Jahrmarkt der Unsterblichkeit
gelehrter Mann. Ben-Isaak hat ihm mitgeteilt, weshalb wir hier sind, und Dr. Levi hat sich erboten, uns zu dem Ort zu führen, den wir suchen.»
Sears sträubten sich die Nackenhaare. Er hatte das Gleichgewicht und den Boden unter den Füßen verloren und war völlig unvorbereitet. Er sagte: «Sie meinen natürlich einen archäologischen Ort, dessen Ausgrabung Sie finanzieren wollen, wie wir der Presse mitgeteilt haben.»
Hannah sah ihn scharf an. «Keineswegs», erwiderte sie. «Dr. Levi kennt den Aufenthaltsort von Menschen, die noch von den Früchten vom Baum des Lebens genießen. Dorthin will er uns bringen.»
Sears verlor völlig die Fassung. «Was will er?» Er war aufrichtig erschüttert über die Dreistigkeit, mit der Ben-Isaak und dieser unverschämte alte Schwindler, den der Junge irgendwo aufgelesen hatte, hier die Leitung in seinem Plan übernehmen wollten. «Einen Augenblick. Das müssen wir doch gleich einmal auf klären.»
Er wandte sich an den alten Herrn, und seine Stimme vermochte Spott und Verachtung nicht zu verhehlen. «Sie sagen, Sie seien Ben-Isaaks Onkel?»
«Ja, das stimmt. Ich habe mich schrecklich gefreut, meinen Neffen am Leben zu finden.»
«Und Sie wissen, weshalb wir hier sind und wonach wir suchen?»
Dr. Levi lächelte ernst. «Ja. Das ist nichts Neues. Der Mensch sucht seit langem danach...» Er zögerte und lächelte wieder, doch nun gewinnend und mit unschuldiger Sanftheit. «Seit wir aus dem Garten Eden vertrieben wurden, nehme ich an.»
«Wie heißt es?»
Dr. Levi erwiderte: «Es ist unter vielen Namen bekannt und ist von Zeit zu Zeit unter verschiedenen Formen aufgetaucht. Hier jedoch, wo man sich seiner noch erinnert, nennt man es einfach .»
Sears sagte: «Und wenn man etwas davon schluckt, lebt man bis zu seinem fünfhundertsten Jahr.» Er war gespannt, wie weit dieser schamlose alte Schwindler gehen würde.
Dr. Levis freundliche blaue Augen waren jetzt voll auf Sears gerichtet. Wenn er den Sarkasmus bemerkt hatte, schien er ihn nicht übelzunehmen. «Wenn man den mit dieser Frucht in Verbindung stehenden Legenden Glauben schenken darf, ja», erwiderte er. Und plötzlich erklärte er mit einem Vertrauen und einer Naivität, als ob er ein Kind wäre: «Und wissen Sie, hier in diesem Land glaubt man die Legenden meistens, weil sie so oft ein Körnchen Wahrheit enthalten. Die Menschen hier erinnern sich so vieler Dinge. Aber Glauben ist immer eine Angelegenheit des Entschlusses.»
Sears nickte: «Ich verstehe. Und wo findet man diesen Stoff?»
Dr. Levi dachte nach. «An den Hängen des Hermonberges liegt ein verstecktes kleines Dorf; es heißt Beit Jebel. Es ist nicht leicht zu finden. Vor vielen Jahren bin ich einmal dort gewesen. Die Gegend wird das Land der Patriarchen genannt, weil viele Bewohner ein hohes Alter erreichen; die Menschen dort glauben, das Geheimnis der Frucht zu kennen. Wenn wir also das Glück hätten, dieses Dorf zu erreichen...»
Hannah unterbrach scharf: «Wir müssen es erreichen. Sie sagen doch, Sie seien schon einmal dort gewesen.»
Die freundlichen Augen wandten sich Hannah Bascombe zu und nahmen einen fast zärtlichen Ausdruck an. «Das war vor mehr als zehn Jahren. Nun liegt es jenseits der Grenze in einem Land, mit dem! wir uns technisch im Kriege befinden. Es wird Schwierigkeiten geben, aber...»
Hannah reagierte auf eine für sie charakteristische Art: «Schwierigkeiten sind dazu da, daß man sie überwindet.»
Sears schnaubte. Der Plan war klar und unglaublich naiv. Natürlich lag das «vergessene» Dorf irgendwo, wo man es nicht erreichen konnte, Sie waren also nicht einmal geschickt genug, sich etwas Neues einfallen zu lassen. Er wandte sich an Ben-Isaak: «Was sagtest du, wo du diesen Burschen gefunden hast?»
Ben-Isaak antwortete schroff: «Ich habe noch gar nichts darüber gesagt.» Er spürte Sears’ Feindseligkeit und Unglauben und ärgerte sich darüber, weil er noch immer ganz von dem Wunder erfüllt war, diesen Verwandten gefunden zu haben, den er als Kind zum letztenmal gesehen hatte; außerdem war er von dem Mann selbst bezaubert.
Sears sagte: «Nun, dann frage ich jetzt danach.»
«Im Norden, in Metulla.»
Als Ben-Isaak Haifa verlassen hatte, war er auf seiner Suche sofort zum Weizmann-Institut in Rechobot gefahren und hatte dort herausgefunden, daß der berühmte Dr. Nathanael Salomon Bar Levi seine Stellung, seine Arbeit und alle Titel aufgegeben habe und nun irgend-’ wo an der
Weitere Kostenlose Bücher