Jahrmarkt der Eitelkeit
Prozesse mit den Advokaten; Prozesse mit den Bergbau-und Hafengesellschaften, deren Mitinhaber er war; Prozesse mit jedermann, der geschäftlich mit ihm zu tun gehabt hatte. Diese verwickelten Verhältnisse aufzuklären und den Besitz in Ordnung zu bringen war eine des genauen und ausdauernden Diplomaten von Pumpernickel würdige Aufgabe, und mit bewundernswertem Fleiß machte er sich an die Arbeit. Natürlich siedelte er seine ganze Familie nach Queen's Crawley um und unter ihnen natürlich Lady Southdown. Sie ging daran, die Gemeinde vor der Nase des Pfarrers zu bekehren, und zum Ärger der wütenden Mrs. Bute brachte sie ihre Pseudogeistlichen mit. Sir Pitt hatte noch keinen Kaufvertrag über die Pfründe von Queen's Crawley abgeschlossen; und Lady Southdown schlug vor, sie wolle selbst das Patronat übernehmen und die Pfarre einem ihrer jugendlichen Schützlinge geben, wenn sie erledigt sein würde. Der diplomatische Pitt erwiderte darauf kein Wort.
Mrs. Butes Absichten in bezug auf Betsy Horrocks kamen nicht zur Ausführung. Betsy stattete dem Southamptoner Gefängnis keinen Besuch ab. Sie verließ mit ihrem Vater das Herrenhaus, und er ergriff Besitz vom Gasthaus »Zum Wappen Crawleys« im Dorf, das er von Sir Pitt gepachtet hatte. Der ehemalige Butler hatte außerdem ein kleines Gütchen erworben, wodurch er Stimmrecht im Wahlflecken bekam. Der Pfarrer war ebenfalls stimmberechtigt, und diese beiden und noch vier andere bildeten die Wählerschaft, die die beiden Vertreter für Queen's Crawley im Parlament ernannten.
Zwischen den Damen im Pfarrhaus und im Schloß wurde zum Schein ein höflicher Verkehr aufrechterhalten, wenigstens zwischen den jüngeren, denn Mrs. Bute und Lady Southdown konnten sich bei ihren Begegnungen nie kampflos trennen, und allmählich hörten sie auf, einander zu besuchen. Die Lady blieb auf ihrem Zimmer, wenn die Damen aus dem Pfarrhaus ihre Verwandten besuchten. Wahrscheinlich mißfiel Mr. Pitt diese gelegentliche Abwesenheit seiner Schwiegermama gar nicht sehr. Er hielt die Familie Binkie für die bedeutendste und weiseste und interessanteste der Welt; die Lady und seine Tante hatten ihn lange unter ihrem Joch gehalten. Zuweilen dachte er aber doch, daß sie ihn zu sehr herumkommandiere. Es war zweifellos schmeichelhaft, für jung zu gelten, aber ihn mit sechsundvierzig Jahren wie einen Knaben zu behandeln war manchmal doch kränkend. Lady Jane dagegen gab ihrer Mutter in allen Stücken nach. Sie zeigte ihren Kindern ihre Liebe nur insgeheim und konnte noch von Glück sagen, daß Lady Southdowns vielfältige Aufgaben, ihre Konferenzen mit Geistlichen und ihr Briefwechsel mit allen Missionaren in Afrika, Asien, Australasien und so weiter die würdige Gräfin so stark beschäftigten, daß sie ihrer Enkelin, der kleinen Matilda, und ihrem Enkel, Master Pitt Crawley, nur einen kleinen Teil ihrer Zeit widmen konnte. Er war ein schwächliches Kind, und Lady Southdown hatte ihn nur durch ungeheure Quantitäten von Kalomel überhaupt am Leben halten können.
Sir Pitt zog sich in dieselben Gemächer zurück, wo einst Lady Crawley verlöscht war. Miss Hester, das beförderungsbeflissene Mädchen, pflegte ihn hier mit fleißiger Sorgfalt. Welche Liebe, welche Treue, welche Beständigkeit gleicht der einer gut entlohnten Wärterin? Sie glättet das Kopfkissen und bereitet Stärkungsmittel aus Pfeilwurzeln, steht nachts auf, erträgt Klagen und Nörgeleien, verlangt trotz strahlenden Sonnenscheins nicht, ins Freie hinauszugehen; sie schläft im Armstuhl und ißt ganz allein; sie verbringt lange, lange Abende mit Nichtstun und beobachtet nur die Kohlenglut und die im Topf wallenden Tränke des Kranken; sie liest die ganze Woche hindurch die Wochenzeitung; und »Der ernste Ruf des Gesetzes« oder »Die ganze Pflicht des Menschen« genügen ihr als Lektüre für ein ganzes Jahr – und wir schimpfen auch noch, wenn beim wöchentlichen Verwandtenbesuch bei ihr ein Fläschchen Branntwein in den Waschkorb geschmuggelt wird. Meine Damen, wo ist der Mann, dessen Liebe ein Jahr Krankenpflege bei dem geliebten Gegenstand überdauert? Eine Wärterin dagegen tut dies für zehn Pfund im Vierteljahr, und wir glauben noch, sie sei zu hoch bezahlt. Wenigstens murrte Mr. Crawley häufig, daß er Miss Hester halb so viel für die Pflege des Baronets, seines Vaters, zahlen mußte.
An sonnigen Tagen wurde der alte Herr in einem Stuhl auf die Terrasse geschoben – in demselben Stuhl, den Miss Crawley in Brighton
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