Jahrmarkt der Eitelkeit
der durchlauchtigen Familie nebst seinen hohen Staats-und Hofbeamten. Er verbeugte sich gelassen gegen jedermann, und inmitten der salutierenden Wachen und der flackernden Fackeln, die von purpurgekleideten Lakaien getragen wurden, fuhren die durchlauchtigen Kutschen nach dem alten Herzogschloß mit seinen Türmen und Zinnen auf dem Schloßberg. In Pumpernickel kannte jeder jeden. Kaum war ein Fremder aufgetaucht, so begab sich auch schon der Minister des Auswärtigen oder auch irgendein hoher oder niedriger Staatsbeamter zum »Erbprinzen« und erkundigte sich nach dem Namen des Neuankömmlings.
Wir sahen auch sie das Theater verlassen. Tapeworm war gerade fortgegangen. Er war in seinen Mantel gehüllt, mit dem ihn sein riesiger Diener stets erwartete, und glich, soweit es ihm möglich war, Don Juan. Die Gemahlin des Ministerpräsidenten hatte sich soeben in ihre Sänfte gequetscht, und ihre Tochter, die bezaubernde Ida, hatte Kapuze und Galoschen angelegt, als die Engländer herauskamen. Der Knabe gähnte entsetzlich, der Major gab sich die größte Mühe, den Schal über Mrs. Osbornes Kopf am Rutschen zu hindern, und Mr. Sedley sah großartig aus mit dem Klapphut auf einem Ohr und der Hand in der Tasche seiner umfangreichen weißen Weste. Wir zogen den Hut vor unseren Bekannten von der Table d'hôte, und die Dame dankte uns mit einem Lächeln und einem kleinen Knicks. Jeder von uns konnte froh darüber sein. Die Kutsche des Gasthofs, unter der Aufsicht des geschäftigen Herrn Kirsch, stand bereit, um die Gesellschaft fortzubringen. Der dicke Herr erklärte jedoch, er wolle zu Fuß gehen und auf dem Heimweg seine Zigarre rauchen; so fuhren die anderen drei mit einem Kopfnicken und Lächeln für uns ohne Mr. Sedley ab, und Kirsch folgte mit dem Zigarrenetui der Spur seines Herrn.
Wir gingen miteinander und erzählten dem dicken Herrn von den Vergnügungen des Ortes. Das Leben war sehr angenehm für Engländer. Es gab Jagden und ganz speziell Treibjagden und eine Menge von Bällen und Unterhaltungen an dem gastfreien Hof. Die Gesellschaft war im allgemeinen gut, das Theater vortrefflich und das Leben nicht teuer.
»Und unser Gesandter scheint ein sehr angenehmer und leutseliger Mensch zu sein«, meinte unser neuer Freund. »Bei so einem Repräsentanten und – und einem tüchtigen Arzt stelle ich mir vor, daß es sich in dieser Stadt gut leben läßt. Gute Nacht, meine Herren.«
Und damit stieg Joseph die knarrende Treppe hinauf, in Richtung auf sein Bett, gefolgt von Kirsch mit dem Leuchter. Wir hofften, daß sich die hübsche Frau bewegen lassen würde, einige Zeit in der Stadt zu verweilen.
63. Kapitel
In dem wir eine alte Bekannte treffen
So ein höfliches Benehmen, wie es Lord Tapeworm an den Tag legte, verfehlte nicht seine günstige Wirkung auf Mr. Sedley, und am nächsten Morgen beim Frühstück gab Joseph seiner Ansicht Ausdruck, daß Pumpernickel doch das angenehmste Städtchen sei, das sie auf ihrer Reise gefunden hätten. Josephs Motive und Listen waren leicht zu durchschauen, und Dobbin lachte sich als echter Heuchler ins Fäustchen, als er aus der Kennermiene des Zivilisten und aus der Gesprächigkeit, womit er sich über Schloß Tapeworm und die übrigen Glieder der Familie ausließ, entnahm, daß Joseph an diesem Morgen schon seinen Adelskalender durchforscht hatte. Ja, er hatte sogar bereits den ehrenwerten Grafen von Bagwig, den Vater Seiner Lordschaft, gesehen. Er war überzeugt davon, daß er ihn schon getroffen hatte – beim – beim Empfang bei Hofe. Ob sich Dobbin nicht daran erinnern könne. Als dann der Diplomat, getreu seinem Versprechen, die Gesellschaft besuchte, empfing ihn Joseph mit einer Begrüßung und Ehrenbezeigungen, wie sie dem kleinen Gesandten selten zuteil wurden. Als Seine Exzellenz kam, gab er Kirsch einen Wink, worauf der Diener, vorher gut instruiert, hinausging und für ein Frühstück sorgte, bestehend aus kaltem Fleisch, Gelees und anderen Delikatessen. Als er es auf Tabletts hineingebracht hatte, bestand Mr. Joseph darauf, daß sein edler Gast unbedingt daran teilnehmen müsse.
Solange Tapeworm die leuchtenden Augen von Mrs. Osborne bewundern konnte (ihre frische Gesichtsfarbe ertrug das Tageslicht vortrefflich), hatte er nichts gegen eine Einladung zum längeren Bleiben in Mr. Sedleys Wohnung einzuwenden. Er stellte ihm ein paar scharfsinnige Fragen über Indien und die Tempeltänzerinnen dort, erkundigte sich bei Amelia nach dem Knaben, der bei ihr gewesen sei,
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