Jahrmarkt der Eitelkeit
standen auf dem Kaminsims neben ein paar Sporen und einem ausgetrockneten Tintenfaß, bedeckt mit dem Staub von zehn Jahren. Oh, wie viele Tage und Leute sind dahingegangen, seit der Zeit, da diese Tinte noch naß war! Der Schreibblock auf dem Tisch trug noch seine Handschrift.
Miss Osborne war sehr bewegt, als sie zum ersten Male mit den Dienstboten dieses Zimmer betrat. Blaß sank sie auf das kleine Bett nieder.
»Dies ist eine gute Nachricht, Fräulein – wirklich, Fräulein«, sagte die Haushälterin, »und die gute alte Zeit kehrt zurück, Fräulein. Der liebe kleine Bursche – ach, Fräulein, wie glücklich er sein wird. Gewisse Leute in Mayfair, Fräulein, werden aber einen Groll gegen ihn haben, Fräulein.« Und hiermit stieß sie den Riegel zurück, der das Schiebefenster hielt, und ließ frische Luft in das Zimmer.
»Du solltest am besten der Frau etwas Geld schicken«, sagte Mr. Osborne, ehe er ausging. »Sie soll keinen Mangel leiden. Schicke ihr hundert Pfund.«
»Und morgen gehe ich sie besuchen, ja?« fragte Miss Osborne.
»Das ist deine Sache. Aber denk daran, hierher kommt sie mir nicht. Nein, zum Teufel, nicht um alles Geld in London. Aber Mangel soll sie nicht leiden. Mach also, und bring die Sache in Ordnung.«
Mit diesen kurzen Worten nahm Mr. Osborne von seiner Tochter Abschied und trat den gewohnten Weg in die City an.
»Hier, Papa, ist etwas Geld«, sagte Amelia an jenem Abend zu ihrem Vater, küßte den alten Mann und drückte ihm einen Wechsel über hundert Pfund in seine Hand. »Und – und Mama, sei nicht hart gegen Georgy. Er – er wird nicht mehr lange bei uns bleiben.« Sie konnte nichts weiter sagen und ging schweigend in ihr Zimmer. Schließen wir die Tür hinter ihren Gebeten und ihrem Kummer. Ich glaube, wir tun gut daran, von soviel Liebe und Schmerz wenig zu sagen.
Am nächsten Tag besuchte Miss Osborne Amelia, wie sie es in ihrem Brief versprochen hatte. Die Begegnung verlief freundlich. Ein Blick und ein paar Worte von Miss Osborne zeigten der armen Witwe, daß sie zumindest wegen dieser Frau nicht um den ersten Platz im Herzen ihres Sohnes zu fürchten brauchte. Sie war kühl, vernünftig und nicht unfreundlich. Vielleicht wäre der Mutter weniger lieb gewesen, hätte sie ihre Rivalin hübscher, jünger, liebevoller und warmherziger gefunden. Miss Osborne dagegen dachte an alte Zeiten und war gerührt über die traurige Lage der armen Mutter. Sie war besiegt, streckte gewissermaßen die Waffen und ergab sich. An diesem Tag legten sie gemeinsam die Präliminarien des Kapitulationsvertrages fest.
George durfte am nächsten Tag nicht zur Schule gehen und sah seine Tante. Amelia ließ die beiden allein und begab sich auf ihr Zimmer. Sie erprobte die Trennung – wie die arme sanfte Lady Jane Grey 2 , die die Schneide des Beiles befühlte, das herabfallen und ihr zartes Leben beenden sollte.
Mehrere Tage vergingen unter Besprechungen, Besuchen und Vorbereitungen. Die Witwe brachte Georgy die Sache äußerst vorsichtig bei; sie hatte erwartet, daß ihn die Nachricht sehr betrüben würde, er war jedoch eher erfreut darüber, und die arme Frau wandte sich traurig ab. Er prahlte an jenem Tage gegenüber den Schulkameraden mit der Nachricht, erzählte ihnen, daß er jetzt bei seinem Großvater leben sollte. Nicht bei dem, der zuweilen herkam, sondern beim Vater seines Vaters, und daß er sehr reich sein und einen Ponywagen halten und in eine viel feinere Schule kommen werde, und wenn er erst reich wäre, dann könne er Leaders Federkästchen kaufen und bei der Kuchenfrau bezahlen. Der Knabe war das Ebenbild des Vaters, wie seine zärtliche Mutter dachte.
Um unserer lieben Amelia willen habe ich wirklich nicht das Herz, Georges letzte Tage zu Hause zu beschreiben.
Endlich kam der Tag, der Wagen fuhr vor, die kleinen bescheidenen Päckchen mit Zeichen der Liebe und Andenken lagen schon im Hausflur bereit. George trug seinen neuen Anzug, zu dem ihm der Schneider vorher noch Maß genommen hatte. Bei Sonnenaufgang war er aus dem Bett gesprungen und hatte die neuen Kleider angezogen. Das alles hörte seine Mutter im Nebenzimmer, wo sie in stummem Schmerz die Nacht durchwacht hatte. Tage zuvor schon hatte sie Vorbereitungen getroffen, nützliche Kleinigkeiten für den Knaben gekauft, seine Bücher und Wäsche mit seinem Namen versehen, mit ihm gesprochen und ihn auf die Veränderung vorbereitet – in dem zärtlichen Wahn, daß er der Vorbereitung bedürfe.
Was machte er sich
Weitere Kostenlose Bücher