Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jahrmarkt der Unsterblichkeit

Jahrmarkt der Unsterblichkeit

Titel: Jahrmarkt der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
Vom Netzwerk:
einmal fühlte er sich sehr einsam, sehr alt und müde und völlig ausgeleert.

2 6

    Der Geizige verstört sein eigen Haus.
    Sprüche 1 5, 27

    Am dritten Tag nach ihrer Ankunft in Beit Jebel, dem Dorf der Patriarchen, das auf einem Felsensims am Westhang des Hermonberges hing, suchte Clary Sears in dessen Quartier am Rand des Dorfes auf.
    Sie sagte: «Miss Bascombe fragt nach dir. Sie möchte dich sofort sprechen.» Dann fragte sie: «Wo ist Doktor Levi?»
    «Er wollte mit Ben-Isaak die Höhlen erforschen.»
    Clary nickte nachdenklich. «Hannah wünschte anscheinend nicht, daß er etwas von ihrem Gespräch mit dir erführe.»
    In Sears’ Innerem mischte sich Neugier mit Jubel. Bisher war es Dr. Levi anscheinend nicht gelungen, die Ältesten des Stammes dazu zu überreden, sich von jener geheimnisvollen Substanz zu trennen, die Langlebigkeit verhieß.
    Sears sagte: «Ich hatte mich schon gefragt, wie lange sie Geduld bewahren würde.»
    Clary war immer noch in Gedanken verloren. Sie sagte: «Es steht gar nicht sehr gut.»
    «Was ist geschehen?»
    «Sie ist unruhig und launenhaft. Sie will nicht aus dem Haus gehen. Den ganzen Tag sitzt sie in ihrem kahlen Raum und starrt mit jenem schrecklichen Ausdruck auf dem Gesicht vor sich hin, wie in San Francisco, wenn sie etwas haben wollte, was irgendein anderer besaß und nicht hergeben wollte. Und ihre Hände machen mir Sorgen; sie sind oft so verkrampft, daß sie sie gar nicht mehr zu öffnen vermag.»
    Sears erwiderte: «Ein entspannter Mensch ist Hannah nie gewesen. Sie lebt von ihrer Spannung. Das hat sie bisher aufrecht gehalten.»
    «Doch vor einer Woche noch wirkte sie fast glücklich. Es war, als ob sie damals ein ganz anderer Mensch gewesen wäre.»
    Sears antwortete nicht. Der «andere Mensch» war für ihn ungünstig gewesen. Die gierige Hannah, die Clary ihm eben beschrieben hatte, konnte er behandeln. Und wenn Hannah ihn rufen ließ, so bedeutete das, daß sie Dr. Levi nicht mehr völlig traute, und das wiederum war sehr günstig für Mr. Joseph Deuell Sears.
    Als er sich zu der Gruppe weißer Steinhäuser aufmachte, die an den steilen Felshang des Berges an- und zum Teil in ihn hineingebaut waren und wo Hannah und Clary ihr Quartier hatten, sagte das Mädchen: «Hilf ihr, Joe...»
    Bei dem Ton ihrer Stimme mußte er sich umdrehen und sie anschauen. Er las in ihren Augen eine innige Bitte, die ihm rätselhaft war und ihn überraschte.
    Er erwiderte: «Darauf kannst du rechnen. Verlaß dich auf mich. Ich glaube, am Ende erkennt sie doch, daß sie sich an Sears wenden muß, um zu erhalten, was sie sich wünscht.»
    Clary betrachtete ihn mit einer Trauer, die an Verzweiflung grenzte. Er hatte sie völlig mißverstanden. Er war empfindungslos, egozentrisch und sich seiner Härte und Amoralität offensichtlich überhaupt nicht bewußt. Nicht ein einziges Mal war es ihr bisher gelungen, seinen Zynismus und seine Selbstzufriedenheit zu durchdringen. Sie versuchte sich mit dem Gedanken zu trösten, daß er so nun einmal war und nichts dazu könne. Trotzdem fühlte sie sich wie immer, wenn sie mit ihm zu tun hatte, unglücklich und im Stich gelassen.
    Sears fand Hannah vor ihrem Quartier stehen und voll gespannter Ungeduld auf die weißen Häuser des eigentlichen Dorfes starren, die sich vor den dunklen Öffnungen der uralten Höhlen erhoben. Heftig wandte sie sich Sears zu. «Wo ist Doktor Levi?»
    Sears berichtete ihr.
    «Warum kümmert er sich nicht um meine Angelegenheiten? Wir sind nun schon drei Tage hier aufgehalten worden.»
    «Doktor Levi hat erklärt, die Leute hier seien primitiv und ließen sich nicht zur Eile drängen.»
    «Wissen sie, was ich von ihnen will?»
    «Ich glaube wohl.»
    «Sind Sie der Ansicht, daß Doktor Levi alles getan hat, was in seinen Kräften stand, um es zu beschaffen?»
    Sears überlegte rasch. Er wußte nicht, wie weit Hannahs plötzliches Mißtrauen gegen Dr. Levi ging. Er wollte diese neue Möglichkeit, die ihm da zufiel, nicht durch Übertreibung verlieren. Er erwiderte: «Ich weiß es nicht. Er hat sich mir nicht anvertraut.»
    «Ist dies der Ort, wohin Sie midi bringen wollten, als Sie mich in San Francisco aufsuchten? Ist dies der Ort, den die Sintflut nicht erreicht hat, so daß die Speise der ersten Patriarchen bewahrt blieb?»
    Sears antwortete geschieht: «Theoretisch ja. Wir sind jedoch unter Doktor Levis Verantwortung hierhergefahren.»
    Sie sah ihn forschend an. «Es gibt hier einige Menschen, die sehr alt sind. Sehr,

Weitere Kostenlose Bücher