knewer in all seiner Rechtlichkeit kam die Veruntreuung nicht melden, denn er hatte sich in seiner Speisekammer einen säuberlichen Brikett-Turm aufgebaut, Kante auf Kante, elegant nach oben verjüngt, als Wand getarnt, Gesine hatte es bei einer Bestellung gesehen, die kriegte neuerdings den Blick nicht weg von Speisekammern. Es war Cresspahl nicht allein um die Rechtlichkeit, mitunter ließ die Kreiskommandantur in Jerichow abholen, was Cresspahl beantragt hatte, er konnte nicht gut fahren mit Fehlbeständen. Er mochte nicht auf das Zeugnis eines Kindes die Wohnungen seiner Polizei durchsuchen. Er ging zum Herrn Militärkommandanten, der sollte seiner Ordnungsmacht bloß eine Dienstbelehrung erteilen. Pontij ruhte nicht, bis er die Natur der Ware wußte. Er war beglückt, daß im Gaswerk Kohlen lagen für seinen Winter. Er

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