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Jahrmarkt der Unsterblichkeit

Jahrmarkt der Unsterblichkeit

Titel: Jahrmarkt der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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Schlomo und die Palmach-Männer stürmten bereits den Hang hinan, um die Sache zu Ende zu bringen. Plötzlich hörte das Schießen der Araber auf. Es war vorüber.
    Das jähe Schweigen war fast noch erschütternder als die schreckliche Detonation der Werfergranaten und der Lärm der Schlacht. Dr. Levi beendete den dreiundzwanzigsten Psalm: «Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.»
    Ben-Isaak rutschte den Steilhang der Schlucht herab wie ein junger Kriegsgott, seine Ausrüstung klirrte und schepperte.
    Dann sah er Clarys tränenverschmiertes Gesicht und rief: «Clary — bist du unverletzt? Sind alle wohlauf?» Er trat zu Clary und strich ihr über die Schulter. Sie klammerte sich an ihn und schluchzte an seiner Brust vor Erleichterung nach der Spannung, und Sears sah, wie weiß ihre Knöchel waren, als sie sich an den Jungen klammerte. Ben-Isaak beschwichtigte sie freundlich, ehe er sagte: «Nun sei still. Du brauchst dich nicht mehr zu fürchten.» Doch seine Augen leuchteten noch vor Kampffieber. Er schaute sich nach den Kameraden um und suchte nach Verwundeten oder Toten.
    Sears setzte sich und griff nach einer Zigarette. Ein hübscher Märchenschluß, dachte er bei sich. Der Junge hatte das Mädchen bekommen — warum auch nicht? Welche Frau hätte einer solchen Vorstellung widerstehen können? Wahrscheinlich war sie schon immer in ihn verliebt gewesen. Ihr Aufschrei, als sie glaubte, Ben-Isaak sei getroffen worden, hatte sie verraten. So ging das eben. Sie gehörten zueinander. Dieses Mädchen hatte sich seit San Francisco sehr verändert — wenn es darauf ankam, dachte sie nicht an sich, sondern nur an die andern.
    Ben-Isaak trat zu seinem Onkel, legte den Arm um seine Schulter und berührte leise seine Wange mit den Fingerspitzen, als ob er sich vergewissern müsse, daß er unverletzt sei. Er sagte: «Habe ich’s nicht gut gemacht, Onkel Nathanael? Mein britischer Major hat mir das beigebracht.»
    Dr. Levi legte zärtlich eine Hand auf die Schulter des Neffen, doch seine Stimme war voller Trauer, als er erwiderte: «Ja, Ben-Isaak, du hast es gut gemacht. Du bist ein tapferer Kämpfer. Und ich bin ein unnützer Narr und ein elender Sünder. Ich hätte zu Haus bleiben und mich um mein Gemüse kümmern sollen, wie mir geheißen worden war. Meinethalben ist ein Junge tot.»
    Ben-Isaak sagte rasch: «Es war doch einer von den andern.»
    «Nein», erwiderte Dr. Levi, «es war einer von den Seinen.» Nach einem Augenblick setzte er hinzu: «Diesen Jungen habe ich für immer auf dem Gewissen. Ich bin gestraft. Ich werde büßen...»
    Ben-Isaak sah seinen Onkel scharf an. «Ich habe ihn erschossen. Wie steht es dann mit meinem Gewissen?»
    Dr. Levi erwiderte: «Ich nehme deine Sünde auf mich.»
    Die Tränen traten in Ben-Isaaks Augen. Er fühlte sich leer. Das. Kampffieber war verflogen, und der Ruhm war irgendwie dahin. ER trat ein wenig zur Seite und setzte sich in einiger Entfernung mit gesenktem Kopf auf einen Stein.
    Sears ging zu ihm. «Komm, mein Junge, Kopf hoch! Das war die tüchtigste Leistung, die ich in meinem Leben gesehen habe. Du bist ein Kämpfer. Du bist der mutigste Bursche der Welt. Ich ziehe den Hut vor dir.»
    Ben-Isaak blickte mit verzerrtem Gesicht auf. «Ach, laß mich in Ruhe, Joe. Mein Onkel hat recht. Es ist eine Sünde, zu töten.»
    Sears ging zurück zu den andern. Clary trat zu ihm und sagte: «Vielen Dank, Joe, daß du mich beschützen wolltest.» Sie streckte ihm die Hand hin.
    Sears sah sie an, ohne die Hand zu ergreifen. «Dank mir nicht! Ich habe mich gedrückt und habe die andern kämpfen lassen. Wenn Ben-Isaak nicht wäre, lägen wir jetzt alle tot da. Er ist ein verdammt mutiger Bursche...»
    Sie sah ihn eine Weile fest an, dann sagte sie schroff: «Für mich bist du mutig genug, Joe.» Damit drehte sie sich um.
    Sears schaute ihr verständnislos nach. Er kam beim Klang der Spaten wieder zu sich; die Palmach-Männer hoben eine Grube aus, um den toten Araberjungen zu beerdigen. Hannah kümmerte sich um den Burschen mit der Knieverletzung. Sie hatte ihre Fassung wiedergefunden und war von grimmiger Tüchtigkeit, doch gleichzeitig auch sehr sanft.
    Plötzlich erinnerte sich Sears, wie sie ausgesehen hatte, als sie Dr. Levi zuhörte und Clary beruhigte. Und es fiel ihm ein, daß Hannah, § als die Lage am hoffnungslosesten und das Ende unvermeidlich schien, « sich nicht vor dem Tod gefürchtet hatte. Auf

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