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Jahrmarkt der Unsterblichkeit

Jahrmarkt der Unsterblichkeit

Titel: Jahrmarkt der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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sie schwieg, sagte er: «Nun, kondensierte Milch oder Weizenflocken sind es nicht. In der einen Kiste liegen tschechische Handgranaten und in der andern Gewehrmunition. Das reicht für einen kleinen Krieg. Ich bin nicht hierhergekommen, um in der Auseinandersetzung zwischen Israel und den Arabern Partei zu ergreifen.»
    Clary fragte ohne jeden Spott: «Fürchtest du dich vor dem Krieg?»
    Sears nickte. «Hm. Ganz besonders vor einem privaten. Man schleppt nicht so viel von diesem Zeug mit sich herum, wenn man nicht erwartet, daß jemand getroffen werden soll. Ich hätte es nicht gern, wenn du es wärest. Oder Hannah.»
    Clary sah ihn forschend an. «Könnte es sein, daß du ein Gewissen hast, Joe?»
    Sears zuckte die Achseln. «Das bezweifle ich. Nenn’s lieber Ordnungssinn. Es paßt einfach nicht zu Joe Sears, daß er irgend jemand das ewige Leben verspricht und diesen Menschen dann umbringen läßt, während er danach sucht.»

22

    Stehe auf und laß dich taufen und abwaschen deine Sünden und rufe an den Namen des Herrn.
    APOSTELGESCHICHTE 22 , 1 6

    Das Gebiet um Dan erwies sich als offenes, sonniges Bauernland, das Sears an die üppigen Täler Kaliforniens erinnerte. Sie lenkten ihre Jeeps in die Einfriedigung eines großen Kibbuz und erhielten dort eine Mahlzeit aus Schwarzbrot, saurer Milch und Salat. Dann gingen sie zu Fuß weiter.
    Sie waren für schlechte Wege angezogen, trugen Khaki und schwere Wanderschuhe; Sears, Avery und Dr. Levi hatten Rucksäcke mit Lebensmitteln für einen Tag und waren nicht von andern Wandergruppen zu unterscheiden, denen man in Israel überall begegnet.
    Sie folgten der Straße nach Nordosten, bis sie nach einigen Stunden einen schmalen Weg erreichten, der genau nach Osten führte. Dr. Levi blieb stehen und hielt ihnen eine kurze Ansprache, wenn er seine Worte auch an Hannah richtete.
    Er sagte: «Wir wollen hier einen Augenblick innehalten. Hier beginnt das Ende unserer Geschichte. Es ist der Punkt, wo sich der Weg : teilt. Wir können immer noch zurückgehen — wie nach einem angenehmen Spaziergang durch die Landschaft —, oder aber wir biegen hier ein und nehmen hin, was uns auf diesem selbstgewählten Pfad auch erwarten mag.»
    Hannah legte den Kopf schief, wie es ihre Art war, und fragte: «Was wollen Sie damit sagen, Dr. Levi?»
    «Nur, daß man an einer Wegegabel überlegt. Wir sind häufig so ausschließlich mit der Verfolgung dessen beschäftigt, was wir für unser Glück halten, daß wir uns nicht die Zeit nehmen, auf unser Herz zu: hören und uns nach der Stärke unseres Begehrens zu fragen, wenn das Ziel bereits in Sicht ist. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob Sie glücklich oder unglücklich sein werden, wenn Sie diesen Pfad erst einmal gewählt: haben. Ich kann Ihnen nur den Weg zeigen. Wollen Sie weitergehen?»
    Sears erwiderte: «Ganz bestimmt wollen wir weitergehen. Deshalb sind wir schließlich hergekommen.»
    Doch Hannah machte eine schroffe Handbewegung und sagte: «Seien Sie still!» Sie betrachtete die Straße und den kleinen Weg, der nach rechts abging, und wandte sich schließlich an Dr. Levi: «In meinem ganzen Leben bin ich noch nicht an einer Wegegabel stehengeblieben. Es ist ein völlig neues Erlebnis.»
    Sie ging ein paar Schritte auf dem Pfad voran, drehte um und kam wieder zurück; dann blickte sie die große Straße nach Süden entlang und fuhr mit einem Blick auf Dr. Levi fort: «Ich glaube nun zu verstehen, was Sie sagen wollen. Wenn ich jetzt umkehre, bin ich immer noch Hannah Bascombe — so, wie ich es immer war. Wenn ich aber diesen schmalen Weg aus eigenem Entschluß wähle, wird mein Tun unentrinnbare Folgen haben. Ist es das?»
    Dr. Levi nickte ernst. «Das ist es.»
    Hannah sprach zu sich selbst, doch so, daß alle es hörten: «Was soll ich tun?»
    Clary, die Hannahs Tränen gesehen und ihr Schluchzen in der Dunkelheit von Nazareth gehört hatte, sagte impulsiv: «Tun Sie, was Sie glücklich macht!»
    Hannah wandte sich Dr. Levi zu, doch er lächelte nur und schüttelte den Kopf. «Ich kann Ihnen nicht raten», sagte er.
    Joe Sears krächzte: «Tun Sie, was Ihr Vater getan hätte!»
    Damit löste er bewußt bestimmte Reaktionen aus, wie er es während der Monate in Hannah Bascombes Haus in San Francisco gelernt hatte; und voller Befriedigung sah er, wie sich ihr Gesichtsausdruck veränderte, wie sie das Rückgrat steifte und wie sich die Hände krampfhaft ballten. Damals hatte er diesen Anreiz jedesmal benutzt, wenn sie zu schwanken

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