Jahrmarkt der Eitelkeit
in den alten Kleiderschränken der früheren Hausherrinnen gefunden. Sie nahm die Sachen mit und paßte sie ihrer eigenen kleinen Person an. Die Briggs sah, wie sie sie mitnahm, fragte nicht und sagte kein Wort. Wahrscheinlich gab sie ihr in diesen Stücken recht, und manche andere ehrliche Frau hätte das auch getan.
Und die Diamanten! »Wo zum Teufel hast du die Diamanten her, Becky!« fragte ihr Mann und bewunderte ein paar Juwelen, die er nie an ihr gesehen hatte, die ihr aber jetzt verschwenderisch an Ohren und Hals funkelten.
Becky errötete ein wenig und blickte ihn einen Augenblick fest an. Pitt Crawley errötete auch ein wenig und sah aus dem Fenster. Einen sehr kleinen Teil der Brillanten hatte er ihr nämlich geschenkt – ein hübsches Diamantschlößchen, das ihre Perlenkette zusammenhielt. Der Baronet hatte unterlassen, diesen Umstand gegenüber seiner Gemahlin zu erwähnen.
Becky sah ihren Mann und dann Sir Pitt mit schalkhaft triumphierender Miene an, als wollte sie sagen: Soll ich es erzählen?
»Rate einmal«, forderte sie ihren Mann auf. »Ach, du Dummer, wo, denkst du denn, habe ich sie her? Alles, außer dem kleinen Schlößchen, das mir ein lieber Freund vor langer Zeit geschenkt hat, habe ich geliehen! Von Mr. Polonius in der Coventry Street! Du glaubst doch nicht etwa, daß alle Diamanten, die man bei Hofe sieht, den Leuten gehören, die sie tragen, wie die schönen Steine, die Lady Jane hat und die ganz sicher viel hübscher sind als meine.«
»Es ist ein Familienschmuck«, sagte Sir Pitt wieder mit verlegener Miene. Unter derlei Familiengesprächen rollte der Wagen die Straße hinab, bis seine Last schließlich an den Toren des Palastes abgesetzt wurde, wo der Herrscher seinen Empfang hielt.
Die Diamanten, die Rawdons Bewunderung erregt hatten, gingen nie zu Mr. Polonius in der Coventry Street zurück, und dieser Herr forderte auch niemals ihre Rückgabe. Sie wanderten in ein kleines Geheimfach in einem alten Schreibtisch, den ihr Amelia Sedley vor Jahren geschenkt hatte und in dem Rebekka eine Menge nützlicher und wohl auch wertvoller Dinge aufbewahrte, von denen ihr Mann nichts wußte. Nichts oder wenig zu wissen liegt in der Natur manches Ehemannes; zu verbergen in der Natur wie vieler Frauen? Oh, meine Damen, wie viele von Ihnen haben heimliche Modistinnenrechnungen, wie viele von Ihnen besitzen Kleider und Armbänder, die sie nicht zu zeigen wagen oder nur zitternd tragen? Zitternd, mit einem Lächeln umschmeicheln Sie den Mann an Ihrer Seite, der das neue Samtkleid nicht von dem alten oder das neue Armband nicht von dem vorjährigen unterscheiden kann und keine Ahnung hat, daß der zerlumpt aussehende gelbe Spitzenschal vierzig Guineen kostet und Madame Bobinot wöchentlich Mahnbriefe wegen des Geldes schickt.
Rawdon also wußte nichts über die Brillantohrringe und den prächtigen Brillantschmuck, der den schönen Busen seiner Herrin schmückte. Aber Lord Steyne, der seinen Platz bei Hofe als Lord des Haarpuderkabinetts und als einer der Großwürdenträger und Stützen des englischen Thrones hatte und mit allen seinen Sternen, Bändern und Schnüren herbeikam, um der kleinen Frau seine besondere Aufmerksamkeit zu erweisen, wußte, woher die Juwelen stammten und wer sie bezahlt hatte.
Als er sich vor ihr verbeugte, lächelte er und zitierte die abgedroschenen, aber schönen Zeilen über Belindas Diamanten aus dem »Lockenraub« 9 , »die Juden küssen und Heiden anbeten könnten«.
»Nun, dann hoffe ich, Euer Gnaden ist orthodox«, meinte die kleine Dame und warf den Kopf zurück, und viele Damen rundumher wisperten und redeten, und viele Herren nickten und flüsterten, als sie sahen, welche deutliche Aufmerksamkeit der vornehme Adlige der kleinen Abenteurerin erwies.
Die näheren Umstände der Unterhaltung zwischen Rebekka Crawley, geborene Sharp und ihrem königlichen Herrn zu berichten geziemt einer so schwachen und unerfahrenen Feder wie der meinigen nicht. Die geblendeten Augen schließen sich vor einer so überwältigenden Vorstellung. Untertänigster Respekt und Takt gebieten sogar der Phantasie, sich nicht zu scharf und kühn in dem geheiligten Audienzzimmer umzublicken, sondern sich eiligst, schweigend und achtungsvoll unter tiefen Verbeugungen aus der erlauchten Nähe zurückzuziehen.
Wir können sagen, daß nach dieser Vorstellung in ganz London kein königstreueres Herz als Beckys zu finden war. Sie führte den Namen ihres Königs ständig auf den Lippen und
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