Jahrmarkt der Unsterblichkeit
gingen Sears, Clary und Ben-Isaak hinaus, um sich die Stadt anzusehen. Hannah blieb mit Dr. Levi zurück; sie war von der Hitze ermüdet und niedergeschlagen von der Enttäuschung über das erbärmliche Aussehen der Stadt, deren Name früher stets eine Sehnsucht in ihrem Herzen geweckt hatte.
Sears frohlockte insgeheim, als sie die Straße zu Josephs angeblicher Zimmermannswerkstatt, über der Franziskaner die Josephskirche erbaut hatten, entlanggingen. Der Weg führte abermals durch Straßen voller Lärm und Unrat, in denen alte Männer in schmierigen Gewändern und Kinder mit kranken Augen herumlungerten, und Sears warf Clary verstohlene Blicke zu, um zu sehen, wie sie auf diese Umgebung reagierte.
Er war sich bewußt, daß hier etwas wie ein Kampf vor sich ging, an dem er zwar beteiligt war, ohne jedoch zu wissen, auf welche Weise oder worum gekämpft wurde. Er hatte Hannah schon fast dazu gebracht gehabt, darauf zu bestehen, daß sie nach Norden weiterführen, als Dr. Levi, von Clary unterstützt, sie veranlaßt hatte, nach Nazareth abzubiegen — Sears war fast überzeugt, daß Dr. Levi eigennützige Zwecke damit verfolgte, denn dieser schien niemals etwas ohne Absicht zu tun, selbst wenn er nur in der Sonne saß oder zu seiner eigenen Freude durch die Landschaft schlenderte.
Und wenn das der Fall war, mußte Dr. Levi den Besuch Nazareths als ersten Fehlschlag in Rechnung setzen. Denn nach einer Nacht in diesem lärmenden, ekelhaften Basar würde Hannah am Morgen nur allzugern weiterfahren. Und das nächste Mal würde sie wahrscheinlich auf ihn, Sears, hören, wenn er einen Vorschlag machte.
Der arabische Führer, aufdringlich und modern gekleidet, war dreist und unverschämt, bis eine Warnung von Ben-Isaak, den er ständig reizte, ihn so in Furcht versetzte, daß er etwas höflicher wurde. Das Innere der Kirche — protzig und geschmacklos — bot weder Kunst noch geistliche Anregung, und Josephs Zimmermannswerkstatt war nichts als eine kleine Felshöhle mit Lehmboden etwa drei Stock unter der Erdoberfläche in einer Krypta der Kirche.
Sears schnaubte: «Was für ein schauderhafter Reinfall. Ich wüßte wirklich gern, was Dr. Levi hierzu zu sagen hat.»
Ben-Isaak erwiderte: «Vielleicht ist er deshalb nicht mitgekommen. Er hat für unechte Dinge nichts übrig.»
Clary stand in der Mitte des Lehmbodens und sah elend und unglücklich aus, während der Führer seinen Spruch herunterratterte.
Sears wandte sich an sie: «Das ist nun Nazareth. Bist du befriedigt?»
Sie war zu enttäuscht, als daß sie ihm den Angriff übelgenommen hätte. Als sie ihn ansah, standen ihr Tränen in den Augen. «Vielleicht war es damals ein ähnlicher Ort, und er sähe anders aus, wenn eine Hobelbank dastände und Holz herumläge...»
Es hatte keinen Zweck. Ohne Dr. Levis Anwesenheit schienen die Bilder kein Leben zu gewinnen. Der Führer plapperte weiter. Sears sagte: «Wir wollen hier heraus. Vielleicht ist das andere besser.» Er hoffte jedoch, daß das nicht der Fall sei.
Als sie kurz vor zehn ins Hotel zurückkehrten, waren sie überrascht, daß die Jeeps und Wohnwagen nicht mehr draußen standen. Sears hatte sich schon darauf gefreut, Dr. Levi seine Meinung über Nazareth sehr deutlich klarzumachen.
Der Angestellte am Empfangspult erklärte: «Die reiche Frau und der alte Mann sind zu den Flügeln hinaufgefahren. Der Personenwagen und der Chauffeur warten vor dem Hotel; Sie können ebenfalls hinauffahren, wenn Sie wollen; Sie können aber auch die Nacht über hierbleiben und am Morgen nachkommen.»
Ben-Isaak sagte: «Ich bin dafür, die Nacht in einem richtigen Bett zu schlafen und hierzubleiben.»
Sears widersprach jedoch: «Nein, wir nehmen den Wagen.» Er fühlte sich unbehaglich; das Selbstbewußtsein hatte ihn verlassen.
Clary sagte: «Vielleicht möchte Hannah allein sein — sie war sehr müde.»
Sears erwiderte: «Wohin sie auch gefahren sein mögen, ich wette, daß Levi den Plan ausgeheckt hat — und wenn das der Fall ist, bin ich unruhig. Ich fahre zu den Hügeln hinauf.»
Ben-Isaak sagte: «Du wünschst dir das Leben angenehmer, nicht wahr? Vermutlich ist es dort oben kühler...»
Also stiegen sie alle in den Wagen. Sears meinte, Ben-Isaak könne recht haben. Doch das unbehagliche Gefühl verging nicht. Die Straße, die in Nazareth steil aufwärts führte, bog oben am westlichen Rand der Mulde, in der die Stadt eingebettet lag, scharf zurück und wandte sich zu einem Plateau, von einem Halbkreis
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