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Jahrmarkt der Eitelkeit

Jahrmarkt der Eitelkeit

Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Makepeace Thackeray
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der alte Zyniker stets bei der naiven Enthüllung menschlicher Schwächen tat. Becky kam bald zu ihm herunter. Wenn das liebe Kind den Lord erwartete, so war ihre Toilette stets vollkommen, das Haar geordnet, ihre Tüchlein, Schürzen, Schärpen, Pantöffelchen und anderer weiblicher Flitter arrangiert und sie in ungekünstelter und hübscher Haltung zu seinem Empfang bereit. Wenn sie überrascht wurde, so mußte sie natürlich in ihr Zimmer hinauffliegen und eine eilige Heerschau ihrer Reize im Spiegel halten und sodann herabtrippeln, um dem großen Herrn ihre Aufwartung zu machen.
    Sie fand ihn lächelnd bei der Porzellanschale. Sie war durchschaut und errötete ein wenig. »Ich danke Ihnen, Monseigneur«, sagte sie; »Sie sehen, Ihre Damen sind schon hiergewesen. Wie nett von Ihnen! Ich konnte nicht eher kommen, ich war in der Küche und habe einen Pudding zubereitet.«
    »Ich weiß es, ich sah Sie durch das Hofgitter, als ich kam«, erwiderte der alte Herr.
    »Sie sehen aber auch alles«, erwiderte sie.
    »Vieles, aber nicht alles, meine hübsche Dame«, sagte er gutmütig; »Sie törichte kleine Lügnerin! Ich hörte Sie in dem Zimmer über uns, wo Sie wahrscheinlich etwas Rouge aufgelegt haben; Sie müssen etwas davon Lady Gaunt geben, sie hat einen ganz entsetzlichen Teint. Dann habe ich gehört, wie die Schlafzimmertür aufging, und Sie kamen herunter.«
    »Ist es ein Verbrechen, wenn ich mir Mühe gebe, so gut wie möglich auszusehen, wenn Sie kommen?« antwortete Mrs. Rawdon klagend und rieb sich die Wange mit dem Taschentuch, um zu zeigen, daß es kein Rouge, sondern echtes Erröten der Bescheidenheit war. Wer kann die Wahrheit finden? Ich weiß, daß es Rouge gibt, das nicht auf dem Taschentuch abfärbt, und sogar so gutes, das nicht von Tränen verwischt wird.
    »Nun«, sagte der alte Herr und drehte die Visitenkarte seiner Frau zwischen den Fingern, »Sie wollen also unbedingt eine feine Dame werden, Sie quälen mich bis aufs Blut, daß ich Sie in die Welt einführen soll. Sie werden sich da ja gar nicht halten können, Sie Närrchen, Sie, Sie haben doch kein Geld.«
    »Sie werden uns eine Stelle verschaffen«, warf Becky mit Blitzesschnelle ein.
    »Sie haben kein Geld und wollen es mit denen aufnehmen, die welches haben; Sie armes Tontöpfchen, Sie wollen mit den großen Kupferkesseln den Strom hinabschwimmen. Die Frauen sind doch alle gleich. Alle streben nach dem, was sich des Besitzes gar nicht lohnt. Gott, gestern habe ich beim König gespeist, und es gab Hammelfleisch mit Rüben; ein Mahl von Kräutern ist oftmals besser als ein gemästeter Ochse. Sie wollen also ins Gaunt-Haus. Sie geben einem alten Burschen nicht eher Ruhe, bis Sie dort sind. Dort ist es nicht halb so hübsch wie hier. Sie werden sich dort langweilen. Ich tue es jedenfalls. Meine Frau ist lustig wie Lady Macbeth, meine Schwiegertöchter fröhlich wie Regan und Goneril 13 . Ich wage es nicht, in dem, was man mein Schlafzimmer nennt, zu schlafen. Das Bett ist wie der Baldachin von Sankt Peter, und die Bilder setzen mich in Schrecken. Ich habe in einem Ankleidezimmer ein kleines Messingbett und eine kleine Roßhaarmatratze wie ein Anachoret 14 . Ich bin ja auch ein Anachoret, hoho! Sie werden nächste Woche zum Essen eingeladen werden. Aber gare aux femmes 15 ! Sehen Sie sich vor und behaupten Sie sich. Die Weiber werden Sie ganz schön tyrannisieren!«
    Dies war eine sehr lange Rede für einen Mann von wenig Worten wie Lord Steyne und nicht die erste, die er an diesem Tag zu Rebekkas Gunsten gehalten hatte.
    Die Briggs blickte von ihrem Arbeitstisch im Hintergrund des Zimmers auf und seufzte tief, als sie den großen Marquis so leichtfertig über ihr Geschlecht sprechen hörte.
    »Wenn Sie den abscheulichen Schäferhund nicht fortjagen«, sagte Lord Steyne mit einem wütenden Blick über die Schulter, »so lasse ich ihn vergiften.«
    »Mein Hund bekommt sein Fressen stets von meinem eigenen Teller«, sagte Rebekka mit mutwilligem Lachen. Sie amüsierte sich eine Zeitlang über den Ärger des Lords, der die arme Briggs haßte, weil sie sein Tête-à-tête mit der schönen Frau des Obersten störte. Dann erbarmte sich Mrs. Rawdon jedoch endlich ihres Anbeters. Sie rief die Briggs, pries das schöne Wetter und bat sie, mit dem Jungen ein wenig spazierenzugehen.
    »Ich kann sie nicht fortschicken«, sagte Becky dann nach einer Pause mit trauriger Stimme. Ihre Augen füllten sich bei diesen Worten mit Tränen, und sie wandte das

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