Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jahrmarkt der Eitelkeit

Jahrmarkt der Eitelkeit

Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Makepeace Thackeray
Vom Netzwerk:
Kleinigkeit vom Whist her schuldig war und dem er folglich nicht gern begegnen wollte, und ein dritter, der am Tisch saß und im »Royalist« las (ein wegen seiner Skandalsucht und Anhänglichkeit an Kirche und König berühmtes Wochenblatt). Er blickte sichtlich interessiert zu Crawley auf und sagte: »Crawley, ich gratuliere Ihnen.«
    »Was meinen Sie?« fragte der Oberst.
    »Es steht im ›Observer‹ und auch im ›Royalist‹«, erklärte Mr. Smith.
    »Was?« rief Rawdon und wurde sehr rot. Er glaubte, daß die Affäre mit Lord Steyne bereits in der Zeitung stünde. Smith lächelte verwundert, als der Oberst, vor Aufregung zitternd, nach dem Blatt griff und zu lesen begann.
    Mr. Smith und Mr. Brown (der Herr, bei dem Rawdon noch die Whistschulden begleichen mußte) hatten vor Rawdons Eintritt gerade über den Oberst gesprochen.
    »Das kam wie gerufen«, bemerkte Smith. »Ich glaube, Crawley hatte keinen Shilling mehr.«
    »Das ist ein Wind, der jedem etwas Gutes zuweht«, meinte Mr. Brown. »Er kann nicht fortgehen, ohne mir die fünfundzwanzig Pfund zu zahlen, die er mir schuldig ist.«
    »Wie hoch ist das Gehalt?« fragte Mr. Smith.
    »Zwei- bis dreitausend!« erwiderte der andere. »Das Klima ist aber so höllisch, daß sie sich nicht lange an dem Geld erfreuen. Liverseege ist nach anderthalb Jahren gestorben und sein Vorgänger, wie es heißt, schon nach sechs Wochen.«
    »Sein Bruder soll ein sehr gescheiter Kerl sein.«
    »Ich fand ihn immer verdammt langweilig«, rief Brown.
    »Aber er muß doch immerhin Einfluß haben, er hat doch wohl dem Oberst die Stelle verschafft.«
    »Der!« sagte Brown höhnisch. »Pah! Von Lord Steyne hat er sie.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Eine tugendhafte Frau ist die Krone des Mannes«, antwortete der andere rätselhaft und wandte sich wieder seiner Zeitung zu.
    Rawdon las nun selbst im »Royalist« den folgenden erstaunlichen Abschnitt:
    Gouverneursstelle auf Coventry Island. – I.M. Schiff »›Gelbfieber‹, Kapitän Jounders, ist mit Briefen und Zeitungen von Coventry Island eingelaufen. Seine Exzellenz Sir Thomas Liverseege ist dem in Sumpfstadt herrschenden Fieber zum Opfer gefallen. Er hinterläßt in der blühenden Kolonie eine fühlbare Lücke. Die Gouverneursstelle soll Oberst Rawdon Crawley, Träger des Bathordens, einem hervorragenden Waterlookämpfer, angeboten worden sein. Wir brauchen nicht nur Männer von anerkannter Tapferkeit, sondern auch Leute, die fähig sind, unsere Kolonie zu verwalten. Zweifellos ist der vom Kolonialministerium erwählte Gentleman, der die bedauernswerte Vakanz auf Coventry Island ausfüllen soll, für diesen Posten vortrefflich geeignet.«
    »Coventry Island! Wo liegt denn das? Wer hat dich bloß zum Gouverneur ernannt? Du mußt mich als Sekretär mitnehmen, alter Junge«, sagte Hauptmann Macmurdo lachend. Während Crawley und sein Freund noch staunend und verwirrt vor der Ankündigung saßen, brachte der Klubkellner dem Oberst eine Karte mit dem Namen Wenham. Dieser bat, Oberst Crawley sprechen zu können.
    Der Oberst und sein Adjutant gingen zu dem Herrn hinaus in der berechtigten Annahme, daß er ein Abgesandter Lord Steynes sei.
    »Wie geht's, Crawley? Freut mich, Sie zu sehen«, sagte Mr. Wenham mit freundlichem Lächeln und schüttelte Crawley herzlich die Hand.
    »Wahrscheinlich kommen Sie von ...«
    »Jawohl«, erwiderte Mr. Wenham.
    »So, das hier ist mein Freund, Hauptmann Macmurdo von der Grünen Leibgarde.«
    »Freut mich sehr, Hauptmann Macmurdos Bekanntschaft zu machen«, sagte Mr. Wenham und bot dem Sekundanten dasselbe Lächeln und den Händedruck wie vorher dem Oberst.
    Mac reichte ihm einen mit dem Lederhandschuh bewehrten Finger und machte Mr. Wenham über seine enge Krawatte hin eine sehr kühle Verbeugung.
    Vielleicht war er unzufrieden darüber, daß er mit einem Zivilisten verhandeln sollte, und meinte, Lord Steyne hätte ihm doch wohl zumindest einen Oberst schicken können.
    »Da Macmurdo meine Angelegenheiten regelt und meine Absichten kennt«, meinte Crawley, »so werde ich mich am besten zurückziehen und Sie allein lassen.«
    »Natürlich!« sagte Macmurdo.
    »Keineswegs, mein lieber Oberst«, antwortete Mr. Wenham, »die Unterredung, um die ich Sie zu bitten die Ehre hatte, sollte mit Ihnen persönlich vonstatten gehen, obwohl die Gegenwart Hauptmann Macmurdos wirklich sehr angenehm ist. Ich hoffe nämlich, Hauptmann, daß unser Gespräch zu einem guten Ergebnis führen wird, und zwar zu einem anderen,

Weitere Kostenlose Bücher