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Jahrmarkt der Eitelkeit

Jahrmarkt der Eitelkeit

Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Makepeace Thackeray
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Weisheit und Keuschheit Minervas 8 besitzen, und doch beachtet sie kein Mann, wenn sie häßlich ist. Welche Torheit wird nicht durch ein paar feurige Augen verziehen? Wieviel Dummheit wird nicht durch rote Lippen und eine süße Stimme bemäntelt? So schließen die Damen mit ihrem gewöhnlichen Gerechtigkeitssinn, daß eine Frau dumm sein muß, wenn sie hübsch ist. Meine Damen, es gibt unter Ihnen manch eine, die weder hübsch noch klug ist.
    Es sind aus dem Leben unserer Heldin nur belanglose Vorfälle zu berichten. Ihre Geschichte handelt nicht von wunderbaren Ereignissen, wie der geneigte Leser zweifellos schon bemerkt haben wird, und hätte Amelia über die sieben Jahre nach der Geburt ihres Sohnes ein Tagebuch geführt, so wäre darin kaum Interessanteres vorgekommen als die gerade berichtete Maserngeschichte. Aber doch, eines Tages bat sie obenerwähnter Ehrwürden Mr. Binny zu ihrer großen Verwunderung, den Namen Osborne mit dem seinigen zu vertauschen. Tief errötend und mit nassen Augen und tränenerstickter Stimme dankte sie ihm für seine Freundschaft zu ihr und die Aufmerksamkeit, die er ihr und ihrem armen kleinen Knaben erwiesen habe. Dann aber teilte sie ihm mit, daß sie nie an einen anderen als – als ihren verlorenen Gatten denken könne.
    Den 25. April und den 18. Juni, ihren Hochzeitstag und den Tag, da sie Witwe wurde, verbrachte sie stets auf ihrem Zimmer und weihte sie dem Andenken ihres dahingegangenen Freundes, während ihr kleiner Junge in den unzähligen Stunden ihrer einsamen Nachtgedanken im Kinderbettchen an ihrer Seite schlummerte. Tagsüber war sie aktiver geworden. Sie mußte George Lesen und Schreiben und etwas Zeichnen beibringen. Sie las Bücher, um ihm daraus Geschichten erzählen zu können; als sich seine Augen für die ihn umgebende Natur öffneten und sein Verstand sich zu entwickeln begann, lehrte sie das Kind, so gut es ihre bescheidenen Kräfte erlaubten, den Schöpfer aller Dinge zu erkennen. Jeden Abend und jeden Morgen beteten sie und er, die Mutter und der kleine Knabe – gemeinsam das Vaterunser; die Mutter flehte aus der Tiefe ihres sanften Herzens, das Kind sprach lallend die Worte nach. Jedesmal beteten sie zu Gott, den lieben Papa zu segnen, als ob er noch lebte und bei ihnen im Zimmer sei.
    Viele Stunden des Tages brachte sie damit zu, den jungen Herrn zu waschen und anzukleiden – mit ihm morgens vor dem Frühstück, ehe der Großpapa seinen »Geschäften« nachging, einen kleinen Spaziergang zu machen – ihm mit viel Geschick die wundervollsten Kleider zu fertigen. Zu diesem Zweck zerschnitt und änderte die sparsame Witwe jedes brauchbare Kleidungsstück, das sie noch aus ihrer Ehezeit in ihrer Garderobe besaß. Mrs. Osborne selbst trug zum großen Ärger ihrer Mutter, die besonders seit ihrem Unglück schöne Kleider liebte, stets ein schwarzes Gewand und einen Strohhut mit schwarzem Band. Die übrigen Stunden widmete sie ihrer Mutter und ihrem alten Vater. Sie hatte sich bemüht, Cribbage zu lernen, und spielte es mit dem alten Herrn an den Abenden, wo er nicht in seinen Klub ging. Sie sang ihm vor, wenn ihm der Sinn danach stand, und das war immer ein gutes Zeichen, denn jedesmal während der Musik fiel er in einen ruhigen Schlaf. Sie schrieb seine zahlreichen Auszüge, Briefe, Prospekte und Projekte ab. In ihrer Handschrift wurden die meisten früheren Bekannten des alten Herrn informiert, daß er Vertreter der Schwarzen-Diamanten-und-Anti-Aschenkohlen-Gesellschaft geworden sei und seine Freunde und das Publikum mit den besten Kohlen für soundso viel Shilling pro Sack versorgen könnte. Er setzte nur Unterschrift und Schnörkel unter die Schreiben und schrieb mit zitternder Kaufmannshand die Adressen. Eins dieser Schriftstücke schickte er an Major Dobbin vom ...ten Regiment per Adresse Mr. Cox und Mr. Greenwood. Da der Major sich zu dieser Zeit gerade in Madras befand, hatte er keinen besonderen Bedarf an Kohlen; er kannte jedoch die Hand, die den Prospekt geschrieben hatte. Guter Gott! Was hätte er nicht darum gegeben, sie in seiner halten zu dürfen! Ein zweiter Prospekt kam, der den Major unterrichtete, daß J. Sedley & Co. Agenturen in Oporto, Bordeaux und St. Mary errichtet hatten und damit ihren Freunden und dem Publikum im allgemeinen die besten und berühmtesten Jahrgänge von Portweinen, Sherrys und Claret unter ganz besonderen Vorteilen zu mäßigen Preisen anbieten könnten. Auf diesen Wink hin warb der Major ungestüm bei dem

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