Jahrmarkt der Unsterblichkeit

ein Stück links von ihnen. Der Werfer hatte sich eingeschossen.
    Dr. Levi sagte: «Das ist schlimm, nicht wahr?»
    Sears nickte. Was hatte es für einen Sinn, noch drumherum zu reden. «Wir haben noch drei, vier, höchstens fünf Minuten zu leben.»
    Hannah wirkte wie betäubt. Sie sagte: «Ich will nicht sterben. Sie sollen mein ganzes Geld nehmen.»
    Plötzlich erschien Ben-Isaak dicht neben Sears außerhalb der Steinmauer. Er hatte eine Maschinenpistole in der Hand, dazu zwei zusätzliche Ladestreifen; ein Dutzend Handgranaten hingen an seinem Koppel. Er fragte Sears:
    «Hast du eine Ahnung, wo sie ihre Stellungen haben?»
    Sears rechnete instinktiv. Er antwortete: «Etwa in der Linie der beiden Kiefern gleich links von dem Einschnitt oben auf dem Hügel.»
    Ben-Isaak nickte: «So ungefähr hatte ich es mir auch gedacht.»
    «Was hast du vor?»
    «Den Werfer ausschalten.»
    «Dabei gehst du drauf.»
    Ben-Isaak erwiderte nichts. Sears hörte, wie Dr. Levi zu Hannah sagte: «Geben Sie mir Ihre Bibel...»
    Ben-Isaak rief zu Ed Avery hinüber: «Deck mich!»
    Schlomo schrie: «Sei kein Narr, Ben-Isaak! Das ist Selbstmord. Wir gehen mit dir hinauf.»
    Ben-Isaak sagte: «Ich weiß, was ich tue. Kommt ‘rauf, wenn ich euch rufe.» Rasch und geschmeidig warf er sich hin und kroch den Hang hinan.
    Clary rief: «Joe, was tut er?»
    «Der verdammte Narr will zu dem Granatwerfer.»
    «Sie werden ihn töten.»
    «Ja», sagte Sears.
    Hinter ihm sprach Dr. Levi: «Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser.»
    Sears drehte sich um. Der alte Mann saß neben Hannah, den Rücken an den Felsblock gelehnt, Hannahs Taschenbibel beim Buch der Psalmen aufgeschlagen, las er.
    Seine Stimme wurde von dem Knallen der Gewehre übertönt, als die Angreifer oben am Rande der Schlucht ihr Feuer auf Ben-Isaak konzentrierten und die Palmach-Männer von unten aus allen Mündungen schossen, um seinen Aufstieg zu decken und den Arabern das Zielen zu erschweren.
    Wie eine große Katze schlich, kletterte, robbte Ben-Isaak immer höher, machte sich unsichtbar und kam immer weiter voran. Zweige fielen, Späne sprangen, Staub wirbelte um ihn her auf, während die tastenden Schüsse der Araber seinen Weg markierten.
    «Er erquicket meine Seele; er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.»
    Ein Geschoß klatschte heulend in den Felsblock hinter ihnen; Steinsplitter und Staub flogen herum. Sears drehte sich abermals um und sah, wie Dr. Levi die Bibel gelassen hob und den Schmutz von den Seiten blies.
    Clary, die neben Sears hockte, schrie auf. Ben-Isaaks gleichmäßiger Aufstieg hatte auf halbem Wege aufgehört. Er rutschte und begann abwärts zu gleiten.
    Wider Willen rief Sears: «Jesus Christus! Er ist getroffen!»
    Clary sprang auf und wäre hingerannt, wenn Sears sie nicht gepackt und festgehalten hätte. Sie rief: «Ben-Isaak! Ben-Isaak!« Und Sears wurde übel bei dem Verlust, der sie und auch ihn getroffen hatte. Clary schluchzte unbeherrscht.
    Hannah sagte scharf: «Sei still, Clary, und hör zu, was er sagt!» Sie hatte sich völlig in der Gewalt.
    Dr. Levi hatte die Seite gesäubert. Er las: «Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.»
    Hoch am Hang hatte Ben-Isaak seinen Weg nach oben wieder aufgenommen.
    Sears schüttelte Clary am Arm und schrie: «Nimm dich zusammen, er lebt. Er war nur ausgerutscht. Jetzt könnte er es schaffen.»
    Denn nun war der Junge dem oberen Rand der Schlucht so nahe, daß die Späher ihn nicht mehr sehen konnten. Außerdem hatten Ed Avery und Schlomo ihre Truppe nachgezogen und deckten die Banditen so mit Feuer ein, daß Ben-Isaak gute Aussichten hatte.
    Sie sahen, wie er genau unter der Kerbe des Schluchtrandes aufstand, eine Handgranate aushakte, den Abreißknopf mit den Zähnen abzog und sie über den Schluchtrand warf. Bei der Explosion der Granate schwang er sich über den Rand, den Beobachtern auf der Schluchtsohle den Rücken zugekehrt, und hakte in rasender Geschwindigkeit fünf weitere Handgranaten los, zündete sie und warf sie. Sie sahen, wie sein rechter Arm sich hob und senkte, und hörten die krachenden Explosionen der Ladungen; und schon war er aufgestanden und ließ, leicht gebückt, die Maschinenpistole loshämmern, die einen Geschoßhagel verbreitete. Einen Augenblick später drehte er sich um und winkte. Avery,