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Jahrmarkt der Eitelkeit

Jahrmarkt der Eitelkeit

Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Makepeace Thackeray
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niemals gelingen, sie umzuformen.«
    »Sie ist entsetzlich unwissend oder gleichgültig«, erklärte Mrs. Glowry mit Grabesstimme und einem traurigen Schütteln ihres Kopfes und Turbans. »Ich fragte sie, ob sie glaubte, daß der Papst im Jahre 1836, wie Mr. Jowls, oder 1839, wie Mr. Wapshot meint, fallen werde, und sie antwortete: ›Der arme Papst, ich will's nicht hoffen. Was hat er denn getan?‹«
    »Sie ist die Witwe meines Bruders, meine teuren Freundinnen«, entgegnete Mrs. Frederick. »Und als solche, meine ich, sind wir verpflichtet, ihr bei ihrem Eintritt in die Welt alle nur mögliche Aufmerksamkeit und Belehrung angedeihen zu lassen. Sie können sich wohl vorstellen, daß bei jemandem, dessen Mißgeschick bekannt ist, keine eigennützigen Motive obwalten.«
    »Die arme, liebe Mrs. Bullock«, sagte Mrs. Rowdy zu Mrs. Hollycock, als sie zusammen abfuhren. »Sie schmiedet stets Pläne und Ränke. Sie möchte gern, daß Mrs. Osborne ihr Bankkonto bei uns löscht und in ihrer Firma anlegt – und die Art und Weise, wie sie dem Jungen schmeichelt und es so einrichtet, daß er bei ihrer triefäugigen kleinen Rosa sitzt, ist wahrhaftig lächerlich.«
    »Ich wollte, die Glowry erstickte an ihrem ›Mann der Sünde‹ und ihrer ›Schlacht von Armageddon‹«, rief die andere, und der Wagen rollte über die Putney Bridge davon.
    Diese Gesellschaft war für Emmy zu graulich vornehm, und alle machten Freudensprünge, als eine Reise ins Ausland vorgeschlagen wurde.

62. Kapitel
Am Rhein
    Nach den obenerwähnten Alltagsbegebenheiten waren ein paar Wochen vergangen. Das Parlament hatte Ferien, der Sommer war schon vorgerückt, und die bessere Gesellschaft Londons stand im Begriff, die Stadt zu verlassen und ihre jährliche Reise zum Vergnügen oder zur Erholung anzutreten. Eines schönen Morgens verließ der Dampfer »Batavier« mit einer zahlreichen Gesellschaft von Englandflüchtigen die Anlegestelle bei den Tower Stairs. Das Zelt über dem Achterdeck war gespannt, und auf den Bänken und in den Gangways tummelten sich Dutzende rosiger Kinder, geschäftige Kindermädchen, Damen in den hübschesten rosa Hauben und Sommerkleidern, Herren in Reisemützen und Leinenjacken und mit Schnurrbärten, die für die bevorstehende Tour gerade zu keimen anfingen, und mit gestärkten Halstüchern und säuberlich gebürsteten Hüten, dicke, nette, alte Veteranen, wie sie Europa seit Ende des letzten Krieges überschwemmten, um ihren Nationalpatriotismus in jede Stadt des Kontinents zu tragen. Die Ansammlung von Hutschachteln, verschließbaren Schreibpulten und Toilettenkästen war ungeheuer. Da waren elegante junge Studenten von Cambridge, die mit ihrem Tutor eine Studienreise nach Nonnenwerth oder Königswinter antraten. Da waren irische Herren mit prächtigen Backenbärten und Juwelen, die ununterbrochen von Pferden sprachen und ungeheuer höflich gegenüber den jungen Damen an Bord waren, die wiederum mit mädchenhafter Scham die Cambridger und ihren bleichgesichtigen Tutor mieden. Da waren Müßiggänger von der Pall Mall, die nach Ems oder Wiesbaden zu einer Brunnenkur fuhren, um die Diners der Saison hinwegspülen, und zu einem Spielchen Roulette oder Rot und Schwarz, um den Kreislauf zu beleben. Da war der alte Methusalem, der eine junge Frau geheiratet hatte, und Hauptmann Papillon von der Garde, der ihren Sonnenschirm und ihre Reiseführer trug. Da war der junge May, der mit seiner jungen Frau eine Vergnügungsreise machte (sie war eine ehemalige Mrs. Winter und mit Mays Großmutter zur Schule gegangen). Da waren Sir John und seine Lady mit einem Dutzend Kindern und den entsprechenden Kindermädchen, und da war die zahlreiche adlige Familie Bareacres, die ganz für sich in der Nähe des Steuerrades saß, alle anstarrte und mit niemandem sprach. Ihre Wagen mit den Grafenkronen, auf denen sich glänzende Gepäckkästen häuften, standen eingezwängt zwischen einem Dutzend anderer derartiger Fahrzeuge, so daß es schwer war, an sie heranzukommen, und die armen Insassen der Vorderdeckkabinen sich kaum rühren konnten.
    Dort wohnten einige prächtig gekleidete Herren aus Houndsditch, die ihren eigenen Proviant mitbrachten, doch die Hälfte der lustigen Menschen im großen Salon hätten auskaufen können; dann ein paar ehrliche Burschen mit Schnurrbärten und Mappen, die sich ans Skizzieren machten, noch ehe sie eine halbe Stunde an Bord waren. Es wohnten dort auch einige französische Zofen, die schon schrecklich seekrank waren,

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