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Jahrmarkt der Eitelkeit

Jahrmarkt der Eitelkeit

Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Makepeace Thackeray
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in der Kasse war, Gläubiger vor der Tür standen, Kaufleute umschmeichelt und beschwatzt werden mußten – mit einem Wort, daß der Grund, auf dem sie stand, sehr schwankend war. Als sie in der Kutsche – der Familienkutsche – zu Hofe fuhr, nahm sie eine so großartige, selbstzufriedene, entschiedene, achtunggebietende Haltung an, daß sogar Lady Jane lachen mußte. Sie betrat die königlichen Gemächer mit einem Aufwerfen des Kopfes, wie es einer Kaiserin angestanden hätte, und zweifellos hätte sie auch diese Rolle ausgezeichnet gespielt.
    Wir können bezeugen, daß Mrs. Rawdon Crawleys costume de cour 6 anläßlich ihrer Vorstellung beim König höchst elegant und glänzend war. Wir, die wir Sterne und Ordensbänder tragen und die Gesellschaften im Sankt-James-Palast besuchen, oder wir, die wir mit schmutzigen Stiefeln durch die Pall Mall waten und in die Kutschen blicken, in denen die Vornehmen mit Federschmuck vorbeifahren – wir haben manche Dame von Welt an Empfangstagen gegen zwei Uhr nachmittags gesehen, die zu dieser frühen Tageszeit keinen liebenswürdigen und verlockenden Anblick bietet. Eine beleibte Gräfin von sechzig, dekolletiert, angemalt, runzlig, mit Schminke bis zu den schweren Augenlidern, funkelnde Diamanten in der Perücke, ist ein heilsamer und erbaulicher, aber keineswegs schöner Anblick. Sie sieht aus wie die St. James' Street in früher Morgenbeleuchtung, wenn die eine Hälfte der Lampen verlöscht ist und die andere Hälfte nur noch schwach flackert, als ob sie wie Gespenster vor der Morgendämmerung verschwinden wollten. Reize wie die, die wir erspähen, während die Kutsche der Lady vorüberrollt, sollten sich nur bei Nacht zeigen. Wenn selbst Cynthia 7 an winterlichen Nachmittagen abgezehrt aussieht, wenn Phöbus 8 sie, von der entgegengesetzten Seite des Himmels aus, mit seinen Strahlen entmutigt, wie kann da die alte Lady Castlemouldy ihr Gesicht zeigen, wenn die Sonne durch die Kutschenfenster darauf fällt und alle die Runzeln und Falten enthüllt, die die Zeit auf ihrem Gesicht hinterlassen hat. Nein, die Empfangstage sollten nur im November oder am ersten Nebeltag stattfinden, oder die ältlichen Sultaninnen von unserem Jahrmarkt der Eitelkeit sollten sich nur in verschlossenen Sänften zu Hofe begeben, in einem bedeckten Gang absteigen und ihre Verbeugung vor dem König unter dem Schutz des Lampenlichtes machen.
    Unsere geliebte Rebekka bedurfte jedoch keines solchen freundlichen Scheines, um ihre Schönheit in das rechte Licht zu setzen. Ihr Teint vertrug noch gut jeden Sonnenstrahl, und ihre Kleidung war in ihren Augen und in denen des Publikums so hübsch wie heute das prächtigste Kostüm der berühmtesten Schönheit der diesjährigen Saison, obwohl heute, nach fünfundzwanzig Jahren, jede Dame auf dem Jahrmarkt der Eitelkeit es für das närrischste, albernste Gewand der Welt erklären würde. Aber auch das Wunderwerk der Modistin von heute wird in zwanzig Jahren mit allen früheren Eitelkeiten dem Reich des Lächerlichen anheimfallen. Wir entfernen uns aber zu weit von unserem Gegenstand. Mrs. Rawdons Kleid am ereignisreichen Tag der Vorstellung wurde allgemein als bezaubernd bezeichnet. Sogar die gute kleine Lady Jane mußte das anerkennen, als sie ihre Verwandte betrachtete und sich trübselig eingestand, daß sie Mrs. Becky an Geschmack weit nachstehe.
    Sie wußte nicht, wieviel Sorgfalt, Nachdenken und Können Mrs. Rawdon auf dieses Kleid verwendet hatte. Rebekka besaß Geschmack wie die beste Modistin in Europa und konnte die Sache so geschickt anfassen, wie es Lady Jane nicht verstand. Dieser fielen bald der kostbare Brokat von Beckys Schleppe und die herrlichen Spitzen am Kleid auf.
    Der Brokat sei ein alter Rest, erklärte Becky, und die Spitzen seien ein Gelegenheitskauf gewesen und sie besitze sie schon ewig.
    »Das muß ein kleines Vermögen gekostet haben, meine liebe Mrs. Crawley«, meinte Lady Jane und betrachtete ihre eigenen Spitzen, die lange nicht so schön waren. Als sie dann die Qualität des alten Brokats, aus dem Mrs. Rawdons Hofkleid gemacht war, untersuchte, hätte sie beinahe gesagt, so feine Kleider könne sie sich nicht leisten, aber sie bezwang sich mühsam, weil die Bemerkung lieblos gegen ihre Verwandte gewesen wäre.
    Wenn aber Lady Jane alles gewußt hätte, so wäre das wahrscheinlich selbst für ihr freundliches Gemüt zuviel gewesen.
    Als nämlich Mrs. Rawdon Sir Pitts Haus in Ordnung brachte, hatte sie die Spitzen und den Brokat

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