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Jahrmarkt der Eitelkeit

Jahrmarkt der Eitelkeit

Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Makepeace Thackeray
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Gesicht ab.
    »Bestimmt sind Sie ihr eine ganze Menge Lohn schuldig«, meinte der hohe Herr.
    »Noch viel schlimmer als das«, erwiderte Rebekka mit niedergeschlagenen Augen; »ich habe sie ruiniert.«
    »Ruiniert? Warum jagen Sie sie dann nicht fort?« fragte der Herr.
    »Das tun nur Männer«, entgegnete Rebekka bitter, »die Frauen sind nicht so schlecht. Als wir im vergangenen Jahr bei unserer letzten Guinee angelangt waren, hat sie uns alles gegeben; sie soll mich nicht eher verlassen, als bis wir selbst völlig ruiniert sind – und das scheint nicht sehr weit entfernt zu sein – oder bis ich sie auf Heller und Pfennig bezahlen kann.«
    »Verdammt, wieviel ist es?« sagte der Lord fluchend. Darauf nannte Becky mit Rücksicht auf seinen Reichtum nicht nur die Summe, die sie von Miss Briggs geliehen hatte, sondern eine fast doppelt so hohe.
    Dies löste einen neuen kurzen, aber kräftigen Wutanfall bei Lord Steyne aus. Rebekka ließ den Kopf noch tiefer hängen und weinte bitterlich. »Ich konnte nicht anders, es war meine einzige Rettung. Ich wage nicht, es meinem Mann zu sagen, er würde mich töten, wenn ich ihm erzählte, was ich getan habe. Ich habe es vor jedem außer Ihnen geheimgehalten – und Sie haben mir das Geständnis abgenötigt. Ach, Lord Steyne, was soll ich tun? Ich bin sehr, sehr unglücklich!«
    Lord Steyne erwiderte hierauf nichts. Er trommelte nur mit den Fingern auf dem Tisch und kaute an den Nägeln. Endlich drückte er sich den Hut auf den Kopf und stürzte aus dem Zimmer. Rebekka erhob sich erst aus ihrer trübseligen Haltung, als die Tür hinter ihm zuschlug und sein Wagen davonrollte. Dann stand sie auf, und ein seltsamer Ausdruck boshaften Triumphes glitzerte in ihren grünen Augen. Sie lachte ein paarmal bei ihrer Arbeit laut auf. Dann setzte sie sich ans Klavier und rasselte einen Siegesmarsch herunter, daß die Leute unter den Fenstern stehenblieben und ihrem brillanten Spiel lauschten.
    An diesem Abend kamen zwei Briefchen vom Gaunt-Haus für die kleine Frau. Das eine enthielt eine Einladung von Lord und Lady Steyne zum Diner am nächsten Freitag, das andere einen grauen Papierstreifen mit Lord Steynes Unterschrift und der Adresse von Jones, Brown und Robinson in der Lombard Street.
    In dieser Nacht hörte Rawdon Becky ein paarmal lachen. Sie freue und amüsiere sich nur, daß sie ins Gaunt-Haus gehen und den Damen gegenübertreten solle, erklärte sie. In Wirklichkeit war sie mit einer Menge anderer Gedanken beschäftigt. Sollte sie die alte Briggs auszahlen und ihr den Abschied geben? Sollte sie Raggles in Erstaunen setzen und seine Rechnung begleichen? Sie wälzte diese Gedanken auf ihrem Kopfkissen hin und her. Am nächsten Tag, als Rawdon dem Klub seinen Morgenbesuch abstattete, ließ sich Mrs. Crawley in einem bescheidenen Kleid mit Schleier von einer Mietskutsche in die City fahren. Sie ließ sich an Jones' und Robinsons Bank absetzen und reichte dort einem Herrn einen Schein, der sie nur fragte, wie sie es denn gern hätte.
    Sie erwiderte, sie wolle einhundertundfünfzig Pfund in kleinen Noten und den Rest in einer Note nehmen. Auf dem Rückweg ließ sie halten und kaufte für die Briggs das schönste schwarzseidene Kleid, das für Geld zu haben war, und mit einem Kuß und sehr freundlichen Worten überreichte sie es der einfältigen alten Jungfer zu Hause.
    Dann ging sie zu Mr. Raggles, erkundigte sich liebevoll nach seinen Kindern und gab ihm fünfzig Pfund als Abschlagszahlung, dann ging sie zu dem Pferdeverleiher, von dem sie ihren Wagen gemietet hatte, und erfreute ihn mit einer ähnlichen Summe.
    »Ich hoffe, das wird eine Lehre für Sie sein, Spavin«, sagte sie, »daß am nächsten Empfangstag mein Schwager, Sir Pitt, nicht wieder damit belästigt wird, uns zu viert in seinem Wagen zu Seiner Majestät zu fahren, weil mein eigener nicht zur Stelle ist.«
    Anscheinend hatte es am letzten Empfangstag eine Meinungsverschiedenheit gegeben, und daher kam es, daß der Oberst sich schändlicherweise beinahe in einer Mietskutsche zur Begegnung mit seinem Herrscher hätte begeben müssen.
    Nachdem Becky diese Angelegenheit erledigt hatte, suchte sie den erwähnten Schreibtisch im ersten Stock auf, den Amelia Sedley ihr vor langen Jahren geschenkt hatte und der eine Menge nützlicher und wertvoller Kleinigkeiten enthielt, und in diesem heimlichen Museum verstaute sie die eine Banknote, die ihr der Kassierer von Jones und Robinson gegeben hatte.
Fußnoten

    1 Charlotte

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