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Jahrmarkt der Eitelkeit

Jahrmarkt der Eitelkeit

Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Makepeace Thackeray
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Scheibe getroffen, ins Schwarze geschossen haben. Aber wie viele wahre Gentlemen sind darunter? Nehmen wir jeder ein Stückchen Papier und schreiben wir eine Liste.
    Meinen Freund, den Major, setze ich ohne Zögern auf meine. Er hatte sehr lange Beine, ein gelbes Gesicht und lispelte ein wenig, was ihn auf den ersten Blick etwas lächerlich erscheinen ließ. Seine Gedanken aber waren rechtschaffen, sein Verstand klar, sein Leben ehrlich und lauter und sein Herz warm und bescheiden. Sicher, er hatte sehr große Hände und Füße, die die beiden George Osbornes verspottet und belacht hatten, und vielleicht lenkten auch ihre Neckereien und ihr Lachen die kleine Emmy von seinen wahren Werten ab. Sind wir aber nicht schon alle hinsichtlich unserer Helden irregeführt worden, und haben wir nicht unsere Ansichten hundertmal geändert? Emmy stellte in dieser glücklichen Zeit fest, daß ihre Meinung über die Verdienste des Majors eine gründliche Änderung erfuhr.
    Vielleicht war es die glücklichste Zeit im Leben beider, wenn sie es nur gewußt hätten – aber wer weiß das schon? Wer von uns kann mit dem Finger darauf deuten und sagen: Dies war der Höhepunkt, der Gipfel menschlicher Freude? Auf jeden Fall war aber das Paar ganz zufrieden und genoß eine so angenehme Sommerreise wie nur irgendein Paar, das England in diesem Jahre verließ. George war immer mit im Theater, aber es war der Major, der Emmy hinterher den Schal umlegte, und bei den Spaziergängen und Ausflügen eilte der kleine Bursche stets voraus und kletterte auf einer Turmtreppe herum oder saß auf einem Baum, während das gesetztere Paar unten blieb, der Major beharrlich und seelenruhig seine Zigarre rauchte und Amelia die Landschaft oder die Ruine zeichnete. Es geschah auf dieser Reise, daß ich, der Verfasser dieser wortwörtlich wahren Geschichte, das Vergnügen hatte, sie zum erstenmal zu sehen und ihre Bekanntschaft zu machen.
    In der kleinen gemütlichen großherzoglichen Stadt Pumpernickel (derselben, in der sich Sir Pitt Crawley als Attaché ausgezeichnet hatte; das war aber lange, lange vorher, noch ehe die Nachricht von der Schlacht bei Austerlitz eintraf und als alle englischen Diplomaten in Deutschland rechtsum kehrtmachen mußten) sah ich Oberst Dobbin und seine Gesellschaft zum erstenmal. Sie waren mit dem Wagen und dem Reisediener angekommen und im »Erbprinz«, dem besten Hotel der Stadt, abgestiegen, und die ganze Gesellschaft speiste an der Table d'hôte. Alle bemerkten sofort das majestätische Wesen Josephs und die Kennermiene, mit der er den Johannisberger, den er zum Diner bestellt hatte, schlürfte oder vielmehr einsaugte. Auch der kleine Knabe bezeigte einen guten Appetit und verspeiste Schinken und Braten und Kartoffeln und Preiselbeermarmelade und Salat und Pudding und gebratenes Huhn und Zuckerwerk mit einer Tapferkeit, die seiner Nation alle Ehre machte. Nach etwa fünfzehn Gängen beendigte er das Mahl mit dem Dessert, von dem er sogar noch etwas mit hinausnahm. Einige junge Herren am Tisch hatten ihn nämlich veranlaßt, von seiner Kaltblütigkeit und seinem unbekümmerten Wesen amüsiert, eine Handvoll Makronen in die Tasche zu stecken, die er dann auf dem Wege zum Theater verspeiste. Dahin gingen alle in dem heiteren, geselligen deutschen Städtchen. Die Dame in Schwarz, die Mama des Knaben, lachte und errötete und blickte abwechselnd erfreut und betreten drein, als das Diner immer weiterging und ihr Sohn seine verschiedenen Heldenstückchen und Eulenspiegeleien verübte. Ich erinnere mich noch, wie der Oberst – denn das wurde er bald darauf – den Knaben mit ernsthaftem Gesicht aufzog, ihm Gerichte zeigte, die er noch nicht gekostet hatte, und ihn bat, seinem Appetit keine Zügel anzulegen, sondern von diesem oder jenem noch einmal zu nehmen.
    Es gab einen sogenannten Gastrollenabend im Königlich-Großherzoglichen Hoftheater zu Pumpernickel, und Madame Schröder-Devrient 7 , damals in der Blüte ihrer Schönheit und Kunst, spielte die Heldin in der wundervollen Oper »Fidelio«. Von unseren Sperrsitzplätzen aus konnten wir unsere vier Freunde von der Table d'hôte in der Loge sehen, die Schwendler, der Wirt vom »Erbprinz«, für seine besten Gäste gemietet hatte, und mir fiel sofort ins Auge, wie die herrliche Sängerin und die Musik auf Mrs. Osborne wirkte (so hatten wir den korpulenten Herrn mit Schnurrbart die Dame nennen hören). Während des wunderbaren Gefangenenchores, über den sich die prachtvolle Stimme

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