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Jahrmarkt der Eitelkeit

Jahrmarkt der Eitelkeit

Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Makepeace Thackeray
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festerem Grund und Boden als er und hatte ihn deshalb überdauert. Der Marquis war jetzt zehnmal bedeutender als der junge Lord Gaunt vom Jahre fünfundachtzig, aber Bareacres war nicht mehr im Rennen, er war alt, geschlagen, bankrott und zusammengebrochen. Er hatte zuviel Geld von Steyne geborgt, um seinem alten Kameraden gern zu oft zu begegnen. Wenn der Lord sich einen Spaß machen wollte, so pflegte er Lady Gaunt höhnisch zu fragen, warum ihr Vater sie so lange nicht besucht habe. »Er ist seit vier Monaten nicht mehr hiergewesen«, erklärte Lord Steyne stets. »Ich kann es immer an meinem Scheckbuch ablesen, wann Bareacres mich aufgesucht hat. Wie bequem ich es doch habe, meine Damen, der eine Schwiegervater von einem meiner Söhne ist mein Bankier, und ich bin der Bankier des anderen.«
    Von den übrigen Vornehmen, die Becky bei dieser ersten Einführung in die große Welt zu treffen die Ehre hatte, viel zu berichten steht dem Verfasser dieser Geschichte nicht zu. Da war erstens Seine Exzellenz, der Fürst von Peterwardein, mit seiner Gemahlin, ein geschnürter Herr mit breiter militärischer Brust, auf der sein Ordensstern prachtvoll glänzte, und mit dem roten Band des Goldenen Vlieses um den Hals. Er besaß zahllose Schafherden. »Sehen Sie sich nur mal sein Gesicht an, ich glaube, er stammt von einem Schaf ab«, flüsterte Becky Lord Steyne zu.
    In der Tat hatte das lange, feierliche, weiße Gesicht Seiner Exzellenz mit dem Ordensbande am Hals einige Ähnlichkeit mit dem eines ehrwürdigen Leithammels.
    Dann war da Mr. John Paul Jefferson Jones, Titular-attaché der amerikanischen Gesandtschaft und Korrespondent des »New York Demagogue«. Um sich der Gesellschaft angenehm zu machen, fragte er Lady Steyne während einer Gesprächspause, wie seinem teuern Freund George Gaunt Brasilien gefalle. Er und George waren in Neapel sehr befreundet gewesen und hatten zusammen den Vesuv bestiegen. Mr. Jones schrieb einen ausführlichen und genauen Bericht über das Diner, der prompt im »Demagogue« erschien. Er erwähnte die Namen und Titel aller Gäste und gab biographische Abrisse der Vornehmsten, beschrieb wortreich die Erscheinungen der Damen, das Tafelservice, die Anzahl und Kleidung der Diener, zählte die dargebotenen Gerichte und Weine auf und überschlug den Wert des Zierrats auf den Seitentischen und den des Silbergeschirrs.
    Ein solches Diner, berechnete er, könne nicht unter fünfzehn bis achtzehn Dollar pro Kopf arrangiert werden. Bis vor kurzem habe er seine Schützlinge mit Empfehlungsschreiben zu dem jetzigen Marquis von Steyne geschickt, wozu ihn die vertraute Freundschaft, in der er mit dem seligen Lord gestanden hatte, veranlaßt habe. Er sei sehr entrüstet gewesen, daß ein junger unbedeutender Aristokrat, der Graf von Southdown, auf dem Wege zum Speisesaal ihm den Vortritt genommen habe. »Gerade als ich herantrat, um meinen Arm einer sehr sympathischen und geistreichen eleganten Dame, der glänzenden und exklusiven Mrs. Rawdon Crawley, zu reichen«, schrieb er, »drängte sich der junge Patrizier zwischen mich und die Dame und entführte meine Helena 4 ohne ein Wort der Entschuldigung. Ich mußte also mit dem Gemahl der Dame, einem Obersten, die Nachhut bilden, einem untersetzten Krieger mit rotem Gesicht, der sich bei Waterloo auszeichnete und dort größeres Glück hatte als einige seiner rotrockigen Kameraden bei New Orleans 5 .«

    Als der Oberst in diese vornehme Gesellschaft kam, errötete er wie ein sechzehnjähriger Knabe, der den Schulkameradinnen seiner Schwester gegenübertritt. Wir erwähnten schon früher, daß der ehrliche Rawdon niemals im Leben viel in Damengesellschaft gewesen war. Mit den Männern im Klub oder in der Offiziersmesse stand er sich gut genug, und mit den Kühnsten unter ihnen maß er sich im Reiten, Wetten, Rauchen und Billardspiel. Er hatte früher auch freundschaftliche Beziehungen zu Frauen gehabt, aber das war vor zwanzig Jahren, und die Damen waren vom Schlage derjenigen, mit denen in der Komödie 6 der junge Marlow verkehrt, ehe er vor Miss Hardcastle in Verlegenheit gerät. Die Zeiten sind jetzt so, daß man kaum wagt, die Gesellschaft zu erwähnen, in der Tausende unserer jungen Männer auf dem Jahrmarkt der Eitelkeit täglich verkehren. Nachts füllt diese Gesellschaft die Casinos und Tanzsäle, und sie existiert ebenso wie der Ring im Hyde Park oder die Gemeinde in St. James, aber unsere schamhafte, wenn auch nicht so moralische Gesellschaft ist

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