Jahrmarkt der Eitelkeit
Mrs. Bute fort und stampfte mit den Holzschuhen auf. »Es waren doch sonst immer Handschellen hier. Wo ist der widerwärtige Vater dieser Kreatur?«
»Er hat sie mir aber doch geschenkt«, rief die arme Betsy wieder, »nicht wahr, Hester? Nicht wahr, du hast es gesehen, wie Sir Pitt sie mir geschenkt hat – lange, lange her, am Tag nach dem Jahrmarkt in Mudbury. – Nicht, daß ich sie brauche. Nehmen Sie sie, wenn Sie nicht glauben, daß sie mir gehören.« Mit diesen Worten zog die Unglückselige ein Paar große, mit falschen Steinen besetzte Schuhschnallen aus der Tasche, die ihr in die Augen gestochen hatten und die sie sich gerade aus einem Bücherschrank in der Bibliothek angeeignet hatte.
»Gott, Betsy, wie kannst du nur so eine abscheuliche Geschichte erzählen«, sagte Hester, das kleine, ehemals so beförderungsbeflissene Küchenmädchen, »und noch dazu der Madame Crawley, die so gut und freundlich ist, und Ehrwürden (mit einem Knicks), und meine Kästen können Sie alle durchsuchen, Madame, und hier sind meine Schlüssel, denn ich bin ein ehrliches Mädchen, wenn auch von armen Eltern und im Armenhaus aufgewachsen – und wenn Sie auch nur ein lumpiges Stückchen Spitze oder einen seidenen Strumpf von all den Sachen finden, wo
die
sich welche rausgesucht hat, so will ich das letztemal zur Kirche gegangen sein.«
»Gib die Schlüssel her, du abgebrühte Hexe«, zischte die tugendsame kleine Dame in der Kapuze.
»Und hier ist eine Kerze, Madame, und wenn Sie wollen, dann kann ich Ihnen ihr Zimmer zeigen und den Schrank im Haushälterinnenzimmer, wo sie die Sachen haufenweise aufgestapelt hat«, schrie die eifrige kleine Hester unter unzähligen Knicksen.
»Halt gefälligst den Mund. Ich kenn das Zimmer, wo die Kreatur wohnt, recht gut. Mrs. Brown, haben Sie die Güte, mit mir zu kommen, und Sie, Beddoes, lassen Sie das Weib nicht aus den Augen«, sagte Mrs. Bute und ergriff die Kerze. »Mr. Crawley, geh du lieber hinauf und paß auf, daß sie deinen unglücklichen Bruder nicht umbringen.« Mit diesen Worten schritt die Kapuze, begleitet von Mrs. Brown, davon, zu dem Zimmer, das sie, wie sie wahrheitsgemäß bemerkt hatte, sehr gut kannte.
Bute ging hinauf und fand dort den Arzt aus Mudbury und den erschrockenen Horrocks, der sich über seinen Herrn im Stuhl beugte. Sie versuchten, Sir Pitt zur Ader zu lassen.
Früh am nächsten Morgen schickte die Pfarrersfrau, die sofort das Kommando an sich gerissen und die ganze Nacht bei dem alten Baronet gewacht hatte, einen Eilbrief an Mr. Pitt. Der Alte war zu einer Art Leben zurückgebracht worden, er konnte nicht sprechen, schien aber die Menschen zu erkennen. Mrs. Bute behauptete entschlossen ihren Posten an seinem Bett. Die kleine Frau schien keinen Schlaf zu brauchen; sie schloß ihre funkelnden schwarzen Augen nicht ein einziges Mal, obgleich der Doktor in seinem Armsessel schnarchte. Horrocks machte einige verzweifelte Anstrengungen, um seine Autorität zu behaupten und seinem Herrn beizustehen. Mrs. Bute nannte ihn jedoch einen betrunkenen alten Halunken und riet ihm, sein Gesicht in diesem Haus nie wieder blicken zu lassen, wenn er nicht deportiert werden wolle wie seine abscheuliche Tochter.
Von ihrem Benehmen in großen Schrecken versetzt, schlich er sich in das eichengetäfelte Zimmer hinab, wo er James antraf. Dieser hatte die Flasche, die dort stand, untersucht und sie leer gefunden, er befahl deshalb Mr. Horrocks, eine neue Flasche und saubere Gläser zu holen. Der Pfarrer und sein Sohn setzten sich an den Tisch und befahlen Horrocks, sofort die Schlüssel hinzulegen und sich nicht wieder blicken zu lassen.
Horrocks, von diesem Benehmen entmutigt, gab die Schlüssel ab, und er und seine Tochter machten sich noch in derselben Nacht heimlich davon und gaben damit alle Besitzerrechte im Schloß von Queen's Crawley auf.
40. Kapitel
In dem Becky von der Familie anerkannt wird
Der Erbe von Crawley kam bald nach dieser Katastrophe nach Hause, und von dieser Zeit an regierte er in Queen's Crawley. Der alte Baronet lebte zwar noch mehrere Monate, gewann aber nie völlig den Gebrauch seines Verstandes oder die Sprache wieder, und die Verwaltung des Besitzes ging auf seinen ältesten Sohn über. Pitt fand ihn in einem merkwürdigen Zustand. Sir Pitt war beständig mit Käufen und Hypotheken beschäftigt gewesen; er hatte zwanzig Anwälte beschäftigt, und mit allen hatte er im Streit gelegen; Streitigkeiten und Prozesse mit seinen Pächtern;
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