Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jahrmarkt der Unsterblichkeit

Jahrmarkt der Unsterblichkeit

Titel: Jahrmarkt der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
Vom Netzwerk:
hatte der Gedanke, in einem Flugzeug zu sitzen, dessen Maschine ihn mit jedem Takt Kilometer um Kilometer weiter von diesen Menschen entfernen würde, etwas Schmerzliches und Unerträgliches, worüber er sich keine Rechenschaft abzulegen vermochte. Schließlich redete er sich ein, es sei reine Sentimentalität, und sagte zu sich selber: Joe Sears, du bist auf dem Wege, ein Waschlappen zu werden. Es wäre besser für dich und die beiden Frauen, wenn Hannah Bascombe und Clary dich niemals wiedersähen! Also verschwinde, mein Junge!
    Im Geist erblickte er Clary wieder vor sich, wie sie verloren und ängstlich in der Bar des Meggido-Hotels saß, und den flehenden’ Ausdruck ihrer Augen, als er sie verließ. Er dachte an ihren unbewußten Ausruf und an das Eingeständnis ihrer Partnerschaft mit ihm, als sie gefragt hatte: «Was sollen wir tun, Joe?»
    Dabei kam ihm ein weltfremd überspannter Gedanke: Was hatte es für einen Sinn, nun noch hart und zäh zu sein, wenn das Spiel ohnehin aus war? Da sein Plan unwiderruflich gescheitert war, konnte er es sich doch leisten, ein einziges Mal sentimental zu sein. Wenn man gar nichts mehr zu verlieren hatte, konnte man sich wenigstens eine Geste leisten. Die Vorstellung belustigte ihn, und die Spannung wich; und wenn er es sich auch nicht eingestehen wollte, empfand er doch eine merkwürdige Erleichterung dabei. Er stand auf, holte sein Gepäck und stieg kurz darauf in einen Bus nach Haifa.
    Im Geschäftsviertel der Stadt ging er ins Savoy-Hotel und rief Clary an, sie solle sich ein Taxi nehmen und zu ihm kommen.
    Kurz darauf trat sie in die Halle des Hotels, und bei einer kleinen Tasse dicken türkischen Kaffees berichtete er ihr von seinem Mißerfolg: «Es ist aus, Clary. Ich glaubte, er sei vielleicht nach Tel Aviv gefahren, um Soldat zu werden; doch beim Heer wußte man nichts von ihm. Tel Aviv ist eine große Stadt und wimmelt von Menschen. Dort kann er sich monatelang versteckt halten. Er will sich nicht finden lassen. Tut mir leid, Kind. Wir sind ruiniert.»
    Sie schwieg eine Weile, in die Betrachtung der Katastrophe versunken. Dann sah sie ihn tief und forschend an und fragte: «Weshalb bist du zurückgekommen, Joe?»
    Sears verspürte eine heftige Reaktion. Er dachte bei sich: Was hat das Mädchen vor? Will sie mich kleinkriegen? Laut erwiderte er: «Was spielt das für eine Rolle?» Der Ärger machte seine Stimme kalt und hart. «Aber wenn du es unbedingt wissen willst — es war Neugier. Aus einer so gut eingefädelten Sache zieht man sich nicht stillschweigend zurück. Wenn du den Detektivbericht, den du über mich hast machen lassen, noch einmal liest, wirst du feststellen, daß ich bei Zeitungen gearbeitet habe. Ich wollte immer wissen, wie alles ausgeht. Zufrieden?»
    Falls Clary enttäuscht war, zeigte sie es nicht. Doch abermals versuchten ihre Augen die Fassade seines Äußeren zu durchdringen und zu ergründen, was dahinter lag. Sie fragte: «Was bist du für ein Mann, Joe Sears?»
    Sein Ärger verflog. Wie immer, wenn er sich nicht in die Karten schauen lassen wollte, steckte er sich mit dem Aufwand eines Schau- Spielers eine Zigarette an. Schließlich erwiderte er: «Nichts weiter als ein Bursche, der sich bemüht zu bekommen, was ihm zusteht, Schwester. Der geplante und zurechtgestutzte, getrocknete und fermentierte Homo americanus 1952 — zum Teufel mit den andern, hurra für mich selber! Ich habe mir diese Fernsehzivilisation nicht ausgedacht — die blitzenden Wagen, die weißen Emaillekühlschränke, Blondine in karierter Schürze mit lockenhaarigem Kind, die in dem schlüsselfertigen, vollmöblierten Bungalow für fünfhundert Dollar den Monat bar auf den Tisch dem stattlichen Ehemann zuwinkt, wenn er mit der Nachricht nach Hause kommt, er sei zum Generaldirektor befördert worden. Diese Zivilisation ist eine Erfindung der Leute, die verkaufen wollen — aber ich habe keine Lust, ihr Gimpel zu sein. Du bist lange genug bei Hannah Bascombe, um alles von den großen Unterschieden in den Vereinigten Staaten zu wissen — die großen und die kleinen Bonzen. Der kleine Bonze bezahlt höhere Versicherungsprämien, als er sich leisten kann, halst sich Verpflichtungen auf, um keine Schulden zu machen, wischt sich die Nase in Papiertücher und fällt mit fünfzig vor Überarbeitung tot um.»
    Er grinste sie an. «Ich könnte dir die gleiche Frage stellen. Was bist du für eine Frau? Als ich mich bei Hannah eindrängte, fand ich dich, wie du dich dort ernähren

Weitere Kostenlose Bücher